freundliche Miene, als bis ich seinen Kindern von meinem schönen Brote aus Syrakus gab; dann holte er mir mein Lieblingsgericht, getrocknete Oliven. In der Gegend des Simäthus war das Wasser ziemlizh gross, das man auf die Felder umher auf den Reis leitete. Mein Maulesel, den ich nordischer Reiter wohl nicht recht geschickt lenken mochte, fiel in eine morastige Lache des Flusses, und bekam meine halbe Personalität unter sich. Mein linker Fuss, der wegen einer alten Kontusion nicht viel vertragen kann, wur¬ de gequetscht und etwas verrenkt und ich kam lahm hier an. Sehr leicht hätte ich eines sehr unidyllischen schmutzigen Todes in dem Schlamme des Simäthus sterben können: doch zürne ich desswegen dem Flusse nicht: denn er ist doch der einzige Fluss, der diesen Namen auf der Insel verdient, und durchaus der grösste, wenn gleich einige den Salzfluss bey Alikata oder gar den Himera bey Termini grösser machen. Der Simäthus ist ein eigentlicher Fluss, und die an¬ dern sind nur Waldströme, die sich freylich zuweilen mit vieler Gewalt von den Gebirgen herabwälzen mö¬ gen, wie ich schon selbst die Erfahrung gemacht habe. Das dauert aber gewöhnlich nur einige Tage; dann kann man wieder zu Fuss durch ihr Bette gehen. Nicht weit diesseit des Simäthus, über den hier eine ziemlich gute Fähre geht, führte mich mein unkundi¬ ger Eseltreiber in Büsche und Moräste hinein, dass weder ich, noch er, noch der Esel weiter wussten. Mein Schmutz und mein Schmerz am Fusse hatten mich etwas grämlich gemacht, so dass ich im Aerger dem Jungen mit der Ruthe einige Schläge über das
freundliche Miene, als bis ich seinen Kindern von meinem schönen Brote aus Syrakus gab; dann holte er mir mein Lieblingsgericht, getrocknete Oliven. In der Gegend des Simäthus war das Wasser ziemlizh groſs, das man auf die Felder umher auf den Reis leitete. Mein Maulesel, den ich nordischer Reiter wohl nicht recht geschickt lenken mochte, fiel in eine morastige Lache des Flusses, und bekam meine halbe Personalität unter sich. Mein linker Fuſs, der wegen einer alten Kontusion nicht viel vertragen kann, wur¬ de gequetscht und etwas verrenkt und ich kam lahm hier an. Sehr leicht hätte ich eines sehr unidyllischen schmutzigen Todes in dem Schlamme des Simäthus sterben können: doch zürne ich deſswegen dem Flusse nicht: denn er ist doch der einzige Fluſs, der diesen Namen auf der Insel verdient, und durchaus der gröſste, wenn gleich einige den Salzfluſs bey Alikata oder gar den Himera bey Termini gröſser machen. Der Simäthus ist ein eigentlicher Fluſs, und die an¬ dern sind nur Waldströme, die sich freylich zuweilen mit vieler Gewalt von den Gebirgen herabwälzen mö¬ gen, wie ich schon selbst die Erfahrung gemacht habe. Das dauert aber gewöhnlich nur einige Tage; dann kann man wieder zu Fuſs durch ihr Bette gehen. Nicht weit diesseit des Simäthus, über den hier eine ziemlich gute Fähre geht, führte mich mein unkundi¬ ger Eseltreiber in Büsche und Moräste hinein, daſs weder ich, noch er, noch der Esel weiter wuſsten. Mein Schmutz und mein Schmerz am Fuſse hatten mich etwas grämlich gemacht, so daſs ich im Aerger dem Jungen mit der Ruthe einige Schläge über das
<TEI><text><body><div><p><pbfacs="#f0295"n="269"/>
freundliche Miene, als bis ich seinen Kindern von<lb/>
meinem schönen Brote aus Syrakus gab; dann holte<lb/>
er mir mein Lieblingsgericht, getrocknete Oliven. In<lb/>
der Gegend des Simäthus war das Wasser ziemlizh<lb/>
groſs, das man auf die Felder umher auf den Reis<lb/>
leitete. Mein Maulesel, den ich nordischer Reiter<lb/>
wohl nicht recht geschickt lenken mochte, fiel in eine<lb/>
morastige Lache des Flusses, und bekam meine halbe<lb/>
Personalität unter sich. Mein linker Fuſs, der wegen<lb/>
einer alten Kontusion nicht viel vertragen kann, wur¬<lb/>
de gequetscht und etwas verrenkt und ich kam lahm<lb/>
hier an. Sehr leicht hätte ich eines sehr unidyllischen<lb/>
schmutzigen Todes in dem Schlamme des Simäthus<lb/>
sterben können: doch zürne ich deſswegen dem Flusse<lb/>
nicht: denn er ist doch der einzige Fluſs, der diesen<lb/>
Namen auf der Insel verdient, und durchaus der<lb/>
gröſste, wenn gleich einige den Salzfluſs bey Alikata<lb/>
oder gar den Himera bey Termini gröſser machen.<lb/>
Der Simäthus ist ein eigentlicher Fluſs, und die an¬<lb/>
dern sind nur Waldströme, die sich freylich zuweilen<lb/>
mit vieler Gewalt von den Gebirgen herabwälzen mö¬<lb/>
gen, wie ich schon selbst die Erfahrung gemacht habe.<lb/>
Das dauert aber gewöhnlich nur einige Tage; dann<lb/>
kann man wieder zu Fuſs durch ihr Bette gehen.<lb/>
Nicht weit diesseit des Simäthus, über den hier eine<lb/>
ziemlich gute Fähre geht, führte mich mein unkundi¬<lb/>
ger Eseltreiber in Büsche und Moräste hinein, daſs<lb/>
weder ich, noch er, noch der Esel weiter wuſsten.<lb/>
Mein Schmutz und mein Schmerz am Fuſse hatten<lb/>
mich etwas grämlich gemacht, so daſs ich im Aerger<lb/>
dem Jungen mit der Ruthe einige Schläge über das<lb/></p></div></body></text></TEI>
[269/0295]
freundliche Miene, als bis ich seinen Kindern von
meinem schönen Brote aus Syrakus gab; dann holte
er mir mein Lieblingsgericht, getrocknete Oliven. In
der Gegend des Simäthus war das Wasser ziemlizh
groſs, das man auf die Felder umher auf den Reis
leitete. Mein Maulesel, den ich nordischer Reiter
wohl nicht recht geschickt lenken mochte, fiel in eine
morastige Lache des Flusses, und bekam meine halbe
Personalität unter sich. Mein linker Fuſs, der wegen
einer alten Kontusion nicht viel vertragen kann, wur¬
de gequetscht und etwas verrenkt und ich kam lahm
hier an. Sehr leicht hätte ich eines sehr unidyllischen
schmutzigen Todes in dem Schlamme des Simäthus
sterben können: doch zürne ich deſswegen dem Flusse
nicht: denn er ist doch der einzige Fluſs, der diesen
Namen auf der Insel verdient, und durchaus der
gröſste, wenn gleich einige den Salzfluſs bey Alikata
oder gar den Himera bey Termini gröſser machen.
Der Simäthus ist ein eigentlicher Fluſs, und die an¬
dern sind nur Waldströme, die sich freylich zuweilen
mit vieler Gewalt von den Gebirgen herabwälzen mö¬
gen, wie ich schon selbst die Erfahrung gemacht habe.
Das dauert aber gewöhnlich nur einige Tage; dann
kann man wieder zu Fuſs durch ihr Bette gehen.
Nicht weit diesseit des Simäthus, über den hier eine
ziemlich gute Fähre geht, führte mich mein unkundi¬
ger Eseltreiber in Büsche und Moräste hinein, daſs
weder ich, noch er, noch der Esel weiter wuſsten.
Mein Schmutz und mein Schmerz am Fuſse hatten
mich etwas grämlich gemacht, so daſs ich im Aerger
dem Jungen mit der Ruthe einige Schläge über das
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/295>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.