beobachtet, welche dann nach Scanzoni unter die Entzündun- gen zu zählen sind, die nicht Puerperalfieber sind, so ist es doch gewiss, dass alle diese Formen Resorptions- oder nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauche Puerperalfieber sind, weil alle diese Formen in Folge der Resorption eines zersetzten Stoffes entstehen; warum aber der resorbirte zersetzte Stoff einmal die Form, welche man Hyperinose, ein andermal die, welche man Pyaemie, einmal die, welche man Blutdissolution, und einmal wieder Formen, welche unter die genannten nicht subsumirt werden können, erzeuget, das wissen wir, wie wir schon einmal erklärten, als wir Prof. Lewy's Zweifel auf- klärten, nicht. Vielleicht hängt das von grösseren oder gerin- geren Fäulnissgraden des resorbirten Stoffes, vielleicht von der Reactionsfähigkeit des Organismus, vielleicht von anderen Um- ständen ab. Wir wissen nur gewiss, dass in allen diesen Fällen ein zersetzter Stoff resorbirt wird, welcher das Blut manchmal augenscheinlich, manchmal auf eine für unsere Sinne nicht er- kennbare Weise entmischt, und dass in Folge der Blutentmi- schung die Entzündungen eintreten. Und dass auch in jenen Fällen, wo eine augenscheinliche Blutentmischung fehlt, und welche deshalb von Scanzoni nicht als Puerperalfieber aner- kannt werden, wirklich ein zersetzter Stoff resorbirt wird, ist dadurch bewiesen, dass auch diese Fälle durch Chlorwaschun- gen verhütet werden können.
Im Jahre 1841 starben 192, im Jahre 1845 starben 196, im Jahre 1844 starben 215, im Jahre 1843 starben 229, im Jahre 1846 starben 414, im Jahre 1842 starben 463 Wöch- nerinnen mehr als im Jahre 1848, wo die Chlorwaschungen geübt wurden, und doch waren gewiss diese 1709 mehr todte Wöchnerinnen in 6 Jahren nicht lauter Fälle von Hyperinose, von Pyaemie, von Blutdissolution, sondern es waren gewiss die grössere Zahl der Fälle solche, wo eine augenscheinliche Blut- entmischung nicht beobachtet werden konnte, und doch sind selbe durch die Chlorwaschungen verhütet worden, als Beweis, dass auch diese Fälle in Folge der Resorption eines zersetzten
beobachtet, welche dann nach Scanzoni unter die Entzündun- gen zu zählen sind, die nicht Puerperalfieber sind, so ist es doch gewiss, dass alle diese Formen Resorptions- oder nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauche Puerperalfieber sind, weil alle diese Formen in Folge der Resorption eines zersetzten Stoffes entstehen; warum aber der resorbirte zersetzte Stoff einmal die Form, welche man Hyperinose, ein andermal die, welche man Pyaemie, einmal die, welche man Blutdissolution, und einmal wieder Formen, welche unter die genannten nicht subsumirt werden können, erzeuget, das wissen wir, wie wir schon einmal erklärten, als wir Prof. Lewy’s Zweifel auf- klärten, nicht. Vielleicht hängt das von grösseren oder gerin- geren Fäulnissgraden des resorbirten Stoffes, vielleicht von der Reactionsfähigkeit des Organismus, vielleicht von anderen Um- ständen ab. Wir wissen nur gewiss, dass in allen diesen Fällen ein zersetzter Stoff resorbirt wird, welcher das Blut manchmal augenscheinlich, manchmal auf eine für unsere Sinne nicht er- kennbare Weise entmischt, und dass in Folge der Blutentmi- schung die Entzündungen eintreten. Und dass auch in jenen Fällen, wo eine augenscheinliche Blutentmischung fehlt, und welche deshalb von Scanzoni nicht als Puerperalfieber aner- kannt werden, wirklich ein zersetzter Stoff resorbirt wird, ist dadurch bewiesen, dass auch diese Fälle durch Chlorwaschun- gen verhütet werden können.
Im Jahre 1841 starben 192, im Jahre 1845 starben 196, im Jahre 1844 starben 215, im Jahre 1843 starben 229, im Jahre 1846 starben 414, im Jahre 1842 starben 463 Wöch- nerinnen mehr als im Jahre 1848, wo die Chlorwaschungen geübt wurden, und doch waren gewiss diese 1709 mehr todte Wöchnerinnen in 6 Jahren nicht lauter Fälle von Hyperinose, von Pyaemie, von Blutdissolution, sondern es waren gewiss die grössere Zahl der Fälle solche, wo eine augenscheinliche Blut- entmischung nicht beobachtet werden konnte, und doch sind selbe durch die Chlorwaschungen verhütet worden, als Beweis, dass auch diese Fälle in Folge der Resorption eines zersetzten
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beobachtet, welche dann nach Scanzoni unter die Entzündun-
gen zu zählen sind, die nicht Puerperalfieber sind, so ist
es doch gewiss, dass alle diese Formen Resorptions- oder nach
dem gewöhnlichen Sprachgebrauche Puerperalfieber sind, weil
alle diese Formen in Folge der Resorption eines zersetzten
Stoffes entstehen; warum aber der resorbirte zersetzte Stoff
einmal die Form, welche man Hyperinose, ein andermal die,
welche man Pyaemie, einmal die, welche man Blutdissolution,
und einmal wieder Formen, welche unter die genannten nicht
subsumirt werden können, erzeuget, das wissen wir, wie wir
schon einmal erklärten, als wir Prof. Lewy’s Zweifel auf-
klärten, nicht. Vielleicht hängt das von grösseren oder gerin-
geren Fäulnissgraden des resorbirten Stoffes, vielleicht von der
Reactionsfähigkeit des Organismus, vielleicht von anderen Um-
ständen ab. Wir wissen nur gewiss, dass in allen diesen Fällen
ein zersetzter Stoff resorbirt wird, welcher das Blut manchmal
augenscheinlich, manchmal auf eine für unsere Sinne nicht er-
kennbare Weise entmischt, und dass in Folge der Blutentmi-
schung die Entzündungen eintreten. Und dass auch in jenen
Fällen, wo eine augenscheinliche Blutentmischung fehlt, und
welche deshalb von Scanzoni nicht als Puerperalfieber aner-
kannt werden, wirklich ein zersetzter Stoff resorbirt wird, ist
dadurch bewiesen, dass auch diese Fälle durch Chlorwaschun-
gen verhütet werden können.
Im Jahre 1841 starben 192, im Jahre 1845 starben 196,
im Jahre 1844 starben 215, im Jahre 1843 starben 229, im
Jahre 1846 starben 414, im Jahre 1842 starben 463 Wöch-
nerinnen mehr als im Jahre 1848, wo die Chlorwaschungen
geübt wurden, und doch waren gewiss diese 1709 mehr todte
Wöchnerinnen in 6 Jahren nicht lauter Fälle von Hyperinose,
von Pyaemie, von Blutdissolution, sondern es waren gewiss die
grössere Zahl der Fälle solche, wo eine augenscheinliche Blut-
entmischung nicht beobachtet werden konnte, und doch sind
selbe durch die Chlorwaschungen verhütet worden, als Beweis,
dass auch diese Fälle in Folge der Resorption eines zersetzten
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/336>, abgerufen am 22.11.2024.
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