pse_377.001 Gestaltens spielen eine entscheidende Rolle, pse_377.002 denn es handelt sich hier um menschliche Typen. Vor allem pse_377.003 aber haben unsere Überlegungen gezeigt, daß Dichtung immer pse_377.004 auch in der geschichtlichen Wirklichkeit steht und sich pse_377.005 gerade in dieser geschichtlichen Wirklichkeit Gattungsordnungen pse_377.006 ausbilden, die für die Schaffung, aber auch die Erfassung pse_377.007 von Dichtung wichtig werden. Denn vor allem bilden pse_377.008 solche Ordnungen eine Hilfe, die künstlerischen Eigenarten pse_377.009 der Dichtung überhaupt und der Fülle ihrer Möglichkeiten pse_377.010 in den Blick zu bekommen. Auf dem Hintergrund pse_377.011 solcher Ordnungen, deren allgemein-typologischer und geschichtlicher pse_377.012 Verflechtung wir uns immer bewußt bleiben pse_377.013 müssen, können wir erkennen, wie eine Dichtung künstlerisch pse_377.014 mit den vorgegebenen Bindungen fertig wird und sie in ein pse_377.015 dichterisches Ganzes einschmelzt oder wie sie sie durchbricht pse_377.016 und neue Formen schafft.
pse_377.017 II pse_377.018 DIE LYRIK
pse_377.019 Schwierigkeiten der Bestimmung
pse_377.020 Das Wort "lyrisch" selber sagt uns aus seinem Ursprung pse_377.021 her nichts: es bedeutet ursprünglich: zum Spiel der Leier pse_377.022 gehörig, und war also für Gesänge und Lieder ganz allgemein pse_377.023 gebräuchlich. Die Etymologie kann hier so wenig mehr aufklären pse_377.024 wie etwa bei "Tragödie", das wörtlich "Bocksgesang" pse_377.025 bedeutet. Aber auch sonst ist gerade bei der Lyrik eine umfassende pse_377.026 und doch aus dem Wesen geschöpfte Bestimmung pse_377.027 sehr schwer. Vielfach kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, pse_377.028 es werde unter diesem Begriff alles an Dichtung zusammengefaßt, pse_377.029 was weder episch noch dramatisch ist. Diese pse_377.030 Schwierigkeit ergibt sich zunächst aus der Mannigfaltigkeit pse_377.031 der Arten. Nur die Kernarten sind von klarer Struktur und pse_377.032 damit deutlich in ihrem Wesen umgreifbar: Lied, Ode,
pse_377.001 Gestaltens spielen eine entscheidende Rolle, pse_377.002 denn es handelt sich hier um menschliche Typen. Vor allem pse_377.003 aber haben unsere Überlegungen gezeigt, daß Dichtung immer pse_377.004 auch in der geschichtlichen Wirklichkeit steht und sich pse_377.005 gerade in dieser geschichtlichen Wirklichkeit Gattungsordnungen pse_377.006 ausbilden, die für die Schaffung, aber auch die Erfassung pse_377.007 von Dichtung wichtig werden. Denn vor allem bilden pse_377.008 solche Ordnungen eine Hilfe, die künstlerischen Eigenarten pse_377.009 der Dichtung überhaupt und der Fülle ihrer Möglichkeiten pse_377.010 in den Blick zu bekommen. Auf dem Hintergrund pse_377.011 solcher Ordnungen, deren allgemein-typologischer und geschichtlicher pse_377.012 Verflechtung wir uns immer bewußt bleiben pse_377.013 müssen, können wir erkennen, wie eine Dichtung künstlerisch pse_377.014 mit den vorgegebenen Bindungen fertig wird und sie in ein pse_377.015 dichterisches Ganzes einschmelzt oder wie sie sie durchbricht pse_377.016 und neue Formen schafft.
pse_377.017 II pse_377.018 DIE LYRIK
pse_377.019 Schwierigkeiten der Bestimmung
pse_377.020 Das Wort »lyrisch« selber sagt uns aus seinem Ursprung pse_377.021 her nichts: es bedeutet ursprünglich: zum Spiel der Leier pse_377.022 gehörig, und war also für Gesänge und Lieder ganz allgemein pse_377.023 gebräuchlich. Die Etymologie kann hier so wenig mehr aufklären pse_377.024 wie etwa bei »Tragödie«, das wörtlich »Bocksgesang« pse_377.025 bedeutet. Aber auch sonst ist gerade bei der Lyrik eine umfassende pse_377.026 und doch aus dem Wesen geschöpfte Bestimmung pse_377.027 sehr schwer. Vielfach kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, pse_377.028 es werde unter diesem Begriff alles an Dichtung zusammengefaßt, pse_377.029 was weder episch noch dramatisch ist. Diese pse_377.030 Schwierigkeit ergibt sich zunächst aus der Mannigfaltigkeit pse_377.031 der Arten. Nur die Kernarten sind von klarer Struktur und pse_377.032 damit deutlich in ihrem Wesen umgreifbar: Lied, Ode,
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von Dichtung wichtig werden. Denn vor allem bilden pse_377.008
solche Ordnungen eine Hilfe, die künstlerischen Eigenarten pse_377.009
der Dichtung überhaupt und der Fülle ihrer Möglichkeiten pse_377.010
in den Blick zu bekommen. Auf dem Hintergrund pse_377.011
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bedeutet. Aber auch sonst ist gerade bei der Lyrik eine umfassende pse_377.026
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/393>, abgerufen am 21.11.2024.
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