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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861.

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lich wie in Wien zu vermindern, und nachdem trotz neuerdings
angewandter Chlorwaschungen die Sterblichkeit sich wieder
steigerte, dass vielleicht gerade diese gewichtigen Gründe die
Schüler verhindern sich so gewissenhaft zu waschen als es
nöthig ist, was ja um so wahrscheinlicher ist, da sich ja sogar
unter meinen Schülern solche fanden, obwohl ich so eindring-
lich die Chlorwaschungen ihnen empfahl.

Es wäre daher viel gewissenhafter gewesen des Experi-
mentes wegen, nicht die Chlorwaschungen, sondern das Auf-
zählen so unwiderleglicher Gründe gegen die Chlorwaschungen
auszusetzen.

Scanzoni hat noch in andern Hinsichten gefehlt, wofür er
aber nicht verantwortlich gemacht werden kann, weil die Ent-
schuldigung des Nichtwissens ihm zur Seite steht.

Scanzoni nämlich kennt von den drei Quellen, aus welchen
der das Kindbettfieber erzeugende zersetzte Stoff genommen
wird, nur die eine, nämlich die Leiche, und dies bezüglich sagt
Scanzoni: Wir, worunter er wahrscheinlich auch seine Schüler
versteht, haben in dieser Periode die Sectionslocalitäten nur
äusserst selten besucht. Die grosse Quelle des zersetzten
Stoffes, nämlich alle Kranken, deren Krankheiten einen zer-
setzten Stoff erzeugen, war ihm wenigstens damals unbekannt,
und es ist möglicherweise im Prager Gebärhause das geschehen,
was uns im Wiener Gebärhause durch den Krebs der Gebär-
mutter, durch das cariöse Knie geschah, als auch wir noch
nicht wussten, dass der zersetzte Stoff auch von Kranken
kommen könne, und wenn Scanzoni damals glaubte, dass der
zersetzte Stoff nur von der Leiche komme, so hat er gewiss die
Instituts-Oberhebamme sammt dem übrigen Wartpersonale,
da selbe mit Leichen nichts zu thun haben, nicht angehalten,
die Chlorwaschungen zu üben, er hat vielleicht nicht strenge
genug die Utensilien, welche bei Kranken benützt wurden, von
den Gesunden fern gehalten, und dadurch die Erfolge der
Chlorwaschungen beeinträchtigt.

Endlich konnte ja der zersetzte Stoff auch aus der dritten

lich wie in Wien zu vermindern, und nachdem trotz neuerdings
angewandter Chlorwaschungen die Sterblichkeit sich wieder
steigerte, dass vielleicht gerade diese gewichtigen Gründe die
Schüler verhindern sich so gewissenhaft zu waschen als es
nöthig ist, was ja um so wahrscheinlicher ist, da sich ja sogar
unter meinen Schülern solche fanden, obwohl ich so eindring-
lich die Chlorwaschungen ihnen empfahl.

Es wäre daher viel gewissenhafter gewesen des Experi-
mentes wegen, nicht die Chlorwaschungen, sondern das Auf-
zählen so unwiderleglicher Gründe gegen die Chlorwaschungen
auszusetzen.

Scanzoni hat noch in andern Hinsichten gefehlt, wofür er
aber nicht verantwortlich gemacht werden kann, weil die Ent-
schuldigung des Nichtwissens ihm zur Seite steht.

Scanzoni nämlich kennt von den drei Quellen, aus welchen
der das Kindbettfieber erzeugende zersetzte Stoff genommen
wird, nur die eine, nämlich die Leiche, und dies bezüglich sagt
Scanzoni: Wir, worunter er wahrscheinlich auch seine Schüler
versteht, haben in dieser Periode die Sectionslocalitäten nur
äusserst selten besucht. Die grosse Quelle des zersetzten
Stoffes, nämlich alle Kranken, deren Krankheiten einen zer-
setzten Stoff erzeugen, war ihm wenigstens damals unbekannt,
und es ist möglicherweise im Prager Gebärhause das geschehen,
was uns im Wiener Gebärhause durch den Krebs der Gebär-
mutter, durch das cariöse Knie geschah, als auch wir noch
nicht wussten, dass der zersetzte Stoff auch von Kranken
kommen könne, und wenn Scanzoni damals glaubte, dass der
zersetzte Stoff nur von der Leiche komme, so hat er gewiss die
Instituts-Oberhebamme sammt dem übrigen Wartpersonale,
da selbe mit Leichen nichts zu thun haben, nicht angehalten,
die Chlorwaschungen zu üben, er hat vielleicht nicht strenge
genug die Utensilien, welche bei Kranken benützt wurden, von
den Gesunden fern gehalten, und dadurch die Erfolge der
Chlorwaschungen beeinträchtigt.

Endlich konnte ja der zersetzte Stoff auch aus der dritten

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[331/0343] lich wie in Wien zu vermindern, und nachdem trotz neuerdings angewandter Chlorwaschungen die Sterblichkeit sich wieder steigerte, dass vielleicht gerade diese gewichtigen Gründe die Schüler verhindern sich so gewissenhaft zu waschen als es nöthig ist, was ja um so wahrscheinlicher ist, da sich ja sogar unter meinen Schülern solche fanden, obwohl ich so eindring- lich die Chlorwaschungen ihnen empfahl. Es wäre daher viel gewissenhafter gewesen des Experi- mentes wegen, nicht die Chlorwaschungen, sondern das Auf- zählen so unwiderleglicher Gründe gegen die Chlorwaschungen auszusetzen. Scanzoni hat noch in andern Hinsichten gefehlt, wofür er aber nicht verantwortlich gemacht werden kann, weil die Ent- schuldigung des Nichtwissens ihm zur Seite steht. Scanzoni nämlich kennt von den drei Quellen, aus welchen der das Kindbettfieber erzeugende zersetzte Stoff genommen wird, nur die eine, nämlich die Leiche, und dies bezüglich sagt Scanzoni: Wir, worunter er wahrscheinlich auch seine Schüler versteht, haben in dieser Periode die Sectionslocalitäten nur äusserst selten besucht. Die grosse Quelle des zersetzten Stoffes, nämlich alle Kranken, deren Krankheiten einen zer- setzten Stoff erzeugen, war ihm wenigstens damals unbekannt, und es ist möglicherweise im Prager Gebärhause das geschehen, was uns im Wiener Gebärhause durch den Krebs der Gebär- mutter, durch das cariöse Knie geschah, als auch wir noch nicht wussten, dass der zersetzte Stoff auch von Kranken kommen könne, und wenn Scanzoni damals glaubte, dass der zersetzte Stoff nur von der Leiche komme, so hat er gewiss die Instituts-Oberhebamme sammt dem übrigen Wartpersonale, da selbe mit Leichen nichts zu thun haben, nicht angehalten, die Chlorwaschungen zu üben, er hat vielleicht nicht strenge genug die Utensilien, welche bei Kranken benützt wurden, von den Gesunden fern gehalten, und dadurch die Erfolge der Chlorwaschungen beeinträchtigt. Endlich konnte ja der zersetzte Stoff auch aus der dritten

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Zitationshilfe: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/343>, abgerufen am 22.11.2024.