pse_557.001 Zusammenhang mit dem Gehalt des Romans stehen; gerade pse_557.002 im "Zauberberg" ist ja der Zeitfluß, das Vergehen von besonderer pse_557.003 Wichtigkeit und Eindringlichkeit.
pse_557.004 Wie jede andere Dichtung muß auch der Roman hinter der pse_557.005 Fläche der erzählten Vorgänge den Blick auf Tieferes, auf pse_557.006 Ewiges, Wesenhaftes eröffnen. Das gelingt der Phantasiekraft pse_557.007 des Dichters, der Art der Gestalten und dem rhythmischen pse_557.008 Ablaufsgesetz des Werkes. Man hat immer wieder darauf pse_557.009 hingewiesen, wie Mignon und der Harfner dem Roman pse_557.010 Goethes eine gemüthafte und menschliche Tiefe geben. In pse_557.011 modernen Romanen kann man an der Personengestaltung, pse_557.012 etwa der Belfontaines in Langgässers "Unauslöschlichem pse_557.013 Siegel", den Verlust der absoluten, in sich ruhenden Individualität pse_557.014 des Menschen erleben. Der Ablaufrhythmus zeitlich pse_557.015 so nahe nebeneinander liegender Romane, wie es die "Lehrjahre", pse_557.016 der "Titan", der "Hyperion" und der "Ofterdingen" pse_557.017 sind, unterscheidet diese Dichtungen sehr stark voneinander. pse_557.018 In diesem Schwingen und dieser epischen Ablaufsbewegung pse_557.019 wird zugleich die Welt, die im Roman gestaltet wird, lebendig, pse_557.020 jeder Roman öffnet so auf seine ganz besondere Weise pse_557.021 den Blick in die Wesensgründe. Nur wenn es dem Dichter pse_557.022 gelingt, trotz aller Disparatheit der Glieder ein Ganzes zu pse_557.023 schaffen, in dem alles im Tiefen zusammenhängt, wenn man pse_557.024 über allem die ordnende Kraft einer Erzählerpersönlichkeit pse_557.025 spürt und vor allem, wenn das Erzählte des Erzählens wert ist, pse_557.026 also eben Wesenhaftes erleben läßt, kann der Roman als echte pse_557.027 Dichtung bezeichnet werden.
pse_557.028 3. Im Vorangehenden haben wir schon unter verschiedenen pse_557.029 Gesichtspunkten Möglichkeiten aufgezeigt, wie man der pse_557.030 Vielzahl der Romane eine gewisse Ordnung unterlegen könne. pse_557.031 Es wird auch hier, wie bei den anderen Arten und Gattungen, pse_557.032 nie gelingen, eine einzige und alle Fragen umfassende Einteilung pse_557.033 vorzunehmen. Entscheidende Gesichtspunkte zu übersichtlichen pse_557.034 Typen des Romans waren die des Menschen- und pse_557.035 Weltbildes, vor allem aber solche der künstlerischen Gestaltung. pse_557.036 Eine dritte Möglichkeit ist die Einteilung nach dem dargestellten pse_557.037 Inhalt. Es ist die äußerlichste und daher am wenigsten pse_557.038 ergiebig. Es ist auch nicht unsere Absicht, die Unzahl von
pse_557.001 Zusammenhang mit dem Gehalt des Romans stehen; gerade pse_557.002 im »Zauberberg« ist ja der Zeitfluß, das Vergehen von besonderer pse_557.003 Wichtigkeit und Eindringlichkeit.
pse_557.004 Wie jede andere Dichtung muß auch der Roman hinter der pse_557.005 Fläche der erzählten Vorgänge den Blick auf Tieferes, auf pse_557.006 Ewiges, Wesenhaftes eröffnen. Das gelingt der Phantasiekraft pse_557.007 des Dichters, der Art der Gestalten und dem rhythmischen pse_557.008 Ablaufsgesetz des Werkes. Man hat immer wieder darauf pse_557.009 hingewiesen, wie Mignon und der Harfner dem Roman pse_557.010 Goethes eine gemüthafte und menschliche Tiefe geben. In pse_557.011 modernen Romanen kann man an der Personengestaltung, pse_557.012 etwa der Belfontaines in Langgässers »Unauslöschlichem pse_557.013 Siegel«, den Verlust der absoluten, in sich ruhenden Individualität pse_557.014 des Menschen erleben. Der Ablaufrhythmus zeitlich pse_557.015 so nahe nebeneinander liegender Romane, wie es die »Lehrjahre«, pse_557.016 der »Titan«, der »Hyperion« und der »Ofterdingen« pse_557.017 sind, unterscheidet diese Dichtungen sehr stark voneinander. pse_557.018 In diesem Schwingen und dieser epischen Ablaufsbewegung pse_557.019 wird zugleich die Welt, die im Roman gestaltet wird, lebendig, pse_557.020 jeder Roman öffnet so auf seine ganz besondere Weise pse_557.021 den Blick in die Wesensgründe. Nur wenn es dem Dichter pse_557.022 gelingt, trotz aller Disparatheit der Glieder ein Ganzes zu pse_557.023 schaffen, in dem alles im Tiefen zusammenhängt, wenn man pse_557.024 über allem die ordnende Kraft einer Erzählerpersönlichkeit pse_557.025 spürt und vor allem, wenn das Erzählte des Erzählens wert ist, pse_557.026 also eben Wesenhaftes erleben läßt, kann der Roman als echte pse_557.027 Dichtung bezeichnet werden.
pse_557.028 3. Im Vorangehenden haben wir schon unter verschiedenen pse_557.029 Gesichtspunkten Möglichkeiten aufgezeigt, wie man der pse_557.030 Vielzahl der Romane eine gewisse Ordnung unterlegen könne. pse_557.031 Es wird auch hier, wie bei den anderen Arten und Gattungen, pse_557.032 nie gelingen, eine einzige und alle Fragen umfassende Einteilung pse_557.033 vorzunehmen. Entscheidende Gesichtspunkte zu übersichtlichen pse_557.034 Typen des Romans waren die des Menschen- und pse_557.035 Weltbildes, vor allem aber solche der künstlerischen Gestaltung. pse_557.036 Eine dritte Möglichkeit ist die Einteilung nach dem dargestellten pse_557.037 Inhalt. Es ist die äußerlichste und daher am wenigsten pse_557.038 ergiebig. Es ist auch nicht unsere Absicht, die Unzahl von
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im »Zauberberg« ist ja der Zeitfluß, das Vergehen von besonderer pse_557.003
Wichtigkeit und Eindringlichkeit.
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Wie jede andere Dichtung muß auch der Roman hinter der pse_557.005
Fläche der erzählten Vorgänge den Blick auf Tieferes, auf pse_557.006
Ewiges, Wesenhaftes eröffnen. Das gelingt der Phantasiekraft pse_557.007
des Dichters, der Art der Gestalten und dem rhythmischen pse_557.008
Ablaufsgesetz des Werkes. Man hat immer wieder darauf pse_557.009
hingewiesen, wie Mignon und der Harfner dem Roman pse_557.010
Goethes eine gemüthafte und menschliche Tiefe geben. In pse_557.011
modernen Romanen kann man an der Personengestaltung, pse_557.012
etwa der Belfontaines in Langgässers »Unauslöschlichem pse_557.013
Siegel«, den Verlust der absoluten, in sich ruhenden Individualität pse_557.014
des Menschen erleben. Der Ablaufrhythmus zeitlich pse_557.015
so nahe nebeneinander liegender Romane, wie es die »Lehrjahre«, pse_557.016
der »Titan«, der »Hyperion« und der »Ofterdingen« pse_557.017
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über allem die ordnende Kraft einer Erzählerpersönlichkeit pse_557.025
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also eben Wesenhaftes erleben läßt, kann der Roman als echte pse_557.027
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pse_557.028
3. Im Vorangehenden haben wir schon unter verschiedenen pse_557.029
Gesichtspunkten Möglichkeiten aufgezeigt, wie man der pse_557.030
Vielzahl der Romane eine gewisse Ordnung unterlegen könne. pse_557.031
Es wird auch hier, wie bei den anderen Arten und Gattungen, pse_557.032
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/573>, abgerufen am 22.11.2024.
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