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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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Seit vorigen Sommer, wo meine Cousine am Puerperal-
fieber starb, die ich nach der Geburt untersuchte, zu einer
Zeit, wo ich Puerperalkranke (nun folgt ein nicht zu lesendes
langes Wort) secirt hatte, war ich überzeugt von der Ueber-
tragung. Es fiel mir dann noch ein, dass schon einige Monate
früher eine Frau in der Stadt, zu der mich Dr. Freund ge-
rufen, ebenfalls am Puerperalfieber gestorben war. Ich verwei-
gerte daher meinen Beistand bei der Geburt vier Wochen lang.
Eine Gebärende, der ich helfen sollte, musste deshalb einen
andern Arzt rufen; es war Prolapsus funiculi umbilicalis; er
reponirte; der Arzt secirte viel, anatomisirte täglich; die Ent-
bundene erkrankte am Puerperalfieber, wurde gerettet, aber hat
eine Exudatmassa am Uterus. Die Hebamme, welche hier Bei-
stand leistete, hat wenigstens noch zwei, vielleicht drei Fälle
von Puerperalfieber in der Stadt gehabt. So viel von der
Fortpflanzung des Fiebers.

Was die Sicherung durch Chlorwaschungen, die ich als
sehr kräftig empfehlen kann, da die Hände den Geruch tage-
lang, ungeachtet wiederholten Waschens, bewahren, was bei
Chlorwasser nicht der Fall ist. Seit Einführung dieser Wa-
schungen ist mir bei keiner von mir oder meinen Eleven
Entbundenen auch der gelindeste Grad des Fiebers wieder
vorgekommen, jenen einen Fall im Februar ausgenommen,
bei dem indess, wie ich vermuthe, ein schlecht gereinigter
Catheder gebraucht wurde, und der isolirt blieb. Nach dem
schlimmen Anfange aber im November erwartete ich die bösar-
tigste Epidemie. Uebrigens beschränkt sich meine Erfahrung
auf etwa 30 Fälle, da wir nur wenig Schwangere aufnehmen.
Ich danke Ihnen für Ihre Mittheilung deshalb vom ganzen
Herzen; sie hat vielleicht schon unsere Anstalt vom Unter-
gange gerettet; und ein neues Hospital zu erwerben in diesen
Zeiten, wäre vielleicht unmöglich gewesen. Ich bitte Sie, mich
dem Dr. Semmelweis zu empfehlen, und auch in diesem Sinne
zu danken, er hat vielleicht einen grossen Fund gethan.

Sie wissen, dass das Puerperalfieber bei uns eigentlich

Seit vorigen Sommer, wo meine Cousine am Puerperal-
fieber starb, die ich nach der Geburt untersuchte, zu einer
Zeit, wo ich Puerperalkranke (nun folgt ein nicht zu lesendes
langes Wort) secirt hatte, war ich überzeugt von der Ueber-
tragung. Es fiel mir dann noch ein, dass schon einige Monate
früher eine Frau in der Stadt, zu der mich Dr. Freund ge-
rufen, ebenfalls am Puerperalfieber gestorben war. Ich verwei-
gerte daher meinen Beistand bei der Geburt vier Wochen lang.
Eine Gebärende, der ich helfen sollte, musste deshalb einen
andern Arzt rufen; es war Prolapsus funiculi umbilicalis; er
reponirte; der Arzt secirte viel, anatomisirte täglich; die Ent-
bundene erkrankte am Puerperalfieber, wurde gerettet, aber hat
eine Exudatmassa am Uterus. Die Hebamme, welche hier Bei-
stand leistete, hat wenigstens noch zwei, vielleicht drei Fälle
von Puerperalfieber in der Stadt gehabt. So viel von der
Fortpflanzung des Fiebers.

Was die Sicherung durch Chlorwaschungen, die ich als
sehr kräftig empfehlen kann, da die Hände den Geruch tage-
lang, ungeachtet wiederholten Waschens, bewahren, was bei
Chlorwasser nicht der Fall ist. Seit Einführung dieser Wa-
schungen ist mir bei keiner von mir oder meinen Eleven
Entbundenen auch der gelindeste Grad des Fiebers wieder
vorgekommen, jenen einen Fall im Februar ausgenommen,
bei dem indess, wie ich vermuthe, ein schlecht gereinigter
Catheder gebraucht wurde, und der isolirt blieb. Nach dem
schlimmen Anfange aber im November erwartete ich die bösar-
tigste Epidemie. Uebrigens beschränkt sich meine Erfahrung
auf etwa 30 Fälle, da wir nur wenig Schwangere aufnehmen.
Ich danke Ihnen für Ihre Mittheilung deshalb vom ganzen
Herzen; sie hat vielleicht schon unsere Anstalt vom Unter-
gange gerettet; und ein neues Hospital zu erwerben in diesen
Zeiten, wäre vielleicht unmöglich gewesen. Ich bitte Sie, mich
dem Dr. Semmelweis zu empfehlen, und auch in diesem Sinne
zu danken, er hat vielleicht einen grossen Fund gethan.

Sie wissen, dass das Puerperalfieber bei uns eigentlich

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[287/0299] Seit vorigen Sommer, wo meine Cousine am Puerperal- fieber starb, die ich nach der Geburt untersuchte, zu einer Zeit, wo ich Puerperalkranke (nun folgt ein nicht zu lesendes langes Wort) secirt hatte, war ich überzeugt von der Ueber- tragung. Es fiel mir dann noch ein, dass schon einige Monate früher eine Frau in der Stadt, zu der mich Dr. Freund ge- rufen, ebenfalls am Puerperalfieber gestorben war. Ich verwei- gerte daher meinen Beistand bei der Geburt vier Wochen lang. Eine Gebärende, der ich helfen sollte, musste deshalb einen andern Arzt rufen; es war Prolapsus funiculi umbilicalis; er reponirte; der Arzt secirte viel, anatomisirte täglich; die Ent- bundene erkrankte am Puerperalfieber, wurde gerettet, aber hat eine Exudatmassa am Uterus. Die Hebamme, welche hier Bei- stand leistete, hat wenigstens noch zwei, vielleicht drei Fälle von Puerperalfieber in der Stadt gehabt. So viel von der Fortpflanzung des Fiebers. Was die Sicherung durch Chlorwaschungen, die ich als sehr kräftig empfehlen kann, da die Hände den Geruch tage- lang, ungeachtet wiederholten Waschens, bewahren, was bei Chlorwasser nicht der Fall ist. Seit Einführung dieser Wa- schungen ist mir bei keiner von mir oder meinen Eleven Entbundenen auch der gelindeste Grad des Fiebers wieder vorgekommen, jenen einen Fall im Februar ausgenommen, bei dem indess, wie ich vermuthe, ein schlecht gereinigter Catheder gebraucht wurde, und der isolirt blieb. Nach dem schlimmen Anfange aber im November erwartete ich die bösar- tigste Epidemie. Uebrigens beschränkt sich meine Erfahrung auf etwa 30 Fälle, da wir nur wenig Schwangere aufnehmen. Ich danke Ihnen für Ihre Mittheilung deshalb vom ganzen Herzen; sie hat vielleicht schon unsere Anstalt vom Unter- gange gerettet; und ein neues Hospital zu erwerben in diesen Zeiten, wäre vielleicht unmöglich gewesen. Ich bitte Sie, mich dem Dr. Semmelweis zu empfehlen, und auch in diesem Sinne zu danken, er hat vielleicht einen grossen Fund gethan. Sie wissen, dass das Puerperalfieber bei uns eigentlich

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/299>, abgerufen am 22.11.2024.