Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

genden, geben reichlich, wenn man fleissig ist. Sici¬
lien ist ein Land des Fleisses, der Arbeit und der Aus¬
dauer. Man will jetzt aber nur da bauen, wo man
fast nicht nöthig hat zu arbeiten. Es sind freylich
wenig grosse Striche hier, die so schwelgerisch frucht¬
bar wären wie das Kampanerthal: aber es könnte viel
schönes Paradies geschaffen werden.

Der Hafen ist fast leer, und ist vielleicht einer
der schönsten auf dem Erdboden. Wenn man ein
Fort auf Plemmyrium und eines auf Ortygia hat, so
kann keine Felucke heraus und hinein. Jetzt kreuzen
die Korsaren bis vor die Kanonen. Als im vorigen
Kriege die Franzosen Miene machten sich der Insel zu
bemächtigen, war hier schon alles entschlossen sich
recht tapfer zu ergeben. Man erzählte mir eine Anek¬
dote, die mir unglaublich vorkam, aber sie wurde
verschieden im Publikum hier und da wiederholt.
Der Gouverneur, um ja durchaus ausser Stande zu
seyn schnell zu handeln, lässt alle Kaliber der Kugeln
durch einander werfen und die Munition in Unord¬
nung bringen. Die Franzosen nahmen ihren Weg
nach Aegypten und es war weder Gefecht noch Erge¬
ben nöthig; die Excellenz zog sich durch ein sanftes
seliges Ende aus allem Verdruss. Wenn die Franzosen
ihren Vortheil besser verstanden, anstatt an den Nil
zu gehen vorher die Insel anzugreifen; mit zehn tau¬
send Mann hätten sie dieselbe mit ihrer gewönlichen
Energie genommen und mit gehöriger Klugheit auch
behauptet. Freylich wären dazu andere Maassregeln
nöthig gewesen, als ihre Generale und Kommissäre zur
Schande der Nation und ihrer Sache hier und da er¬

genden, geben reichlich, wenn man fleiſsig ist. Sici¬
lien ist ein Land des Fleiſses, der Arbeit und der Aus¬
dauer. Man will jetzt aber nur da bauen, wo man
fast nicht nöthig hat zu arbeiten. Es sind freylich
wenig groſse Striche hier, die so schwelgerisch frucht¬
bar wären wie das Kampanerthal: aber es könnte viel
schönes Paradies geschaffen werden.

Der Hafen ist fast leer, und ist vielleicht einer
der schönsten auf dem Erdboden. Wenn man ein
Fort auf Plemmyrium und eines auf Ortygia hat, so
kann keine Felucke heraus und hinein. Jetzt kreuzen
die Korsaren bis vor die Kanonen. Als im vorigen
Kriege die Franzosen Miene machten sich der Insel zu
bemächtigen, war hier schon alles entschlossen sich
recht tapfer zu ergeben. Man erzählte mir eine Anek¬
dote, die mir unglaublich vorkam, aber sie wurde
verschieden im Publikum hier und da wiederholt.
Der Gouverneur, um ja durchaus auſser Stande zu
seyn schnell zu handeln, läſst alle Kaliber der Kugeln
durch einander werfen und die Munition in Unord¬
nung bringen. Die Franzosen nahmen ihren Weg
nach Aegypten und es war weder Gefecht noch Erge¬
ben nöthig; die Excellenz zog sich durch ein sanftes
seliges Ende aus allem Verdruſs. Wenn die Franzosen
ihren Vortheil besser verstanden, anstatt an den Nil
zu gehen vorher die Insel anzugreifen; mit zehn tau¬
send Mann hätten sie dieselbe mit ihrer gewönlichen
Energie genommen und mit gehöriger Klugheit auch
behauptet. Freylich wären dazu andere Maaſsregeln
nöthig gewesen, als ihre Generale und Kommissäre zur
Schande der Nation und ihrer Sache hier und da er¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0291" n="265"/>
genden, geben reichlich, wenn man flei&#x017F;sig ist. Sici¬<lb/>
lien ist ein Land des Flei&#x017F;ses, der Arbeit und der Aus¬<lb/>
dauer. Man will jetzt aber nur da bauen, wo man<lb/>
fast nicht nöthig hat zu arbeiten. Es sind freylich<lb/>
wenig gro&#x017F;se Striche hier, die so schwelgerisch frucht¬<lb/>
bar wären wie das Kampanerthal: aber es könnte viel<lb/>
schönes Paradies geschaffen werden.</p><lb/>
        <p>Der Hafen ist fast leer, und ist vielleicht einer<lb/>
der schönsten auf dem Erdboden. Wenn man ein<lb/>
Fort auf Plemmyrium und eines auf Ortygia hat, so<lb/>
kann keine Felucke heraus und hinein. Jetzt kreuzen<lb/>
die Korsaren bis vor die Kanonen. Als im vorigen<lb/>
Kriege die Franzosen Miene machten sich der Insel zu<lb/>
bemächtigen, war hier schon alles entschlossen sich<lb/>
recht tapfer zu ergeben. Man erzählte mir eine Anek¬<lb/>
dote, die mir unglaublich vorkam, aber sie wurde<lb/>
verschieden im Publikum hier und da wiederholt.<lb/>
Der Gouverneur, um ja durchaus au&#x017F;ser Stande zu<lb/>
seyn schnell zu handeln, lä&#x017F;st alle Kaliber der Kugeln<lb/>
durch einander werfen und die Munition in Unord¬<lb/>
nung bringen. Die Franzosen nahmen ihren Weg<lb/>
nach Aegypten und es war weder Gefecht noch Erge¬<lb/>
ben nöthig; die Excellenz zog sich durch ein sanftes<lb/>
seliges Ende aus allem Verdru&#x017F;s. Wenn die Franzosen<lb/>
ihren Vortheil besser verstanden, anstatt an den Nil<lb/>
zu gehen vorher die Insel anzugreifen; mit zehn tau¬<lb/>
send Mann hätten sie dieselbe mit ihrer gewönlichen<lb/>
Energie genommen und mit gehöriger Klugheit auch<lb/>
behauptet. Freylich wären dazu andere Maa&#x017F;sregeln<lb/>
nöthig gewesen, als ihre Generale und Kommissäre zur<lb/>
Schande der Nation und ihrer Sache hier und da er¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[265/0291] genden, geben reichlich, wenn man fleiſsig ist. Sici¬ lien ist ein Land des Fleiſses, der Arbeit und der Aus¬ dauer. Man will jetzt aber nur da bauen, wo man fast nicht nöthig hat zu arbeiten. Es sind freylich wenig groſse Striche hier, die so schwelgerisch frucht¬ bar wären wie das Kampanerthal: aber es könnte viel schönes Paradies geschaffen werden. Der Hafen ist fast leer, und ist vielleicht einer der schönsten auf dem Erdboden. Wenn man ein Fort auf Plemmyrium und eines auf Ortygia hat, so kann keine Felucke heraus und hinein. Jetzt kreuzen die Korsaren bis vor die Kanonen. Als im vorigen Kriege die Franzosen Miene machten sich der Insel zu bemächtigen, war hier schon alles entschlossen sich recht tapfer zu ergeben. Man erzählte mir eine Anek¬ dote, die mir unglaublich vorkam, aber sie wurde verschieden im Publikum hier und da wiederholt. Der Gouverneur, um ja durchaus auſser Stande zu seyn schnell zu handeln, läſst alle Kaliber der Kugeln durch einander werfen und die Munition in Unord¬ nung bringen. Die Franzosen nahmen ihren Weg nach Aegypten und es war weder Gefecht noch Erge¬ ben nöthig; die Excellenz zog sich durch ein sanftes seliges Ende aus allem Verdruſs. Wenn die Franzosen ihren Vortheil besser verstanden, anstatt an den Nil zu gehen vorher die Insel anzugreifen; mit zehn tau¬ send Mann hätten sie dieselbe mit ihrer gewönlichen Energie genommen und mit gehöriger Klugheit auch behauptet. Freylich wären dazu andere Maaſsregeln nöthig gewesen, als ihre Generale und Kommissäre zur Schande der Nation und ihrer Sache hier und da er¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/291
Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/291>, abgerufen am 22.11.2024.