Die Ueberfüllung der Gebärhäuser ist nur bedingungs- weise ein endemisches Moment des Kindbettfiebers, indem in einem überfüllten Gebärhause es schwieriger ist, den nöthigen Grad von Reinlichkeit zu erhalten; indem in einem überfüllten Gebärhause es schwieriger ist, diejenigen In- dividuen, welche für andere gefährlich sind, vollkommen zu isoliren; dadurch kann die Ueberfüllung Veranlassung geben zur Erzeugung eines zersetzten Stoffes, dadurch kann die Ueberfüllung Veranlassung werden zur Uebertragung des zer- setzten Stoffes auf andere Individuen. Aber wenn trotz der Ueberfüllung der nöthige Grad der Reinlichkeit beobachtet wird, so dass sich kein zersetzter Stoff erzeugen kann, wenn trotz der Ueberfüllung die gefährlichen Individuen von den übrigen hinreichend isolirt werden, oder wenn gerade zur Zeit der Ueberfüllung keine gefährlichen Individuen sich im überfüllten Gebärhause befinden, und dadurch die Uebertra- gung zersetzter Stoffe auf gesunde Individuen verhütet wird; unter solchen Voraussetzungen ist es für die im Gebärhause Verpflegten vollkommen gleichgiltig, ob das Gebärhaus über- füllt ist oder nicht.
Wir haben schon früher mittelst zehn Tabellen (4--13) bewiesen, dass der günstigere oder ungünstigere Gesund- heitszustand der an der ersten Gebärklinik zu Wien verpfleg- ten Wöchnerinnen nicht im geraden Verhältnisse zur Ueber- füllung der Klinik stand, wenn wir nun zu dem Zeitraume, welchen wir bei diesen zehn Tabellen benützten, noch die
Endemische Ursachen des Kindbettfiebers.
Die Ueberfüllung der Gebärhäuser ist nur bedingungs- weise ein endemisches Moment des Kindbettfiebers, indem in einem überfüllten Gebärhause es schwieriger ist, den nöthigen Grad von Reinlichkeit zu erhalten; indem in einem überfüllten Gebärhause es schwieriger ist, diejenigen In- dividuen, welche für andere gefährlich sind, vollkommen zu isoliren; dadurch kann die Ueberfüllung Veranlassung geben zur Erzeugung eines zersetzten Stoffes, dadurch kann die Ueberfüllung Veranlassung werden zur Uebertragung des zer- setzten Stoffes auf andere Individuen. Aber wenn trotz der Ueberfüllung der nöthige Grad der Reinlichkeit beobachtet wird, so dass sich kein zersetzter Stoff erzeugen kann, wenn trotz der Ueberfüllung die gefährlichen Individuen von den übrigen hinreichend isolirt werden, oder wenn gerade zur Zeit der Ueberfüllung keine gefährlichen Individuen sich im überfüllten Gebärhause befinden, und dadurch die Uebertra- gung zersetzter Stoffe auf gesunde Individuen verhütet wird; unter solchen Voraussetzungen ist es für die im Gebärhause Verpflegten vollkommen gleichgiltig, ob das Gebärhaus über- füllt ist oder nicht.
Wir haben schon früher mittelst zehn Tabellen (4—13) bewiesen, dass der günstigere oder ungünstigere Gesund- heitszustand der an der ersten Gebärklinik zu Wien verpfleg- ten Wöchnerinnen nicht im geraden Verhältnisse zur Ueber- füllung der Klinik stand, wenn wir nun zu dem Zeitraume, welchen wir bei diesen zehn Tabellen benützten, noch die
<TEI><text><body><pbfacs="#f0225"n="[213]"/><divn="1"><head><hirendition="#b">Endemische Ursachen des Kindbettfiebers.</hi></head><lb/><p>Die Ueberfüllung der Gebärhäuser ist nur bedingungs-<lb/>
weise ein endemisches Moment des Kindbettfiebers, indem<lb/>
in einem überfüllten Gebärhause es schwieriger ist, den<lb/>
nöthigen Grad von Reinlichkeit zu erhalten; indem in einem<lb/>
überfüllten Gebärhause es schwieriger ist, diejenigen In-<lb/>
dividuen, welche für andere gefährlich sind, vollkommen zu<lb/>
isoliren; dadurch kann die Ueberfüllung Veranlassung geben<lb/>
zur Erzeugung eines zersetzten Stoffes, dadurch kann die<lb/>
Ueberfüllung Veranlassung werden zur Uebertragung des zer-<lb/>
setzten Stoffes auf andere Individuen. Aber wenn trotz der<lb/>
Ueberfüllung der nöthige Grad der Reinlichkeit beobachtet<lb/>
wird, so dass sich kein zersetzter Stoff erzeugen kann, wenn<lb/>
trotz der Ueberfüllung die gefährlichen Individuen von den<lb/>
übrigen hinreichend isolirt werden, oder wenn gerade zur<lb/>
Zeit der Ueberfüllung keine gefährlichen Individuen sich im<lb/>
überfüllten Gebärhause befinden, und dadurch die Uebertra-<lb/>
gung zersetzter Stoffe auf gesunde Individuen verhütet wird;<lb/>
unter solchen Voraussetzungen ist es für die im Gebärhause<lb/>
Verpflegten vollkommen gleichgiltig, ob das Gebärhaus über-<lb/>
füllt ist oder nicht.</p><lb/><p>Wir haben schon früher mittelst zehn Tabellen (4—13)<lb/>
bewiesen, dass der günstigere oder ungünstigere Gesund-<lb/>
heitszustand der an der ersten Gebärklinik zu Wien verpfleg-<lb/>
ten Wöchnerinnen nicht im geraden Verhältnisse zur Ueber-<lb/>
füllung der Klinik stand, wenn wir nun zu dem Zeitraume,<lb/>
welchen wir bei diesen zehn Tabellen benützten, noch die<lb/></p></div></body></text></TEI>
[[213]/0225]
Endemische Ursachen des Kindbettfiebers.
Die Ueberfüllung der Gebärhäuser ist nur bedingungs-
weise ein endemisches Moment des Kindbettfiebers, indem
in einem überfüllten Gebärhause es schwieriger ist, den
nöthigen Grad von Reinlichkeit zu erhalten; indem in einem
überfüllten Gebärhause es schwieriger ist, diejenigen In-
dividuen, welche für andere gefährlich sind, vollkommen zu
isoliren; dadurch kann die Ueberfüllung Veranlassung geben
zur Erzeugung eines zersetzten Stoffes, dadurch kann die
Ueberfüllung Veranlassung werden zur Uebertragung des zer-
setzten Stoffes auf andere Individuen. Aber wenn trotz der
Ueberfüllung der nöthige Grad der Reinlichkeit beobachtet
wird, so dass sich kein zersetzter Stoff erzeugen kann, wenn
trotz der Ueberfüllung die gefährlichen Individuen von den
übrigen hinreichend isolirt werden, oder wenn gerade zur
Zeit der Ueberfüllung keine gefährlichen Individuen sich im
überfüllten Gebärhause befinden, und dadurch die Uebertra-
gung zersetzter Stoffe auf gesunde Individuen verhütet wird;
unter solchen Voraussetzungen ist es für die im Gebärhause
Verpflegten vollkommen gleichgiltig, ob das Gebärhaus über-
füllt ist oder nicht.
Wir haben schon früher mittelst zehn Tabellen (4—13)
bewiesen, dass der günstigere oder ungünstigere Gesund-
heitszustand der an der ersten Gebärklinik zu Wien verpfleg-
ten Wöchnerinnen nicht im geraden Verhältnisse zur Ueber-
füllung der Klinik stand, wenn wir nun zu dem Zeitraume,
welchen wir bei diesen zehn Tabellen benützten, noch die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. [213]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/225>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.