mir vorgenommen. Dieselben haben aber bis jetzt nur zwei- deutige Resultate geliefert, und es hat sich für mich die Ueber- zeugung herausgestellt, dass Versuche an Thieren nicht das geeignete Mittel sind, um die Zweifel über diesen hochwich- tigen und für Jeden, in dessen Augen das Menschenleben noch einigen Werth hat, so höchstinteressanten Gegenstand zu heben, sondern dass dies nur geschehen kann durch Samm- lung von ähnlichen Erfahrungen, wie sie Herr Dr. Semmel- weis an hiesiger Gebäranstalt in einer für jeden Menschen- freund so erfreulichen Weise machte.
In Anbetracht dessen gebe ich, nach Uebereinkunft mit Herrn Dr. Semmelweis, der in diesen Tagen Wien verlassen hat, um seinen Wohnsitz in Pesth aufzuschlagen, der kaiser- lichen Academie der Wissenschaften hiermit die mir unterm 31. October 1849 zugestellte Anweisung auf 100 fl. CM. zurück.
Ich habe ähnliche Erfahrungen wie im Wiener Gebär- hause seitdem an zwei anderen Anstalten gemacht, ich habe in dieser Schrift ähnliche Erfahrungen Anderer zusammenge- stellt, und glaube in Folge der vollgiltigen Beweiskraft dieser Erfahrungen heute Versuche an Thieren für überflüssig erklä- ren zu können.
Professor Skoda sagte in seinem Vortrage: "Eine gegrün- dete Aussicht, die Sache recht bald ins Klare zu bringen, lag in dem Umstande, dass in der Prager Gebäranstalt die Er- krankungen von Zeit zu Zeit gleichfalls sehr zahlreich waren, und allem Anschein nach dieselbe Ursache hatten als in Wien. Ich forderte also zur Einführung der Chlorwaschungen in der Prager Gebäranstalt auf.
Bei den in Folge dieser Aufforderung an der Prager Lehr- anstalt gepflogenen Verhandlungen behielt jedoch die Ansicht, dass die Puerperalerkrankungen durch epidemische Einflüsse bedingt sind, die Oberhand, und man scheint die Chlor- waschungen bisher entweder gar nicht, oder nicht mit Ernst in Anwendung gebracht zu haben!!
mir vorgenommen. Dieselben haben aber bis jetzt nur zwei- deutige Resultate geliefert, und es hat sich für mich die Ueber- zeugung herausgestellt, dass Versuche an Thieren nicht das geeignete Mittel sind, um die Zweifel über diesen hochwich- tigen und für Jeden, in dessen Augen das Menschenleben noch einigen Werth hat, so höchstinteressanten Gegenstand zu heben, sondern dass dies nur geschehen kann durch Samm- lung von ähnlichen Erfahrungen, wie sie Herr Dr. Semmel- weis an hiesiger Gebäranstalt in einer für jeden Menschen- freund so erfreulichen Weise machte.
In Anbetracht dessen gebe ich, nach Uebereinkunft mit Herrn Dr. Semmelweis, der in diesen Tagen Wien verlassen hat, um seinen Wohnsitz in Pesth aufzuschlagen, der kaiser- lichen Academie der Wissenschaften hiermit die mir unterm 31. October 1849 zugestellte Anweisung auf 100 fl. CM. zurück.
Ich habe ähnliche Erfahrungen wie im Wiener Gebär- hause seitdem an zwei anderen Anstalten gemacht, ich habe in dieser Schrift ähnliche Erfahrungen Anderer zusammenge- stellt, und glaube in Folge der vollgiltigen Beweiskraft dieser Erfahrungen heute Versuche an Thieren für überflüssig erklä- ren zu können.
Professor Skoda sagte in seinem Vortrage: »Eine gegrün- dete Aussicht, die Sache recht bald ins Klare zu bringen, lag in dem Umstande, dass in der Prager Gebäranstalt die Er- krankungen von Zeit zu Zeit gleichfalls sehr zahlreich waren, und allem Anschein nach dieselbe Ursache hatten als in Wien. Ich forderte also zur Einführung der Chlorwaschungen in der Prager Gebäranstalt auf.
Bei den in Folge dieser Aufforderung an der Prager Lehr- anstalt gepflogenen Verhandlungen behielt jedoch die Ansicht, dass die Puerperalerkrankungen durch epidemische Einflüsse bedingt sind, die Oberhand, und man scheint die Chlor- waschungen bisher entweder gar nicht, oder nicht mit Ernst in Anwendung gebracht zu haben!!
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mir vorgenommen. Dieselben haben aber bis jetzt nur zwei-
deutige Resultate geliefert, und es hat sich für mich die Ueber-
zeugung herausgestellt, dass Versuche an Thieren nicht das
geeignete Mittel sind, um die Zweifel über diesen hochwich-
tigen und für Jeden, in dessen Augen das Menschenleben
noch einigen Werth hat, so höchstinteressanten Gegenstand
zu heben, sondern dass dies nur geschehen kann durch Samm-
lung von ähnlichen Erfahrungen, wie sie Herr Dr. Semmel-
weis an hiesiger Gebäranstalt in einer für jeden Menschen-
freund so erfreulichen Weise machte.
In Anbetracht dessen gebe ich, nach Uebereinkunft mit
Herrn Dr. Semmelweis, der in diesen Tagen Wien verlassen
hat, um seinen Wohnsitz in Pesth aufzuschlagen, der kaiser-
lichen Academie der Wissenschaften hiermit die mir unterm
31. October 1849 zugestellte Anweisung auf 100 fl. CM.
zurück.
Ich habe ähnliche Erfahrungen wie im Wiener Gebär-
hause seitdem an zwei anderen Anstalten gemacht, ich habe
in dieser Schrift ähnliche Erfahrungen Anderer zusammenge-
stellt, und glaube in Folge der vollgiltigen Beweiskraft dieser
Erfahrungen heute Versuche an Thieren für überflüssig erklä-
ren zu können.
Professor Skoda sagte in seinem Vortrage: »Eine gegrün-
dete Aussicht, die Sache recht bald ins Klare zu bringen, lag
in dem Umstande, dass in der Prager Gebäranstalt die Er-
krankungen von Zeit zu Zeit gleichfalls sehr zahlreich waren,
und allem Anschein nach dieselbe Ursache hatten als in Wien.
Ich forderte also zur Einführung der Chlorwaschungen in der
Prager Gebäranstalt auf.
Bei den in Folge dieser Aufforderung an der Prager Lehr-
anstalt gepflogenen Verhandlungen behielt jedoch die Ansicht,
dass die Puerperalerkrankungen durch epidemische Einflüsse
bedingt sind, die Oberhand, und man scheint die Chlor-
waschungen bisher entweder gar nicht, oder nicht mit Ernst
in Anwendung gebracht zu haben!!
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/326>, abgerufen am 22.11.2024.
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