zweimal eine grössere und zweimal eine gleiche Sterblichkeit im Vergleiche zur II. Klinik, und nochmals, oh Schicksal! es findet sich unter diesen 5 Monaten auch ein Monat des Win- tersemesters der Zeit der Epidemien, wo die I. Klinik bei 37 weniger verpflegten Wöchnerinnen eine Todte mehr hatte als die II. Klinik.
"Dass gefährlich verlaufende Geburtsfälle, behufs eines erfolgreichen Unterrichtes für Doctoren auf der I. Klinik nach Möglichkeit gezogen wurden und werden." Ist während der 5 Jahre, als ich an der I. Klinik war, nie geschehen und wenn es unter Braun geschehen ist, so hat das an der I. Klinik keine grössere Sterblichkeit bedingt, weil im Jahre 1851 mit 46 und im Jahre 1852 mit 11 Todten die Sterblichkeit an der II. Klinik grösser war.
"Dass keine spontane Ventilation beim Oeffnen der Thüren wegen der Bauverhältnisse an der Klinik für Aerzte stattfin- det. Dass diese Abtheilung bis zum Jahre 1849 viel näher an die Krankensäle des jährlich über 20,000 Patienten verpfle- genden Krankenhauses grenzte."
Im Jahre 1848 starben 45 Wöchnerinnen an der I. Kli- nik bei Vorhandensein derselben Uebelstände.
Der Leser hat gesehen, dass keiner dieser von C. Braun angeführten Uebelstände stichhältig sei, und doch sagt er: "Daraus lässt sich an der Schule für Aerzte ganz ungezwun- gen eine um einige Procent höhere Differenzzahl der Morta- litätslisten erklären, ohne zu der des directen Beweises ent- behrenden, auf Vermuthungen basirten Hypothese der cada- verösen Infection flüchten zu müssen."
Ebenso hat der Leser gesehen, dass die Gründe für meine Ansicht über die Entstehung des Kindbettfiebers durch Carl Braun's Angriffe nicht im geringsten erschüttert wurden, und Carl Braun sagt dennoch: "Wir können daher keine zur Be- gründung der Hypothese der cadaverösen Infection vorge- brachte These nach den im Wiener Gebärhause gemachten Beobachtungen in ihrem ganzen Umfange bestätigen, wir kön-
zweimal eine grössere und zweimal eine gleiche Sterblichkeit im Vergleiche zur II. Klinik, und nochmals, oh Schicksal! es findet sich unter diesen 5 Monaten auch ein Monat des Win- tersemesters der Zeit der Epidemien, wo die I. Klinik bei 37 weniger verpflegten Wöchnerinnen eine Todte mehr hatte als die II. Klinik.
»Dass gefährlich verlaufende Geburtsfälle, behufs eines erfolgreichen Unterrichtes für Doctoren auf der I. Klinik nach Möglichkeit gezogen wurden und werden.« Ist während der 5 Jahre, als ich an der I. Klinik war, nie geschehen und wenn es unter Braun geschehen ist, so hat das an der I. Klinik keine grössere Sterblichkeit bedingt, weil im Jahre 1851 mit 46 und im Jahre 1852 mit 11 Todten die Sterblichkeit an der II. Klinik grösser war.
»Dass keine spontane Ventilation beim Oeffnen der Thüren wegen der Bauverhältnisse an der Klinik für Aerzte stattfin- det. Dass diese Abtheilung bis zum Jahre 1849 viel näher an die Krankensäle des jährlich über 20,000 Patienten verpfle- genden Krankenhauses grenzte.«
Im Jahre 1848 starben 45 Wöchnerinnen an der I. Kli- nik bei Vorhandensein derselben Uebelstände.
Der Leser hat gesehen, dass keiner dieser von C. Braun angeführten Uebelstände stichhältig sei, und doch sagt er: »Daraus lässt sich an der Schule für Aerzte ganz ungezwun- gen eine um einige Procent höhere Differenzzahl der Morta- litätslisten erklären, ohne zu der des directen Beweises ent- behrenden, auf Vermuthungen basirten Hypothese der cada- verösen Infection flüchten zu müssen.«
Ebenso hat der Leser gesehen, dass die Gründe für meine Ansicht über die Entstehung des Kindbettfiebers durch Carl Braun’s Angriffe nicht im geringsten erschüttert wurden, und Carl Braun sagt dennoch: »Wir können daher keine zur Be- gründung der Hypothese der cadaverösen Infection vorge- brachte These nach den im Wiener Gebärhause gemachten Beobachtungen in ihrem ganzen Umfange bestätigen, wir kön-
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zweimal eine grössere und zweimal eine gleiche Sterblichkeit
im Vergleiche zur II. Klinik, und nochmals, oh Schicksal! es
findet sich unter diesen 5 Monaten auch ein Monat des Win-
tersemesters der Zeit der Epidemien, wo die I. Klinik bei 37
weniger verpflegten Wöchnerinnen eine Todte mehr hatte als
die II. Klinik.
»Dass gefährlich verlaufende Geburtsfälle, behufs eines
erfolgreichen Unterrichtes für Doctoren auf der I. Klinik nach
Möglichkeit gezogen wurden und werden.« Ist während der
5 Jahre, als ich an der I. Klinik war, nie geschehen und
wenn es unter Braun geschehen ist, so hat das an der I. Klinik
keine grössere Sterblichkeit bedingt, weil im Jahre 1851 mit
46 und im Jahre 1852 mit 11 Todten die Sterblichkeit an der
II. Klinik grösser war.
»Dass keine spontane Ventilation beim Oeffnen der Thüren
wegen der Bauverhältnisse an der Klinik für Aerzte stattfin-
det. Dass diese Abtheilung bis zum Jahre 1849 viel näher an
die Krankensäle des jährlich über 20,000 Patienten verpfle-
genden Krankenhauses grenzte.«
Im Jahre 1848 starben 45 Wöchnerinnen an der I. Kli-
nik bei Vorhandensein derselben Uebelstände.
Der Leser hat gesehen, dass keiner dieser von C. Braun
angeführten Uebelstände stichhältig sei, und doch sagt er:
»Daraus lässt sich an der Schule für Aerzte ganz ungezwun-
gen eine um einige Procent höhere Differenzzahl der Morta-
litätslisten erklären, ohne zu der des directen Beweises ent-
behrenden, auf Vermuthungen basirten Hypothese der cada-
verösen Infection flüchten zu müssen.«
Ebenso hat der Leser gesehen, dass die Gründe für meine
Ansicht über die Entstehung des Kindbettfiebers durch Carl
Braun’s Angriffe nicht im geringsten erschüttert wurden, und
Carl Braun sagt dennoch: »Wir können daher keine zur Be-
gründung der Hypothese der cadaverösen Infection vorge-
brachte These nach den im Wiener Gebärhause gemachten
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Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Ätiologie, der Begriff und die Prophylaxe des Kindbettfiebers. Pest u. a., 1861, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semmelweis_kindbettfieber_1861/526>, abgerufen am 22.11.2024.
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