Section ermangelt. Auf Metrophlebitis kann es hier um so weniger bezogen werden, als es, abgesehen von den ganz feh- lenden, oder höchst unbedeutenden Erscheinungen eines Ute- rinleidens, auch bei Männern beobachtet wurde. (Epid. lib. III. sect. II. aeger nr. 5, sect. III. aeger nr. 3.) Sollen die Fröste daher von einer Venenentzündung abhängig ge- macht werden, so könnten wir nach den vorhandenen Er- scheinungen den Sitz derselben hier nirgends anders, als im Gefässsysteme der Leber suchen. (Hippocrates, Epidem. lib. I. sect. III. aegra nr. 4, 5, 11, lib. III. sect. II. aegra nr. 10, 11, 12, sect. III. aegra nr. 2, 14.)
(Den ersten, wiewohl noch undeutlichen Spuren des Kind- bettfiebers begegnen wir in der zweiten Hälfte des 17. Jahr- hunderts im Hotel-Dieu zu Paris. Peu erzählt, dass in dem gedachten Hospitale die Sterblichkeit unter den Neuentbun- denen sehr gross gewesen sei, und zwar zu gewissen Zeiten und in gewissen Jahresabschnitten mehr, als in andern. Be- sonders verheerend zeigte sich das Jahr 1664. Vesou, der Arzt des Hospitals, schrieb den Grund dieser auffallenden Sterblichkeit dem Umstande zu, dass die Wochenzimmer ge- rade über dem Saale der Verwundeten lagen. Die Sterblich- keit der Wöchnerinnen stand im geraden Verhältnisse mit der Zahl der Verwundeten. Durch feuchte, warme sowohl als kalte Witterung wurde sie gesteigert, bei trockener änderte sie sich. Mit der Verlegung der Wöchnerinnen in den unteren Stock erlosch die Krankheit. Die Beschreibung derselben ist höchst mangelhaft, es wird nur gesagt, dass die Kranken bis zu ihrem Ende an Blutungen gelitten hätten, und dass man bei der Section die Leichen voller Abscesse gefunden habe."
Noch genauere Aufschlüsse über das Hotel-Dieu und die Ursache des daselbst herrschenden Kindbettfiebers gibt uns Osiander in seiner oben citirten Schrift. Seite 243 sagt er: "In dem merkwürdigen Berichte, welchen Tenon im Jahre 1788 von den Hospitälern in Paris der Regierung abstat-
Section ermangelt. Auf Metrophlebitis kann es hier um so weniger bezogen werden, als es, abgesehen von den ganz feh- lenden, oder höchst unbedeutenden Erscheinungen eines Ute- rinleidens, auch bei Männern beobachtet wurde. (Epid. lib. III. sect. II. aeger nr. 5, sect. III. aeger nr. 3.) Sollen die Fröste daher von einer Venenentzündung abhängig ge- macht werden, so könnten wir nach den vorhandenen Er- scheinungen den Sitz derselben hier nirgends anders, als im Gefässsysteme der Leber suchen. (Hippocrates, Epidem. lib. I. sect. III. aegra nr. 4, 5, 11, lib. III. sect. II. aegra nr. 10, 11, 12, sect. III. aegra nr. 2, 14.)
(Den ersten, wiewohl noch undeutlichen Spuren des Kind- bettfiebers begegnen wir in der zweiten Hälfte des 17. Jahr- hunderts im Hôtel-Dieu zu Paris. Peu erzählt, dass in dem gedachten Hospitale die Sterblichkeit unter den Neuentbun- denen sehr gross gewesen sei, und zwar zu gewissen Zeiten und in gewissen Jahresabschnitten mehr, als in andern. Be- sonders verheerend zeigte sich das Jahr 1664. Vesou, der Arzt des Hospitals, schrieb den Grund dieser auffallenden Sterblichkeit dem Umstande zu, dass die Wochenzimmer ge- rade über dem Saale der Verwundeten lagen. Die Sterblich- keit der Wöchnerinnen stand im geraden Verhältnisse mit der Zahl der Verwundeten. Durch feuchte, warme sowohl als kalte Witterung wurde sie gesteigert, bei trockener änderte sie sich. Mit der Verlegung der Wöchnerinnen in den unteren Stock erlosch die Krankheit. Die Beschreibung derselben ist höchst mangelhaft, es wird nur gesagt, dass die Kranken bis zu ihrem Ende an Blutungen gelitten hätten, und dass man bei der Section die Leichen voller Abscesse gefunden habe.«
Noch genauere Aufschlüsse über das Hôtel-Dieu und die Ursache des daselbst herrschenden Kindbettfiebers gibt uns Osiander in seiner oben citirten Schrift. Seite 243 sagt er: »In dem merkwürdigen Berichte, welchen Tenon im Jahre 1788 von den Hospitälern in Paris der Regierung abstat-
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rinleidens, auch bei Männern beobachtet wurde. (Epid.
lib. III. sect. II. aeger nr. 5, sect. III. aeger nr. 3.) Sollen
die Fröste daher von einer Venenentzündung abhängig ge-
macht werden, so könnten wir nach den vorhandenen Er-
scheinungen den Sitz derselben hier nirgends anders, als im
Gefässsysteme der Leber suchen. (Hippocrates, Epidem. lib. I.
sect. III. aegra nr. 4, 5, 11, lib. III. sect. II. aegra nr. 10,
11, 12, sect. III. aegra nr. 2, 14.)
(Den ersten, wiewohl noch undeutlichen Spuren des Kind-
bettfiebers begegnen wir in der zweiten Hälfte des 17. Jahr-
hunderts im Hôtel-Dieu zu Paris. Peu erzählt, dass in dem
gedachten Hospitale die Sterblichkeit unter den Neuentbun-
denen sehr gross gewesen sei, und zwar zu gewissen Zeiten
und in gewissen Jahresabschnitten mehr, als in andern. Be-
sonders verheerend zeigte sich das Jahr 1664. Vesou, der
Arzt des Hospitals, schrieb den Grund dieser auffallenden
Sterblichkeit dem Umstande zu, dass die Wochenzimmer ge-
rade über dem Saale der Verwundeten lagen. Die Sterblich-
keit der Wöchnerinnen stand im geraden Verhältnisse mit der
Zahl der Verwundeten. Durch feuchte, warme sowohl als
kalte Witterung wurde sie gesteigert, bei trockener änderte
sie sich. Mit der Verlegung der Wöchnerinnen in den unteren
Stock erlosch die Krankheit. Die Beschreibung derselben ist
höchst mangelhaft, es wird nur gesagt, dass die Kranken bis
zu ihrem Ende an Blutungen gelitten hätten, und dass man
bei der Section die Leichen voller Abscesse gefunden habe.«
Noch genauere Aufschlüsse über das Hôtel-Dieu und die
Ursache des daselbst herrschenden Kindbettfiebers gibt uns
Osiander in seiner oben citirten Schrift. Seite 243 sagt er:
»In dem merkwürdigen Berichte, welchen Tenon im Jahre
1788 von den Hospitälern in Paris der Regierung abstat-
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/215>, abgerufen am 16.02.2025.
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