pse_390.001 im lyrischen Gedicht ein menschliches Stellungnehmen aus pse_390.002 den Tiefen mitgeformt, also lebendig ist. Die Möglichkeiten, pse_390.003 wie der Mensch, der der Welt aufgeschlossen oder erschüttert pse_390.004 begegnet, im lyrischen Gedicht miteingeformt wird, sind pse_390.005 zahlreich. Es kann eine lebendige, leidende oder lachende pse_390.006 Einzelperson greifbar vor uns hintreten, sie kann sich verschleiern, pse_390.007 es kann ganz allgemein und mehr abstrakt menschliches pse_390.008 Stellungnehmen deutlich werden.
pse_390.009 An besonderen Grenzfällen können diese Tatsachen noch pse_390.010 näher beleuchtet werden. Es gibt Naturgedichte, in denen das pse_390.011 unmittelbare Eintauchen eines Menschen in die Fülle der pse_390.012 Natur sprachliche Wirklichkeit wird, und solche, in denen pse_390.013 ein Bereich der Natur beinahe zeichenhaft für einen inneren pse_390.014 Zustand eines Menschen gesetzt wird. Im einen Gedicht fehlt pse_390.015 Symbolisches weithin, im anderen erstarrt Symbolik zu pse_390.016 Zeichen oder Chiffren. In echt romantischen Gedichten pse_390.017 wachsen Bilder gleichsam aus dem Unbewußten herauf und pse_390.018 werden zu Symbolen, wie die blaue Blume bei Novalis. In pse_390.019 symbolistischen Gedichten dagegen ist es vielfach so, daß von pse_390.020 vornherein bestimmte Bilder als Symbole für Menscheninneres pse_390.021 gesetzt werden; als wenn der Dichter vorher auf die pse_390.022 Suche nach solchen Symbolen gegangen wäre. So kommt es, pse_390.023 daß Gedichte der ersten Art, man denke vor allem an Goethe, pse_390.024 Eichendorff, Brentano, gleichsam aus einer Stimmung, aus pse_390.025 einem tiefen Gefühl herauswachsen, während solche der pse_390.026 zweiten eher erst zu einem solchen Gefühl hinführen. Die pse_390.027 einen gestalten einen Menschen, der ganz in die Natur versenkt pse_390.028 ist und sie in sich aufgenommen hat, die anderen die pse_390.029 Suche nach einem Gegenstand, der als Zeichen für das Innere pse_390.030 ausgestaltet werden könnte. Es mag auch sein, daß solche pse_390.031 Unterschiede mit der Entwicklung der Naturauffassung zusammenhängen, pse_390.032 ob nämlich der Mensch in der Natur sich pse_390.033 selber sucht, also in der Naturerkenntnis vor allem sein Erkennen pse_390.034 studiert, oder ob der Mensch in der Natur und ihren pse_390.035 Geheimnissen Gott sucht. Als Ergebnis dieser Betrachtung pse_390.036 von Grenzfällen zeigt sich: es gibt Gedichte, in denen die pse_390.037 unmittelbare Weltbegegnung in einem Versenken in die pse_390.038 Welt besteht, andere, in denen sich vor allem die menschliche
pse_390.001 im lyrischen Gedicht ein menschliches Stellungnehmen aus pse_390.002 den Tiefen mitgeformt, also lebendig ist. Die Möglichkeiten, pse_390.003 wie der Mensch, der der Welt aufgeschlossen oder erschüttert pse_390.004 begegnet, im lyrischen Gedicht miteingeformt wird, sind pse_390.005 zahlreich. Es kann eine lebendige, leidende oder lachende pse_390.006 Einzelperson greifbar vor uns hintreten, sie kann sich verschleiern, pse_390.007 es kann ganz allgemein und mehr abstrakt menschliches pse_390.008 Stellungnehmen deutlich werden.
pse_390.009 An besonderen Grenzfällen können diese Tatsachen noch pse_390.010 näher beleuchtet werden. Es gibt Naturgedichte, in denen das pse_390.011 unmittelbare Eintauchen eines Menschen in die Fülle der pse_390.012 Natur sprachliche Wirklichkeit wird, und solche, in denen pse_390.013 ein Bereich der Natur beinahe zeichenhaft für einen inneren pse_390.014 Zustand eines Menschen gesetzt wird. Im einen Gedicht fehlt pse_390.015 Symbolisches weithin, im anderen erstarrt Symbolik zu pse_390.016 Zeichen oder Chiffren. In echt romantischen Gedichten pse_390.017 wachsen Bilder gleichsam aus dem Unbewußten herauf und pse_390.018 werden zu Symbolen, wie die blaue Blume bei Novalis. In pse_390.019 symbolistischen Gedichten dagegen ist es vielfach so, daß von pse_390.020 vornherein bestimmte Bilder als Symbole für Menscheninneres pse_390.021 gesetzt werden; als wenn der Dichter vorher auf die pse_390.022 Suche nach solchen Symbolen gegangen wäre. So kommt es, pse_390.023 daß Gedichte der ersten Art, man denke vor allem an Goethe, pse_390.024 Eichendorff, Brentano, gleichsam aus einer Stimmung, aus pse_390.025 einem tiefen Gefühl herauswachsen, während solche der pse_390.026 zweiten eher erst zu einem solchen Gefühl hinführen. Die pse_390.027 einen gestalten einen Menschen, der ganz in die Natur versenkt pse_390.028 ist und sie in sich aufgenommen hat, die anderen die pse_390.029 Suche nach einem Gegenstand, der als Zeichen für das Innere pse_390.030 ausgestaltet werden könnte. Es mag auch sein, daß solche pse_390.031 Unterschiede mit der Entwicklung der Naturauffassung zusammenhängen, pse_390.032 ob nämlich der Mensch in der Natur sich pse_390.033 selber sucht, also in der Naturerkenntnis vor allem sein Erkennen pse_390.034 studiert, oder ob der Mensch in der Natur und ihren pse_390.035 Geheimnissen Gott sucht. Als Ergebnis dieser Betrachtung pse_390.036 von Grenzfällen zeigt sich: es gibt Gedichte, in denen die pse_390.037 unmittelbare Weltbegegnung in einem Versenken in die pse_390.038 Welt besteht, andere, in denen sich vor allem die menschliche
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begegnet, im lyrischen Gedicht miteingeformt wird, sind pse_390.005
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Einzelperson greifbar vor uns hintreten, sie kann sich verschleiern, pse_390.007
es kann ganz allgemein und mehr abstrakt menschliches pse_390.008
Stellungnehmen deutlich werden.
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An besonderen Grenzfällen können diese Tatsachen noch pse_390.010
näher beleuchtet werden. Es gibt Naturgedichte, in denen das pse_390.011
unmittelbare Eintauchen eines Menschen in die Fülle der pse_390.012
Natur sprachliche Wirklichkeit wird, und solche, in denen pse_390.013
ein Bereich der Natur beinahe zeichenhaft für einen inneren pse_390.014
Zustand eines Menschen gesetzt wird. Im einen Gedicht fehlt pse_390.015
Symbolisches weithin, im anderen erstarrt Symbolik zu pse_390.016
Zeichen oder Chiffren. In echt romantischen Gedichten pse_390.017
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werden zu Symbolen, wie die blaue Blume bei Novalis. In pse_390.019
symbolistischen Gedichten dagegen ist es vielfach so, daß von pse_390.020
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Suche nach solchen Symbolen gegangen wäre. So kommt es, pse_390.023
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Eichendorff, Brentano, gleichsam aus einer Stimmung, aus pse_390.025
einem tiefen Gefühl herauswachsen, während solche der pse_390.026
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einen gestalten einen Menschen, der ganz in die Natur versenkt pse_390.028
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ausgestaltet werden könnte. Es mag auch sein, daß solche pse_390.031
Unterschiede mit der Entwicklung der Naturauffassung zusammenhängen, pse_390.032
ob nämlich der Mensch in der Natur sich pse_390.033
selber sucht, also in der Naturerkenntnis vor allem sein Erkennen pse_390.034
studiert, oder ob der Mensch in der Natur und ihren pse_390.035
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/406>, abgerufen am 22.11.2024.
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