ersten geburtshilflichen Klinik nicht hervorgebracht hat, geht daraus hervor, dass überhaupt die Wöchnerinnen nach sieben und acht Tagen sehr selten erkrankten, wie auch daraus, dass sich die Sache auf der zweiten Abtheilung eben so verhielt.
Die schlechte Ventilation an der ersten geburtshilflichen Klinik, welche grösstentheils auch im Winter durch das Oeffnen der Fenster bewerkstelligt wurde, wurde auch zur Erklärung der grossen Sterblichkeit an der ersten geburtshilf- lichen Klinik zu Hilfe genommen, ohne zu bedenken, dass an der zweiten geburtshilflichen Klinik gerade so gelüftet wird.
Man beschuldigte die Wäsche deshalb, weil sie in der Waschanstalt des Pächters mit der Wäsche des Krankenhau- ses vermengt wurde, und übersah dabei, dass die zweite Kli- nik ebenfalls vermengte Wäsche benützte.
Die unvortheilhafte Lage, nämlich die Verbindung mit einem so grossen Krankenhause, wie das Wiener k. k. allge- meine Krankenhaus es ist, hatten ebenfalls beide Abtheilun- gen gemeinschaftlich, sie liegen ja so nahe an einander, dass sie ein gemeinschaftliches Vorzimmer haben, die Bauart ist ebenfalls auf beiden Abtheilungen gleich.
Die Nachtheile des ununterbrochenen Unterrichtes, des Communicirens des Krankenzimmers mit den Zimmern der Wöchnerinnen, der freie Verkehr der Wärterinnen der Kran- ken mit denen der Gesunden hatten beide Abtheilungen ge- meinschaftlich.
Weder die Verkühlung noch Diätfehler konnten zur Er- klärung des Unterschiedes der Sterblichkeit an beiden Ab- theilungen benützt werden, weil die Möglichkeit oder Unmög- lichkeit sich zu verkühlen an beiden Abtheilungen gleich war. Die Speisen wurden für beide Abtheilungen von einem und demselben Traiteur geliefert, die Diätnorm war an beiden Abtheilungen gleich.
Das sind die endemischen Ursachen, denen man die grössere Sterblichkeit unter den Wöchnerinnen im Gebärhause im Vergleich zu den Wöchnerinnen ausserhalb des Gebärhau-
ersten geburtshilflichen Klinik nicht hervorgebracht hat, geht daraus hervor, dass überhaupt die Wöchnerinnen nach sieben und acht Tagen sehr selten erkrankten, wie auch daraus, dass sich die Sache auf der zweiten Abtheilung eben so verhielt.
Die schlechte Ventilation an der ersten geburtshilflichen Klinik, welche grösstentheils auch im Winter durch das Oeffnen der Fenster bewerkstelligt wurde, wurde auch zur Erklärung der grossen Sterblichkeit an der ersten geburtshilf- lichen Klinik zu Hilfe genommen, ohne zu bedenken, dass an der zweiten geburtshilflichen Klinik gerade so gelüftet wird.
Man beschuldigte die Wäsche deshalb, weil sie in der Waschanstalt des Pächters mit der Wäsche des Krankenhau- ses vermengt wurde, und übersah dabei, dass die zweite Kli- nik ebenfalls vermengte Wäsche benützte.
Die unvortheilhafte Lage, nämlich die Verbindung mit einem so grossen Krankenhause, wie das Wiener k. k. allge- meine Krankenhaus es ist, hatten ebenfalls beide Abtheilun- gen gemeinschaftlich, sie liegen ja so nahe an einander, dass sie ein gemeinschaftliches Vorzimmer haben, die Bauart ist ebenfalls auf beiden Abtheilungen gleich.
Die Nachtheile des ununterbrochenen Unterrichtes, des Communicirens des Krankenzimmers mit den Zimmern der Wöchnerinnen, der freie Verkehr der Wärterinnen der Kran- ken mit denen der Gesunden hatten beide Abtheilungen ge- meinschaftlich.
Weder die Verkühlung noch Diätfehler konnten zur Er- klärung des Unterschiedes der Sterblichkeit an beiden Ab- theilungen benützt werden, weil die Möglichkeit oder Unmög- lichkeit sich zu verkühlen an beiden Abtheilungen gleich war. Die Speisen wurden für beide Abtheilungen von einem und demselben Traiteur geliefert, die Diätnorm war an beiden Abtheilungen gleich.
Das sind die endemischen Ursachen, denen man die grössere Sterblichkeit unter den Wöchnerinnen im Gebärhause im Vergleich zu den Wöchnerinnen ausserhalb des Gebärhau-
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ersten geburtshilflichen Klinik nicht hervorgebracht hat, geht
daraus hervor, dass überhaupt die Wöchnerinnen nach sieben
und acht Tagen sehr selten erkrankten, wie auch daraus, dass
sich die Sache auf der zweiten Abtheilung eben so verhielt.
Die schlechte Ventilation an der ersten geburtshilflichen
Klinik, welche grösstentheils auch im Winter durch das
Oeffnen der Fenster bewerkstelligt wurde, wurde auch zur
Erklärung der grossen Sterblichkeit an der ersten geburtshilf-
lichen Klinik zu Hilfe genommen, ohne zu bedenken, dass an
der zweiten geburtshilflichen Klinik gerade so gelüftet wird.
Man beschuldigte die Wäsche deshalb, weil sie in der
Waschanstalt des Pächters mit der Wäsche des Krankenhau-
ses vermengt wurde, und übersah dabei, dass die zweite Kli-
nik ebenfalls vermengte Wäsche benützte.
Die unvortheilhafte Lage, nämlich die Verbindung mit
einem so grossen Krankenhause, wie das Wiener k. k. allge-
meine Krankenhaus es ist, hatten ebenfalls beide Abtheilun-
gen gemeinschaftlich, sie liegen ja so nahe an einander, dass
sie ein gemeinschaftliches Vorzimmer haben, die Bauart ist
ebenfalls auf beiden Abtheilungen gleich.
Die Nachtheile des ununterbrochenen Unterrichtes, des
Communicirens des Krankenzimmers mit den Zimmern der
Wöchnerinnen, der freie Verkehr der Wärterinnen der Kran-
ken mit denen der Gesunden hatten beide Abtheilungen ge-
meinschaftlich.
Weder die Verkühlung noch Diätfehler konnten zur Er-
klärung des Unterschiedes der Sterblichkeit an beiden Ab-
theilungen benützt werden, weil die Möglichkeit oder Unmög-
lichkeit sich zu verkühlen an beiden Abtheilungen gleich war.
Die Speisen wurden für beide Abtheilungen von einem und
demselben Traiteur geliefert, die Diätnorm war an beiden
Abtheilungen gleich.
Das sind die endemischen Ursachen, denen man die
grössere Sterblichkeit unter den Wöchnerinnen im Gebärhause
im Vergleich zu den Wöchnerinnen ausserhalb des Gebärhau-
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/49>, abgerufen am 23.11.2024.
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