Leute lauter Oel assen, wollte sich der Kapitän mit dem Essen für mich nicht befassen; ich hatte also auf acht Tage Wein, Orangen, Brot, Wurst und Schinken für mich auf das Schiff bringen lassen. Den ganzen Tag ging der Wind ziemlich stark und gut; aber ge¬ gen Abend legte er sich und die See ward hohl. Doch hatten wir uns gegen Morgen, also in allem sechs und dreyssig Stunden, in den Hafen von Palermo hinein geleyert. Das war eine ziemlich gute Fahrt. Auf der Höhe hatten wir immer die Kanonen scharf geladen und ungefähr vierzig grosse Musketons fertig, um gegen die Korsaren zu schlagen, wenn einer kom¬ men sollte. Denn Du musst wissen, der Unfug ist jetzt so gross, und die neapolitanische Marine ist jetzt so schlecht, dass sie zuweilen bis vor Kapri und sogar bis vor die Stadt kommen, um zu sehen, ob sie etwa Geschäfte machen können; wie sich die Spielkaper in den deutschen Bädern ausdrücken. Dass ist nun frey¬ lich eine Schande für die Regierung; aber die Regie¬ rung hat dergleichen Schandflecke mehr.
Wir kamen hier ich weiss nicht zu welchem Fe¬ ste an, wo in der Stadt so viel geschossen wurde, dass ich die Garnison wenigstens für zehen tausend Mann stark hielt. Aber ich habe nachher die Methode des Feuerns gesehen. Sie gehört zur Frömmigkeit und ist drollig genug. Man hat eine ungeheure Menge klei¬ ner Mörser, die man in der Reihe nach einander ge¬ laden hinstellt; absatzweise stehen etwas grössere, die wie Artillerie donnern. Sie sind alle so gestellt, dass, wenn am Flügel angezündet wird, das Feuer regelmäs¬ sig schnell die ganze Front hinunter greift und am
Leute lauter Oel aſsen, wollte sich der Kapitän mit dem Essen für mich nicht befassen; ich hatte also auf acht Tage Wein, Orangen, Brot, Wurst und Schinken für mich auf das Schiff bringen lassen. Den ganzen Tag ging der Wind ziemlich stark und gut; aber ge¬ gen Abend legte er sich und die See ward hohl. Doch hatten wir uns gegen Morgen, also in allem sechs und dreyſsig Stunden, in den Hafen von Palermo hinein geleyert. Das war eine ziemlich gute Fahrt. Auf der Höhe hatten wir immer die Kanonen scharf geladen und ungefähr vierzig groſse Musketons fertig, um gegen die Korsaren zu schlagen, wenn einer kom¬ men sollte. Denn Du muſst wissen, der Unfug ist jetzt so groſs, und die neapolitanische Marine ist jetzt so schlecht, daſs sie zuweilen bis vor Kapri und sogar bis vor die Stadt kommen, um zu sehen, ob sie etwa Geschäfte machen können; wie sich die Spielkaper in den deutschen Bädern ausdrücken. Daſs ist nun frey¬ lich eine Schande für die Regierung; aber die Regie¬ rung hat dergleichen Schandflecke mehr.
Wir kamen hier ich weiſs nicht zu welchem Fe¬ ste an, wo in der Stadt so viel geschossen wurde, daſs ich die Garnison wenigstens für zehen tausend Mann stark hielt. Aber ich habe nachher die Methode des Feuerns gesehen. Sie gehört zur Frömmigkeit und ist drollig genug. Man hat eine ungeheure Menge klei¬ ner Mörser, die man in der Reihe nach einander ge¬ laden hinstellt; absatzweise stehen etwas gröſsere, die wie Artillerie donnern. Sie sind alle so gestellt, daſs, wenn am Flügel angezündet wird, das Feuer regelmäs¬ sig schnell die ganze Front hinunter greift und am
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0226"n="200"/>
Leute lauter Oel aſsen, wollte sich der Kapitän mit<lb/>
dem Essen für mich nicht befassen; ich hatte also auf<lb/>
acht Tage Wein, Orangen, Brot, Wurst und Schinken<lb/>
für mich auf das Schiff bringen lassen. Den ganzen<lb/>
Tag ging der Wind ziemlich stark und gut; aber ge¬<lb/>
gen Abend legte er sich und die See ward hohl. Doch<lb/>
hatten wir uns gegen Morgen, also in allem sechs<lb/>
und dreyſsig Stunden, in den Hafen von Palermo<lb/>
hinein geleyert. Das war eine ziemlich gute Fahrt.<lb/>
Auf der Höhe hatten wir immer die Kanonen scharf<lb/>
geladen und ungefähr vierzig groſse Musketons fertig,<lb/>
um gegen die Korsaren zu schlagen, wenn einer kom¬<lb/>
men sollte. Denn Du muſst wissen, der Unfug ist<lb/>
jetzt so groſs, und die neapolitanische Marine ist jetzt<lb/>
so schlecht, daſs sie zuweilen bis vor Kapri und sogar<lb/>
bis vor die Stadt kommen, um zu sehen, ob sie etwa<lb/>
Geschäfte machen können; wie sich die Spielkaper in<lb/>
den deutschen Bädern ausdrücken. Daſs ist nun frey¬<lb/>
lich eine Schande für die Regierung; aber die Regie¬<lb/>
rung hat dergleichen Schandflecke mehr.</p><lb/><p>Wir kamen hier ich weiſs nicht zu welchem Fe¬<lb/>
ste an, wo in der Stadt so viel geschossen wurde, daſs<lb/>
ich die Garnison wenigstens für zehen tausend Mann<lb/>
stark hielt. Aber ich habe nachher die Methode des<lb/>
Feuerns gesehen. Sie gehört zur Frömmigkeit und ist<lb/>
drollig genug. Man hat eine ungeheure Menge klei¬<lb/>
ner Mörser, die man in der Reihe nach einander ge¬<lb/>
laden hinstellt; absatzweise stehen etwas gröſsere, die<lb/>
wie Artillerie donnern. Sie sind alle so gestellt, daſs,<lb/>
wenn am Flügel angezündet wird, das Feuer regelmäs¬<lb/>
sig schnell die ganze Front hinunter greift und am<lb/></p></div></body></text></TEI>
[200/0226]
Leute lauter Oel aſsen, wollte sich der Kapitän mit
dem Essen für mich nicht befassen; ich hatte also auf
acht Tage Wein, Orangen, Brot, Wurst und Schinken
für mich auf das Schiff bringen lassen. Den ganzen
Tag ging der Wind ziemlich stark und gut; aber ge¬
gen Abend legte er sich und die See ward hohl. Doch
hatten wir uns gegen Morgen, also in allem sechs
und dreyſsig Stunden, in den Hafen von Palermo
hinein geleyert. Das war eine ziemlich gute Fahrt.
Auf der Höhe hatten wir immer die Kanonen scharf
geladen und ungefähr vierzig groſse Musketons fertig,
um gegen die Korsaren zu schlagen, wenn einer kom¬
men sollte. Denn Du muſst wissen, der Unfug ist
jetzt so groſs, und die neapolitanische Marine ist jetzt
so schlecht, daſs sie zuweilen bis vor Kapri und sogar
bis vor die Stadt kommen, um zu sehen, ob sie etwa
Geschäfte machen können; wie sich die Spielkaper in
den deutschen Bädern ausdrücken. Daſs ist nun frey¬
lich eine Schande für die Regierung; aber die Regie¬
rung hat dergleichen Schandflecke mehr.
Wir kamen hier ich weiſs nicht zu welchem Fe¬
ste an, wo in der Stadt so viel geschossen wurde, daſs
ich die Garnison wenigstens für zehen tausend Mann
stark hielt. Aber ich habe nachher die Methode des
Feuerns gesehen. Sie gehört zur Frömmigkeit und ist
drollig genug. Man hat eine ungeheure Menge klei¬
ner Mörser, die man in der Reihe nach einander ge¬
laden hinstellt; absatzweise stehen etwas gröſsere, die
wie Artillerie donnern. Sie sind alle so gestellt, daſs,
wenn am Flügel angezündet wird, das Feuer regelmäs¬
sig schnell die ganze Front hinunter greift und am
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/226>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.