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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959.

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denken, daß von einem Drama nur das im Monolog pse_625.002
Gestaltbare geboten wird, das übrige muß der Hörer oder pse_625.003
Leser sich hinzudenken. Also, wenn man will: eine große pse_625.004
stilistische Ellipse! Da aber hier die Darstellung beinahe völlig pse_625.005
zurücktritt, wird man diese Form doch besser vom Drama pse_625.006
abheben. Es wird nur wieder deutlich: Gattungen und Arten pse_625.007
haben keine scharfen Grenzen, denn es sind weniger tatsächliche pse_625.008
Gegebenheiten als Grundformen zur Verwendung für pse_625.009
den Dichter und zur Ordnungsstiftung für den Forscher.

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c) Im Lauf der Dramengeschichte haben sich bestimmte pse_625.011
Arten ausgebildet, die mit Grundformen in Zusammenhang pse_625.012
stehen, aber nur aus geschichtlichen und weltanschaulichen pse_625.013
Voraussetzungen verstehbar sind. Diese Arten kreuzen sich pse_625.014
mit allen anderen möglichen Einteilungen, da sie rein aus pse_625.015
dem Gehalt her geschaffen sind. Der große Unterschied pse_625.016
zwischen der altgriechischen und der neueren Dramatik liegt pse_625.017
u. a. auch in der Rolle der Person im Vorgang. Im Zusammenhang pse_625.018
mit dem seit dem 16. Jahrhundert sich immer stärker pse_625.019
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sein Leben vor allem aus der dramatischen Grundkonzeption pse_625.021
der in ihm handelnden Person gewinnt. Bei Shakespeare pse_625.022
haben wir diesen Typus das erste Mal deutlich gesehen. pse_625.023
Macht man, wie etwa Reinhold Lenz in seinen "Anmerkungen pse_625.024
übers Theater", einen Grundsatz daraus, daß aus der Art pse_625.025
eines Menschen die Dramatik erfließe, so kommt man zur pse_625.026
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Man kann dann entweder die Dramatik der Weltliteratur auf pse_625.028
diesen Tatbestand hin überprüfen oder gar in der Aufführung pse_625.029
vor allem die Kunst der Charakterdarstellung durch einen pse_625.030
Schauspieler ganz in den Vordergrund drängen. Dieser pse_625.031
Form gegenüber steht die andere, wo das Geschehen, der pse_625.032
dramatische Vorgang, das strukturell Entscheidende ist. Weil pse_625.033
hier die Personen mehr durch die Macht der Umstände im pse_625.034
Ablauf des Dramas bestimmt sind, hat man auch von Schicksalsdrama pse_625.035
gesprochen. Sicher sind die antike Tragödie, große pse_625.036
Teile des Barockdramas, manche klassische Dichtung der pse_625.037
Deutschen, Formen des Volksstücks, nämlich das Gespensterstück, pse_625.038
und endlich das sogenannte romantische Schicksalsdrama

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Zitationshilfe: Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 625. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/641>, abgerufen am 22.11.2024.