Kleine Blumen, kleine Blätterpse_288.002 Streuen mir mit leichter Handpse_288.003 Gute junge Frühlingsgötterpse_288.004 Tändelnd auf ein luftig Band.
pse_288.005 Zephir, nimm's auf deine Flügel,pse_288.006 Schling's um meiner Liebsten Kleid!pse_288.007 Und so tritt sie vor den Spiegelpse_288.008 All in ihrer Munterkeit.
pse_288.009 Sieht mit Rosen sich umgeben,pse_288.010 Selbst wie eine Rose jung:pse_288.011 Einen Blick geliebtes Leben!pse_288.012 Und ich bin gelohnt genung.
pse_288.013 Fühle, was dies Herz empfindet,pse_288.014 Reiche frei mir deine Hand,pse_288.015 Und das Band, das uns verbindet,pse_288.016 Sei kein schwaches Rosenband.
pse_288.017 (Goethe, Mit einem gemalten Band).
pse_288.018
Die Gegenstandswörter der ersten Strophe umfassen nur pse_288.019 einen bestimmten Bereich der Nähe, und auch "Frühlingsgötter" pse_288.020 gehört hierher, weil der Gehalt des Wortes "Götter" pse_288.021 durch "Frühling" sofort ins Heitere umgeformt wird. Besonders pse_288.022 bezeichnend ist hier die Fülle der Eindruckswörter und pse_288.023 ihr volles Zusammenstimmen in einem einheitlichen Gefühlsbereich. pse_288.024 Ein anderes Gedicht Goethes gehört an die Grenze, pse_288.025 weil es schon deutlich in seiner Form auf Tieferes weist; aber pse_288.026 die sprachlichen Bilder, der Rhythmus, die Schlichtheit des pse_288.027 Metrums weisen es auf diese Ebene, und das darin Aufleuchtende, pse_288.028 im Symbol vom verpflanzten Blümchen Lebendige pse_288.029 ist -- eben durch die künstlerische Form -- selber das Anmutige:
pse_288.030
[Beginn Spaltensatz]
Ich ging im Waldepse_288.031 So für mich hin,pse_288.032 Und nichts zu suchen,pse_288.033 Das war mein Sinn.
pse_288.034 Im Schatten sah ichpse_288.035 Ein Blümchen stehn,pse_288.036 Wie Sterne leuchtend,pse_288.037 Wie Äuglein schön.
[Spaltenumbruch]pse_288.101
Ich wollt' es brechen,pse_288.102 Da sagt' es fein:pse_288.103 Soll ich zum Welkenpse_288.104 Gebrochen sein?
pse_288.105 Ich grub's mit allenpse_288.106 Den Würzlein aus,pse_288.107 Zum Garten trug ich'spse_288.108 Am hübschen Haus.
[Ende Spaltensatz]pse_288.109
Und pflanzt' es wiederpse_288.110 Am stillen Ort;pse_288.111 Nun zweigt es immerpse_288.112 Und blüht so fort.
(Goethe, Gefunden)
pse_288.001
Kleine Blumen, kleine Blätterpse_288.002 Streuen mir mit leichter Handpse_288.003 Gute junge Frühlingsgötterpse_288.004 Tändelnd auf ein luftig Band.
pse_288.005 Zephir, nimm's auf deine Flügel,pse_288.006 Schling's um meiner Liebsten Kleid!pse_288.007 Und so tritt sie vor den Spiegelpse_288.008 All in ihrer Munterkeit.
pse_288.009 Sieht mit Rosen sich umgeben,pse_288.010 Selbst wie eine Rose jung:pse_288.011 Einen Blick geliebtes Leben!pse_288.012 Und ich bin gelohnt genung.
pse_288.013 Fühle, was dies Herz empfindet,pse_288.014 Reiche frei mir deine Hand,pse_288.015 Und das Band, das uns verbindet,pse_288.016 Sei kein schwaches Rosenband.
pse_288.017 (Goethe, Mit einem gemalten Band).
pse_288.018
Die Gegenstandswörter der ersten Strophe umfassen nur pse_288.019 einen bestimmten Bereich der Nähe, und auch »Frühlingsgötter« pse_288.020 gehört hierher, weil der Gehalt des Wortes »Götter« pse_288.021 durch »Frühling« sofort ins Heitere umgeformt wird. Besonders pse_288.022 bezeichnend ist hier die Fülle der Eindruckswörter und pse_288.023 ihr volles Zusammenstimmen in einem einheitlichen Gefühlsbereich. pse_288.024 Ein anderes Gedicht Goethes gehört an die Grenze, pse_288.025 weil es schon deutlich in seiner Form auf Tieferes weist; aber pse_288.026 die sprachlichen Bilder, der Rhythmus, die Schlichtheit des pse_288.027 Metrums weisen es auf diese Ebene, und das darin Aufleuchtende, pse_288.028 im Symbol vom verpflanzten Blümchen Lebendige pse_288.029 ist — eben durch die künstlerische Form — selber das Anmutige:
pse_288.030
[Beginn Spaltensatz]
Ich ging im Waldepse_288.031 So für mich hin,pse_288.032 Und nichts zu suchen,pse_288.033 Das war mein Sinn.
pse_288.034 Im Schatten sah ichpse_288.035 Ein Blümchen stehn,pse_288.036 Wie Sterne leuchtend,pse_288.037 Wie Äuglein schön.
[Spaltenumbruch]pse_288.101
Ich wollt' es brechen,pse_288.102 Da sagt' es fein:pse_288.103 Soll ich zum Welkenpse_288.104 Gebrochen sein?
pse_288.105 Ich grub's mit allenpse_288.106 Den Würzlein aus,pse_288.107 Zum Garten trug ich'spse_288.108 Am hübschen Haus.
[Ende Spaltensatz]pse_288.109
Und pflanzt' es wiederpse_288.110 Am stillen Ort;pse_288.111 Nun zweigt es immerpse_288.112 Und blüht so fort.
(Goethe, Gefunden)
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Kleine Blumen, kleine Blätter pse_288.002
Streuen mir mit leichter Hand pse_288.003
Gute junge Frühlingsgötter pse_288.004
Tändelnd auf ein luftig Band.
pse_288.005
Zephir, nimm's auf deine Flügel, pse_288.006
Schling's um meiner Liebsten Kleid! pse_288.007
Und so tritt sie vor den Spiegel pse_288.008
All in ihrer Munterkeit.
pse_288.009
Sieht mit Rosen sich umgeben, pse_288.010
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Fühle, was dies Herz empfindet, pse_288.014
Reiche frei mir deine Hand, pse_288.015
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pse_288.017
(Goethe, Mit einem gemalten Band).
pse_288.018
Die Gegenstandswörter der ersten Strophe umfassen nur pse_288.019
einen bestimmten Bereich der Nähe, und auch »Frühlingsgötter« pse_288.020
gehört hierher, weil der Gehalt des Wortes »Götter« pse_288.021
durch »Frühling« sofort ins Heitere umgeformt wird. Besonders pse_288.022
bezeichnend ist hier die Fülle der Eindruckswörter und pse_288.023
ihr volles Zusammenstimmen in einem einheitlichen Gefühlsbereich. pse_288.024
Ein anderes Gedicht Goethes gehört an die Grenze, pse_288.025
weil es schon deutlich in seiner Form auf Tieferes weist; aber pse_288.026
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pse_288.030
Ich ging im Walde pse_288.031
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Wie Sterne leuchtend, pse_288.037
Wie Äuglein schön.
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Ich wollt' es brechen, pse_288.102
Da sagt' es fein: pse_288.103
Soll ich zum Welken pse_288.104
Gebrochen sein?
pse_288.105
Ich grub's mit allen pse_288.106
Den Würzlein aus, pse_288.107
Zum Garten trug ich's pse_288.108
Am hübschen Haus.
pse_288.109
Und pflanzt' es wieder pse_288.110
Am stillen Ort; pse_288.111
Nun zweigt es immer pse_288.112
Und blüht so fort.
(Goethe, Gefunden)
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/304>, abgerufen am 21.11.2024.
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