alle Vorstände, in deren Gebäranstalten das Puerperalmiasma seine mörderische Kraft entfaltet, zu Verbrechern, denn es wäre ihre heiligste Pflicht gewesen, die Entwicklung des Puerperalmiasma's zu verhindern, oder das trotzdem ent- wickelte Miasma wieder zu zerstören. Die Gebärhäuser sind wahre vom Staate unterhaltene Mörderhöhlen nicht nur dann, wenn das Puerperalfieber contagiös ist, die Gebärhäuser sind wahre vom Staate unterhaltene Mörderhöhlen auch dann, wenn das Puerperalfieber miasmatischen Ursprunges ist, wenn das Puerperalfieber durch Infection entsteht. Wir sind der Ueber- zeugung, dass das Puerperalfieber nie anders. als durch Infec- tion entsteht, dieser Ueberzeugung entsprechend, thun wir seit 1847 alles was in unsern Fähigkeiten liegt, um die Gebärhäuser aufhören zu machen, wahre Mörderhöhlen zu sein. Und wenn Scanzoni im Puerperalmiasma die mörderische Kraft in den Gebärhäusern begründet findet, und trotzdem mit keiner Silbe erwähnt, wie man die Entwicklung des Puerperalmiasmas ver- hindern, oder wie man das entwickelte Puerperalmiasma zerstören soll, so zeigt das nur von der Gedankenlosigkeit, mit welcher Scanzoni über Dinge schreibt, die er nicht versteht.
Wenn Scanzoni dadurch, dass den häufigen Erkrankun- gen in Gebärhäusern manchmal eine Epidemie ausserhalb der Gebärhäuser entspricht, den Beweis führen will, dass nebst dem Puerperalmiasma auch etwas Epidemisches unterläuft, so theilen wir diese Ansicht nicht, und erklären vielmehr die zahlreichen Erkrankungen in- und ausserhalb der Gebärhäuser dadurch, dass die Individuen in- und ausserhalb der Gebär- häuser gleichzeitig inficirt werden.
Wenn Scanzoni sogar wiederholt beobachtet haben will, dass die Epidemien in- und ausserhalb des Gebärhauses ent- sprechend ab- und zunehmen, so begreifen wir nicht, wie eine solche Beobachtung möglich ist, da doch gewiss Niemand Scanzoni Zahlen-Rapporte über das ausserhalb des Gebär- hauses vorkommende Kindbettfieber eingesendet hat, und endlich glaubt Scanzoni auch das als Beweis anführen zu können,
alle Vorstände, in deren Gebäranstalten das Puerperalmiasma seine mörderische Kraft entfaltet, zu Verbrechern, denn es wäre ihre heiligste Pflicht gewesen, die Entwicklung des Puerperalmiasma’s zu verhindern, oder das trotzdem ent- wickelte Miasma wieder zu zerstören. Die Gebärhäuser sind wahre vom Staate unterhaltene Mörderhöhlen nicht nur dann, wenn das Puerperalfieber contagiös ist, die Gebärhäuser sind wahre vom Staate unterhaltene Mörderhöhlen auch dann, wenn das Puerperalfieber miasmatischen Ursprunges ist, wenn das Puerperalfieber durch Infection entsteht. Wir sind der Ueber- zeugung, dass das Puerperalfieber nie anders. als durch Infec- tion entsteht, dieser Ueberzeugung entsprechend, thun wir seit 1847 alles was in unsern Fähigkeiten liegt, um die Gebärhäuser aufhören zu machen, wahre Mörderhöhlen zu sein. Und wenn Scanzoni im Puerperalmiasma die mörderische Kraft in den Gebärhäusern begründet findet, und trotzdem mit keiner Silbe erwähnt, wie man die Entwicklung des Puerperalmiasmas ver- hindern, oder wie man das entwickelte Puerperalmiasma zerstören soll, so zeigt das nur von der Gedankenlosigkeit, mit welcher Scanzoni über Dinge schreibt, die er nicht versteht.
Wenn Scanzoni dadurch, dass den häufigen Erkrankun- gen in Gebärhäusern manchmal eine Epidemie ausserhalb der Gebärhäuser entspricht, den Beweis führen will, dass nebst dem Puerperalmiasma auch etwas Epidemisches unterläuft, so theilen wir diese Ansicht nicht, und erklären vielmehr die zahlreichen Erkrankungen in- und ausserhalb der Gebärhäuser dadurch, dass die Individuen in- und ausserhalb der Gebär- häuser gleichzeitig inficirt werden.
Wenn Scanzoni sogar wiederholt beobachtet haben will, dass die Epidemien in- und ausserhalb des Gebärhauses ent- sprechend ab- und zunehmen, so begreifen wir nicht, wie eine solche Beobachtung möglich ist, da doch gewiss Niemand Scanzoni Zahlen-Rapporte über das ausserhalb des Gebär- hauses vorkommende Kindbettfieber eingesendet hat, und endlich glaubt Scanzoni auch das als Beweis anführen zu können,
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alle Vorstände, in deren Gebäranstalten das Puerperalmiasma
seine mörderische Kraft entfaltet, zu Verbrechern, denn es
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Puerperalmiasma’s zu verhindern, oder das trotzdem ent-
wickelte Miasma wieder zu zerstören. Die Gebärhäuser sind
wahre vom Staate unterhaltene Mörderhöhlen nicht nur dann,
wenn das Puerperalfieber contagiös ist, die Gebärhäuser sind
wahre vom Staate unterhaltene Mörderhöhlen auch dann, wenn
das Puerperalfieber miasmatischen Ursprunges ist, wenn das
Puerperalfieber durch Infection entsteht. Wir sind der Ueber-
zeugung, dass das Puerperalfieber nie anders. als durch Infec-
tion entsteht, dieser Ueberzeugung entsprechend, thun wir seit
1847 alles was in unsern Fähigkeiten liegt, um die Gebärhäuser
aufhören zu machen, wahre Mörderhöhlen zu sein. Und wenn
Scanzoni im Puerperalmiasma die mörderische Kraft in den
Gebärhäusern begründet findet, und trotzdem mit keiner Silbe
erwähnt, wie man die Entwicklung des Puerperalmiasmas ver-
hindern, oder wie man das entwickelte Puerperalmiasma
zerstören soll, so zeigt das nur von der Gedankenlosigkeit, mit
welcher Scanzoni über Dinge schreibt, die er nicht versteht.
Wenn Scanzoni dadurch, dass den häufigen Erkrankun-
gen in Gebärhäusern manchmal eine Epidemie ausserhalb der
Gebärhäuser entspricht, den Beweis führen will, dass nebst
dem Puerperalmiasma auch etwas Epidemisches unterläuft, so
theilen wir diese Ansicht nicht, und erklären vielmehr die
zahlreichen Erkrankungen in- und ausserhalb der Gebärhäuser
dadurch, dass die Individuen in- und ausserhalb der Gebär-
häuser gleichzeitig inficirt werden.
Wenn Scanzoni sogar wiederholt beobachtet haben will,
dass die Epidemien in- und ausserhalb des Gebärhauses ent-
sprechend ab- und zunehmen, so begreifen wir nicht, wie eine
solche Beobachtung möglich ist, da doch gewiss Niemand
Scanzoni Zahlen-Rapporte über das ausserhalb des Gebär-
hauses vorkommende Kindbettfieber eingesendet hat, und
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/406>, abgerufen am 24.11.2024.
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