erst seit 1834 eingezogen ist. Dies ist aber auch ungefähr die Zeit, seitdem ich mich des Unterrichtes thätiger angenommen habe, und namentlich das Touchiren der Candidaten regel- mässiger eingeführt ist. Auch diese Sache lässt sich also in Zusammenhang bringen."
Kiel, den 18. März 1848.
Im Kieler Gebärhause hat sich also unsere Ansicht über die Entstehung des Kindbettfiebers glänzend bewährt; man mache nicht die Kleinheit der Anstalt geltend, denn wenn das Kieler Gebärhaus gross genug war, um wegen Puerperal- Epidemie gesperrt werden zu müssen, so ist es auch gross genug, um beim Ausbleiben der Epidemie als Beweis gelten zu können.
Als später wieder ein Schüler Michaelis nach Wien kam, und wir uns bei selbem um Michaelis erkundigten, erfuhren wir zu unserem Entsetzen, dass Michaelis zu den Todten zähle. Die Erfahrungen, die er gemacht, bestätigten ihn immer mehr in der Ueberzeugung, dass er den Tod seiner Cousine, von welcher er in seinem Briefe spricht, verschuldet, deshalb in tiefe Melancholie versunken, liess er sich bei Hamburg von einem dahinbrausenden Train zermalmen. Ich habe hier deshalb das unglückliche Ende Michaelis erzählt, um seiner Gewissenhaftigkeit hier ein Monument zu setzen. Wir werden leider Gelegenheit haben, dem Leser Geburtshelfer vorzu- führen, denen man etwas von der Gewissenhaftigkeit wünschen möchte, was Michaelis davon zu viel hatte.
Friede seiner Asche!
Nachdem ich den Entschluss gefasst, nochmals vor die Oeffentlichkeit zu treten, hielt ich es für zweckmässig, mich brieflich bei Michaelis Nachfolger, bei Prof. Litzmann anzu- fragen, was er an der Anstalt beobachtet, an welcher Michaelis bestätigende Erfahrungen gemacht. Als Antwort erhielt ich folgendes Schreiben:
erst seit 1834 eingezogen ist. Dies ist aber auch ungefähr die Zeit, seitdem ich mich des Unterrichtes thätiger angenommen habe, und namentlich das Touchiren der Candidaten regel- mässiger eingeführt ist. Auch diese Sache lässt sich also in Zusammenhang bringen.«
Kiel, den 18. März 1848.
Im Kieler Gebärhause hat sich also unsere Ansicht über die Entstehung des Kindbettfiebers glänzend bewährt; man mache nicht die Kleinheit der Anstalt geltend, denn wenn das Kieler Gebärhaus gross genug war, um wegen Puerperal- Epidemie gesperrt werden zu müssen, so ist es auch gross genug, um beim Ausbleiben der Epidemie als Beweis gelten zu können.
Als später wieder ein Schüler Michaelis nach Wien kam, und wir uns bei selbem um Michaelis erkundigten, erfuhren wir zu unserem Entsetzen, dass Michaelis zu den Todten zähle. Die Erfahrungen, die er gemacht, bestätigten ihn immer mehr in der Ueberzeugung, dass er den Tod seiner Cousine, von welcher er in seinem Briefe spricht, verschuldet, deshalb in tiefe Melancholie versunken, liess er sich bei Hamburg von einem dahinbrausenden Train zermalmen. Ich habe hier deshalb das unglückliche Ende Michaelis erzählt, um seiner Gewissenhaftigkeit hier ein Monument zu setzen. Wir werden leider Gelegenheit haben, dem Leser Geburtshelfer vorzu- führen, denen man etwas von der Gewissenhaftigkeit wünschen möchte, was Michaelis davon zu viel hatte.
Friede seiner Asche!
Nachdem ich den Entschluss gefasst, nochmals vor die Oeffentlichkeit zu treten, hielt ich es für zweckmässig, mich brieflich bei Michaelis Nachfolger, bei Prof. Litzmann anzu- fragen, was er an der Anstalt beobachtet, an welcher Michaelis bestätigende Erfahrungen gemacht. Als Antwort erhielt ich folgendes Schreiben:
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0300"n="288"/>
erst seit 1834 eingezogen ist. Dies ist aber auch ungefähr die<lb/>
Zeit, seitdem ich mich des Unterrichtes thätiger angenommen<lb/>
habe, und namentlich das Touchiren der Candidaten regel-<lb/>
mässiger eingeführt ist. Auch diese Sache lässt sich also in<lb/>
Zusammenhang bringen.«</p><lb/><p><hirendition="#g">Kiel</hi>, den 18. März 1848.</p><lb/><p>Im Kieler Gebärhause hat sich also unsere Ansicht über<lb/>
die Entstehung des Kindbettfiebers glänzend bewährt; man<lb/>
mache nicht die Kleinheit der Anstalt geltend, denn wenn das<lb/>
Kieler Gebärhaus gross genug war, um wegen Puerperal-<lb/>
Epidemie gesperrt werden zu müssen, so ist es auch gross<lb/>
genug, um beim Ausbleiben der Epidemie als Beweis gelten<lb/>
zu können.</p><lb/><p>Als später wieder ein Schüler Michaelis nach Wien kam,<lb/>
und wir uns bei selbem um Michaelis erkundigten, erfuhren<lb/>
wir zu unserem Entsetzen, dass Michaelis zu den Todten<lb/>
zähle. Die Erfahrungen, die er gemacht, bestätigten ihn immer<lb/>
mehr in der Ueberzeugung, dass er den Tod seiner Cousine,<lb/>
von welcher er in seinem Briefe spricht, verschuldet, deshalb<lb/>
in tiefe Melancholie versunken, liess er sich bei Hamburg von<lb/>
einem dahinbrausenden Train zermalmen. Ich habe hier<lb/>
deshalb das unglückliche Ende Michaelis erzählt, um seiner<lb/>
Gewissenhaftigkeit hier ein Monument zu setzen. Wir werden<lb/>
leider Gelegenheit haben, dem Leser Geburtshelfer vorzu-<lb/>
führen, denen man etwas von der Gewissenhaftigkeit wünschen<lb/>
möchte, was Michaelis davon zu viel hatte.</p><lb/><p><hirendition="#c">Friede seiner Asche!</hi></p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Nachdem ich den Entschluss gefasst, nochmals vor die<lb/>
Oeffentlichkeit zu treten, hielt ich es für zweckmässig, mich<lb/>
brieflich bei Michaelis Nachfolger, bei Prof. Litzmann anzu-<lb/>
fragen, was er an der Anstalt beobachtet, an welcher Michaelis<lb/>
bestätigende Erfahrungen gemacht. Als Antwort erhielt ich<lb/>
folgendes Schreiben:</p><lb/></div></body></text></TEI>
[288/0300]
erst seit 1834 eingezogen ist. Dies ist aber auch ungefähr die
Zeit, seitdem ich mich des Unterrichtes thätiger angenommen
habe, und namentlich das Touchiren der Candidaten regel-
mässiger eingeführt ist. Auch diese Sache lässt sich also in
Zusammenhang bringen.«
Kiel, den 18. März 1848.
Im Kieler Gebärhause hat sich also unsere Ansicht über
die Entstehung des Kindbettfiebers glänzend bewährt; man
mache nicht die Kleinheit der Anstalt geltend, denn wenn das
Kieler Gebärhaus gross genug war, um wegen Puerperal-
Epidemie gesperrt werden zu müssen, so ist es auch gross
genug, um beim Ausbleiben der Epidemie als Beweis gelten
zu können.
Als später wieder ein Schüler Michaelis nach Wien kam,
und wir uns bei selbem um Michaelis erkundigten, erfuhren
wir zu unserem Entsetzen, dass Michaelis zu den Todten
zähle. Die Erfahrungen, die er gemacht, bestätigten ihn immer
mehr in der Ueberzeugung, dass er den Tod seiner Cousine,
von welcher er in seinem Briefe spricht, verschuldet, deshalb
in tiefe Melancholie versunken, liess er sich bei Hamburg von
einem dahinbrausenden Train zermalmen. Ich habe hier
deshalb das unglückliche Ende Michaelis erzählt, um seiner
Gewissenhaftigkeit hier ein Monument zu setzen. Wir werden
leider Gelegenheit haben, dem Leser Geburtshelfer vorzu-
führen, denen man etwas von der Gewissenhaftigkeit wünschen
möchte, was Michaelis davon zu viel hatte.
Friede seiner Asche!
Nachdem ich den Entschluss gefasst, nochmals vor die
Oeffentlichkeit zu treten, hielt ich es für zweckmässig, mich
brieflich bei Michaelis Nachfolger, bei Prof. Litzmann anzu-
fragen, was er an der Anstalt beobachtet, an welcher Michaelis
bestätigende Erfahrungen gemacht. Als Antwort erhielt ich
folgendes Schreiben:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/300>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.