Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869.

Bild:
<< vorherige Seite

Ein ganz anderes Bild liefert uns die Geschichte der Eroberung der Molucken durch die Portugiesen. Trotzdem sie 1511 unter Antonio de Abreu und Francisco Serrano die freundlichste Aufnahme in Amboina und Celebes finden, und sie aus den zwischen Tidor und Ternate angestifteten Kriegen als Sieger hervorgehen, folgen sich ununterbrochen Empörungen der einheimischen Fürsten und Streitigkeiten dieser oder selbst der Portugiesen untereinander. 1531 sehen sie sich sogar gänzlich auf ihre Festung in Ternate beschränkt, die durch das Heer der verbündeten Könige der Molucken durch Jahre hindurch belagert wird. Antonio Galvan befreit seine Landsleute, schlägt die Fürsten in Tidore, und schliesst mit ihnen Frieden. Ihm gelingt es bald durch freundliche Behandlung der Eingebornen und Schonung der angestammten Fürsten, die er vorher hat seine Macht fühlen lassen, sich eine solche Popularität zu erwerben, dass ihm bald nachher die Krone sämmtlicher Molucken angeboten wird. Nun wird ihm das Gouvernement dieser Inseln genommen, und die nachfolgenden Gouverneure beginnen von Neuem das alte Spiel der Intriguen und kleinen Kriege, bis endlich 1581 Baber, König von Ternate, die portugiesische Festung einnimmt und der Fremdherrschaft ein Ende macht. Dann folgen einige vergebliche Versuche der Spanier, sich die Molucken zu unterwerfen, bis es endlich im Anfang des 17. Jahrhunderts den Holländern gelingt, die mit den einheimischen Fürsten abgeschlossenen Verträge gegen die Spanier siegreich zu vertheidigen und die Portugiesen auf Timor und Solor einzuschränken.

Hier ist die Episode des Antonio Galvan besonders lehrreich. Sie zeigt, dass es bei Verfolgung einer humanen Politik und Schonung der Landessitten den Portugiesen hatte leicht werden müssen, ihrer Herrschaft über die Molucken grössere Sicherheit und längere Dauer zu geben, als es wirklich der Fall war. Den Spaniern trat auf den Philippinen allerdings nie eine so geschlossene Macht gegenüber, wie den Portugiesen auf den Molucken im dortigen Fürstenbund, so dass es ihnen leichter werden musste, die einzelnen gänzlich von einander unabhängigen Clan's von Luzon und den Visaya's sich zu unterwerfen. Aber die Geschichtsbücher des Landes bewahren uns mehrere Fälle von Empörungen auf, welche zeigen, dass durch die allgemeine Sehnsucht nach Befreiung

Ein ganz anderes Bild liefert uns die Geschichte der Eroberung der Molucken durch die Portugiesen. Trotzdem sie 1511 unter Antonio de Abreu und Francisco Serrano die freundlichste Aufnahme in Amboina und Celebes finden, und sie aus den zwischen Tidor und Ternate angestifteten Kriegen als Sieger hervorgehen, folgen sich ununterbrochen Empörungen der einheimischen Fürsten und Streitigkeiten dieser oder selbst der Portugiesen untereinander. 1531 sehen sie sich sogar gänzlich auf ihre Festung in Ternate beschränkt, die durch das Heer der verbündeten Könige der Molucken durch Jahre hindurch belagert wird. Antonio Galvan befreit seine Landsleute, schlägt die Fürsten in Tidore, und schliesst mit ihnen Frieden. Ihm gelingt es bald durch freundliche Behandlung der Eingebornen und Schonung der angestammten Fürsten, die er vorher hat seine Macht fühlen lassen, sich eine solche Popularität zu erwerben, dass ihm bald nachher die Krone sämmtlicher Molucken angeboten wird. Nun wird ihm das Gouvernement dieser Inseln genommen, und die nachfolgenden Gouverneure beginnen von Neuem das alte Spiel der Intriguen und kleinen Kriege, bis endlich 1581 Baber, König von Ternate, die portugiesische Festung einnimmt und der Fremdherrschaft ein Ende macht. Dann folgen einige vergebliche Versuche der Spanier, sich die Molucken zu unterwerfen, bis es endlich im Anfang des 17. Jahrhunderts den Holländern gelingt, die mit den einheimischen Fürsten abgeschlossenen Verträge gegen die Spanier siegreich zu vertheidigen und die Portugiesen auf Timor und Solor einzuschränken.

Hier ist die Episode des Antonio Galvan besonders lehrreich. Sie zeigt, dass es bei Verfolgung einer humanen Politik und Schonung der Landessitten den Portugiesen hatte leicht werden müssen, ihrer Herrschaft über die Molucken grössere Sicherheit und längere Dauer zu geben, als es wirklich der Fall war. Den Spaniern trat auf den Philippinen allerdings nie eine so geschlossene Macht gegenüber, wie den Portugiesen auf den Molucken im dortigen Fürstenbund, so dass es ihnen leichter werden musste, die einzelnen gänzlich von einander unabhängigen Clan’s von Luzon und den Visaya’s sich zu unterwerfen. Aber die Geschichtsbücher des Landes bewahren uns mehrere Fälle von Empörungen auf, welche zeigen, dass durch die allgemeine Sehnsucht nach Befreiung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p>
          <pb facs="#f0075" n="75"/>
        </p>
        <p>Ein ganz anderes Bild liefert uns die Geschichte der Eroberung der Molucken durch
                     die Portugiesen. Trotzdem sie 1511 unter Antonio de Abreu und Francisco Serrano
                     die freundlichste Aufnahme in Amboina und Celebes finden, und sie aus den
                     zwischen Tidor und Ternate angestifteten Kriegen als Sieger hervorgehen, folgen
                     sich ununterbrochen Empörungen der einheimischen Fürsten und
                     Streitigkeiten dieser oder selbst der Portugiesen untereinander. 1531 sehen sie
                     sich sogar gänzlich auf ihre Festung in Ternate beschränkt, die durch
                     das Heer der verbündeten Könige der Molucken durch Jahre hindurch
                     belagert wird. Antonio Galvan befreit seine Landsleute, schlägt die
                     Fürsten in Tidore, und schliesst mit ihnen Frieden. Ihm gelingt es bald
                     durch freundliche Behandlung der Eingebornen und Schonung der angestammten
                     Fürsten, die er vorher hat seine Macht fühlen lassen, sich eine solche
                     Popularität zu erwerben, dass ihm bald nachher die Krone sämmtlicher
                     Molucken angeboten wird. Nun wird ihm das Gouvernement dieser Inseln genommen,
                     und die nachfolgenden Gouverneure beginnen von Neuem das alte Spiel der
                     Intriguen und kleinen Kriege, bis endlich 1581 Baber, König von Ternate,
                     die portugiesische Festung einnimmt und der Fremdherrschaft ein Ende macht. Dann
                     folgen einige vergebliche Versuche der Spanier, sich die Molucken zu
                     unterwerfen, bis es endlich im Anfang des 17. Jahrhunderts den Holländern
                     gelingt, die mit den einheimischen Fürsten abgeschlossenen Verträge
                     gegen die Spanier siegreich zu vertheidigen und die Portugiesen auf Timor und
                     Solor einzuschränken. </p>
        <p>Hier ist die Episode des Antonio Galvan besonders lehrreich. Sie zeigt, dass es
                     bei Verfolgung einer humanen Politik und Schonung der Landessitten den
                     Portugiesen hatte leicht werden müssen, ihrer Herrschaft über die
                     Molucken grössere Sicherheit und längere Dauer zu geben, als es
                     wirklich der Fall war. Den Spaniern trat auf den Philippinen allerdings nie eine
                     so geschlossene Macht gegenüber, wie den Portugiesen auf den Molucken im
                     dortigen Fürstenbund, so dass es ihnen leichter werden musste, die
                     einzelnen gänzlich von einander unabhängigen Clan&#x2019;s von Luzon
                     und den Visaya&#x2019;s sich zu unterwerfen. Aber die Geschichtsbücher des
                     Landes bewahren uns mehrere Fälle von Empörungen auf, welche zeigen,
                     dass durch die allgemeine Sehnsucht nach Befreiung
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0075] Ein ganz anderes Bild liefert uns die Geschichte der Eroberung der Molucken durch die Portugiesen. Trotzdem sie 1511 unter Antonio de Abreu und Francisco Serrano die freundlichste Aufnahme in Amboina und Celebes finden, und sie aus den zwischen Tidor und Ternate angestifteten Kriegen als Sieger hervorgehen, folgen sich ununterbrochen Empörungen der einheimischen Fürsten und Streitigkeiten dieser oder selbst der Portugiesen untereinander. 1531 sehen sie sich sogar gänzlich auf ihre Festung in Ternate beschränkt, die durch das Heer der verbündeten Könige der Molucken durch Jahre hindurch belagert wird. Antonio Galvan befreit seine Landsleute, schlägt die Fürsten in Tidore, und schliesst mit ihnen Frieden. Ihm gelingt es bald durch freundliche Behandlung der Eingebornen und Schonung der angestammten Fürsten, die er vorher hat seine Macht fühlen lassen, sich eine solche Popularität zu erwerben, dass ihm bald nachher die Krone sämmtlicher Molucken angeboten wird. Nun wird ihm das Gouvernement dieser Inseln genommen, und die nachfolgenden Gouverneure beginnen von Neuem das alte Spiel der Intriguen und kleinen Kriege, bis endlich 1581 Baber, König von Ternate, die portugiesische Festung einnimmt und der Fremdherrschaft ein Ende macht. Dann folgen einige vergebliche Versuche der Spanier, sich die Molucken zu unterwerfen, bis es endlich im Anfang des 17. Jahrhunderts den Holländern gelingt, die mit den einheimischen Fürsten abgeschlossenen Verträge gegen die Spanier siegreich zu vertheidigen und die Portugiesen auf Timor und Solor einzuschränken. Hier ist die Episode des Antonio Galvan besonders lehrreich. Sie zeigt, dass es bei Verfolgung einer humanen Politik und Schonung der Landessitten den Portugiesen hatte leicht werden müssen, ihrer Herrschaft über die Molucken grössere Sicherheit und längere Dauer zu geben, als es wirklich der Fall war. Den Spaniern trat auf den Philippinen allerdings nie eine so geschlossene Macht gegenüber, wie den Portugiesen auf den Molucken im dortigen Fürstenbund, so dass es ihnen leichter werden musste, die einzelnen gänzlich von einander unabhängigen Clan’s von Luzon und den Visaya’s sich zu unterwerfen. Aber die Geschichtsbücher des Landes bewahren uns mehrere Fälle von Empörungen auf, welche zeigen, dass durch die allgemeine Sehnsucht nach Befreiung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

gutenberg.org: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in HTML. (2012-11-06T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus gutenberg.org entsprechen muss.
gutenberg.org: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-06T13:54:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von HTML nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-06T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Die Transkription enspricht den DTA-Richtlinien.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/75
Zitationshilfe: Semper, Karl: Die Philippinen und ihre Bewohner. Sechs Skizzen. Würzburg, 1869, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/semper_philippinen_1869/75>, abgerufen am 17.05.2024.