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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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Kollet gab. Er fing an jämmerlich zu schreyen; wir
erholten uns beyde und er sagte mir sodann mit vie¬
ler Mauleseltreiberweisheit, das sey sehr unklug von
mir gewesen, dass ich so wenig Geduld gehabt habe;
ich habe zwar von ihm nichts zu fürchten, weil er
ehrlich sey; aber ich sey doch immer in seiner Ge¬
walt. Avis dem Leser, der Junge hatte Recht, und
ich schämte mich meiner Uebereilung; wir versöhn¬
ten uns und ritten philosophisch weiter. Die fernere
Nachbarschaft von Katanien ist, für Katanien, schlecht
genug gebaut; die ganze Gegend des Simäthus könnte
und sollte etwas besser bearbeitet seyn. In der Nähe
der Stadt fängt die Kultur schöner an. Ich liess an
dem Stadtthore den Jungen mit der Bezahlung laufen
und spazierte oder hinkte die Strasse hinab, wendete
mich an die erste Physionomie, die mir gefiel und die
mich auch in den Elephanten sehr gut unterbrachte.
Für den beschädigten Fuss gab mir ein Arzt bey dem
Professor Gambino Muskatennussöl, und es ward so¬
gleich besser, und jetzt marschiere ich schon wieder
ziemlich fest. Das habe ich auch nöthig; denn ich
will auf den Aetna, wo sich mancher schon den Fuss
vertreten hat.

Eben stehe ich von einer ächt klassischen Mahl¬
zeit auf, mein Freund; und ich glaube fast, es wäre
die beste in meinem Leben gewesen, wenn nur eini¬
ge Freunde wie Du aus dem Vaterlande mit mir ge¬
wesen wären. Aber mein Tischgeselle war ein hie¬
siger Geistlicher, eben die Physionomie, die ich auf
der Strasse zum Führer bekam. Der Mann ist indes¬
sen für einen sicilischen Theologen vernünftig genug,

Kollet gab. Er fing an jämmerlich zu schreyen; wir
erholten uns beyde und er sagte mir sodann mit vie¬
ler Mauleseltreiberweisheit, das sey sehr unklug von
mir gewesen, daſs ich so wenig Geduld gehabt habe;
ich habe zwar von ihm nichts zu fürchten, weil er
ehrlich sey; aber ich sey doch immer in seiner Ge¬
walt. Avis dem Leser, der Junge hatte Recht, und
ich schämte mich meiner Uebereilung; wir versöhn¬
ten uns und ritten philosophisch weiter. Die fernere
Nachbarschaft von Katanien ist, für Katanien, schlecht
genug gebaut; die ganze Gegend des Simäthus könnte
und sollte etwas besser bearbeitet seyn. In der Nähe
der Stadt fängt die Kultur ſchöner an. Ich lieſs an
dem Stadtthore den Jungen mit der Bezahlung laufen
und spazierte oder hinkte die Straſse hinab, wendete
mich an die erste Physionomie, die mir gefiel und die
mich auch in den Elephanten sehr gut unterbrachte.
Für den beschädigten Fuſs gab mir ein Arzt bey dem
Professor Gambino Muskatennuſsöl, und es ward so¬
gleich besser, und jetzt marschiere ich schon wieder
ziemlich fest. Das habe ich auch nöthig; denn ich
will auf den Aetna, wo sich mancher schon den Fuſs
vertreten hat.

Eben stehe ich von einer ächt klassischen Mahl¬
zeit auf, mein Freund; und ich glaube fast, es wäre
die beste in meinem Leben gewesen, wenn nur eini¬
ge Freunde wie Du aus dem Vaterlande mit mir ge¬
wesen wären. Aber mein Tischgeselle war ein hie¬
siger Geistlicher, eben die Physionomie, die ich auf
der Straſse zum Führer bekam. Der Mann ist indes¬
sen für einen sicilischen Theologen vernünftig genug,

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[270/0296] Kollet gab. Er fing an jämmerlich zu schreyen; wir erholten uns beyde und er sagte mir sodann mit vie¬ ler Mauleseltreiberweisheit, das sey sehr unklug von mir gewesen, daſs ich so wenig Geduld gehabt habe; ich habe zwar von ihm nichts zu fürchten, weil er ehrlich sey; aber ich sey doch immer in seiner Ge¬ walt. Avis dem Leser, der Junge hatte Recht, und ich schämte mich meiner Uebereilung; wir versöhn¬ ten uns und ritten philosophisch weiter. Die fernere Nachbarschaft von Katanien ist, für Katanien, schlecht genug gebaut; die ganze Gegend des Simäthus könnte und sollte etwas besser bearbeitet seyn. In der Nähe der Stadt fängt die Kultur ſchöner an. Ich lieſs an dem Stadtthore den Jungen mit der Bezahlung laufen und spazierte oder hinkte die Straſse hinab, wendete mich an die erste Physionomie, die mir gefiel und die mich auch in den Elephanten sehr gut unterbrachte. Für den beschädigten Fuſs gab mir ein Arzt bey dem Professor Gambino Muskatennuſsöl, und es ward so¬ gleich besser, und jetzt marschiere ich schon wieder ziemlich fest. Das habe ich auch nöthig; denn ich will auf den Aetna, wo sich mancher schon den Fuſs vertreten hat. Eben stehe ich von einer ächt klassischen Mahl¬ zeit auf, mein Freund; und ich glaube fast, es wäre die beste in meinem Leben gewesen, wenn nur eini¬ ge Freunde wie Du aus dem Vaterlande mit mir ge¬ wesen wären. Aber mein Tischgeselle war ein hie¬ siger Geistlicher, eben die Physionomie, die ich auf der Straſse zum Führer bekam. Der Mann ist indes¬ sen für einen sicilischen Theologen vernünftig genug,

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/296>, abgerufen am 22.11.2024.