Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

erzähle Dir dieses nur als noch einen neuen Beweis,
wie man gegen unsere Nation gestimmt ist. Diese
Stimmung ist ziemlich allgemein, und die Oestreicher
scheinen sich keine sonderliche Mühe zu geben, sie
zu ändern.

Morgen will ich über Padua am Adria hinab wan¬
deln und mich so viel als möglich dem Meere nahe
halten, bis ich hinunter an den Absatz des Stiefels
komme und mich an den Aetna hinüber bugsieren
lassen kann. Die Sache ist nicht ganz leicht. Denn
unter Ankona bey Loretto endigt die Poststrasse; und
durch Abbruzzo und Kalabrien mag es nicht gar weg¬
sam und wirthlich seyn: sed non sine dis animosus
infans
. Ich weiss, dass mich Deine freundschaftlichen
Wünsche begleiten, so wie Du überzeugt seyn wirst,
dass meine Seele oft bey meinen Freunden und also
auch bey Dir ist.



Neun Tage war ich in Venedig herumgelaufen. Die
Nacht war ich angekommen, die Nacht fuhr ich mit
der Korriere wieder ab. Die Gesellschaft war ziem¬
lich zahlreich, und wir waren wie im trojanischen
Pferde zusammen geschichtet. Das Wetter war nicht
sehr günstig; wir fuhren also von Venedig nach Padua
von acht Uhr des Abends bis den andern Mittag. Der
Weg an der Brenta herauf soll sehr angenehm seyn;
aber das Wasser hatte bekanntlich die Strassen durch
ganz Oberitalien so fürchterlich zugerichtet, dass es

erzähle Dir dieses nur als noch einen neuen Beweis,
wie man gegen unsere Nation gestimmt ist. Diese
Stimmung ist ziemlich allgemein, und die Oestreicher
scheinen sich keine sonderliche Mühe zu geben, sie
zu ändern.

Morgen will ich über Padua am Adria hinab wan¬
deln und mich so viel als möglich dem Meere nahe
halten, bis ich hinunter an den Absatz des Stiefels
komme und mich an den Aetna hinüber bugsieren
lassen kann. Die Sache ist nicht ganz leicht. Denn
unter Ankona bey Loretto endigt die Poststraſse; und
durch Abbruzzo und Kalabrien mag es nicht gar weg¬
sam und wirthlich seyn: sed non sine dis animosus
infans
. Ich weiſs, daſs mich Deine freundschaftlichen
Wünsche begleiten, so wie Du überzeugt seyn wirst,
daſs meine Seele oft bey meinen Freunden und also
auch bey Dir ist.



Neun Tage war ich in Venedig herumgelaufen. Die
Nacht war ich angekommen, die Nacht fuhr ich mit
der Korriere wieder ab. Die Gesellschaft war ziem¬
lich zahlreich, und wir waren wie im trojanischen
Pferde zusammen geschichtet. Das Wetter war nicht
sehr günstig; wir fuhren also von Venedig nach Padua
von acht Uhr des Abends bis den andern Mittag. Der
Weg an der Brenta herauf soll sehr angenehm seyn;
aber das Wasser hatte bekanntlich die Straſsen durch
ganz Oberitalien so fürchterlich zugerichtet, daſs es

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0130" n="104"/>
erzähle Dir dieses nur als noch einen neuen Beweis,<lb/>
wie man gegen unsere Nation gestimmt ist. Diese<lb/>
Stimmung ist ziemlich allgemein, und die Oestreicher<lb/>
scheinen sich keine sonderliche Mühe zu geben, sie<lb/>
zu ändern.</p><lb/>
        <p>Morgen will ich über Padua am Adria hinab wan¬<lb/>
deln und mich so viel als möglich dem Meere nahe<lb/>
halten, bis ich hinunter an den Absatz des Stiefels<lb/>
komme und mich an den Aetna hinüber bugsieren<lb/>
lassen kann. Die Sache ist nicht ganz leicht. Denn<lb/>
unter Ankona bey Loretto endigt die Poststra&#x017F;se; und<lb/>
durch Abbruzzo und Kalabrien mag es nicht gar weg¬<lb/>
sam und wirthlich seyn: <hi rendition="#i">sed non sine dis animosus<lb/>
infans</hi>. Ich wei&#x017F;s, da&#x017F;s mich Deine freundschaftlichen<lb/>
Wünsche begleiten, so wie Du überzeugt seyn wirst,<lb/>
da&#x017F;s meine Seele oft bey meinen Freunden und also<lb/>
auch bey Dir ist.</p><lb/>
      </div>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div>
        <dateline> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Bologna</hi>.</hi> </dateline><lb/>
        <p><hi rendition="#in">N</hi>eun Tage war ich in Venedig herumgelaufen. Die<lb/>
Nacht war ich angekommen, die Nacht fuhr ich mit<lb/>
der Korriere wieder ab. Die Gesellschaft war ziem¬<lb/>
lich zahlreich, und wir waren wie im trojanischen<lb/>
Pferde zusammen geschichtet. Das Wetter war nicht<lb/>
sehr günstig; wir fuhren also von Venedig nach Padua<lb/>
von acht Uhr des Abends bis den andern Mittag. Der<lb/>
Weg an der Brenta herauf soll sehr angenehm seyn;<lb/>
aber das Wasser hatte bekanntlich die Stra&#x017F;sen durch<lb/>
ganz Oberitalien so fürchterlich zugerichtet, da&#x017F;s es<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0130] erzähle Dir dieses nur als noch einen neuen Beweis, wie man gegen unsere Nation gestimmt ist. Diese Stimmung ist ziemlich allgemein, und die Oestreicher scheinen sich keine sonderliche Mühe zu geben, sie zu ändern. Morgen will ich über Padua am Adria hinab wan¬ deln und mich so viel als möglich dem Meere nahe halten, bis ich hinunter an den Absatz des Stiefels komme und mich an den Aetna hinüber bugsieren lassen kann. Die Sache ist nicht ganz leicht. Denn unter Ankona bey Loretto endigt die Poststraſse; und durch Abbruzzo und Kalabrien mag es nicht gar weg¬ sam und wirthlich seyn: sed non sine dis animosus infans. Ich weiſs, daſs mich Deine freundschaftlichen Wünsche begleiten, so wie Du überzeugt seyn wirst, daſs meine Seele oft bey meinen Freunden und also auch bey Dir ist. Bologna. Neun Tage war ich in Venedig herumgelaufen. Die Nacht war ich angekommen, die Nacht fuhr ich mit der Korriere wieder ab. Die Gesellschaft war ziem¬ lich zahlreich, und wir waren wie im trojanischen Pferde zusammen geschichtet. Das Wetter war nicht sehr günstig; wir fuhren also von Venedig nach Padua von acht Uhr des Abends bis den andern Mittag. Der Weg an der Brenta herauf soll sehr angenehm seyn; aber das Wasser hatte bekanntlich die Straſsen durch ganz Oberitalien so fürchterlich zugerichtet, daſs es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/130
Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/130>, abgerufen am 27.11.2024.