aus und segnete das Volk und es ging selig nach Hause. Die Kathedrale hat in ihrem Bau nichts merk¬ würdiges als die Säulen, die aus dem alten Neptunus¬ tempel am Pharus sind. Der grosse, prächtige Altar war verhängt; er gilt in ganz Sicilien für ein Wun¬ der der Arbeit und des Reichthums. Man machte mir Hoffnung, dass ich ihn würde sehen können, und nahm es ziemlich übel, dass mir die Sache so gleich¬ gültig schien.
Man sagt, die Hafenseite liege desswegen noch so ganz in Trümmern, weil die Regierung sie durchaus eben so schön nach dem alten Plan aufgebaut wissen wolle, und die Bürger sie nur mit dem übrigen gleich, zwey Stock hoch, aufzuführen gesonnen seyen. Mich däucht, das Ganze, ob ich es gleich von sehr un¬ terrichteten Leuten gehört habe, sey doch nur ein Ge¬ rücht: und wenn es wahr ist, so zeigt es den guten soliden Verstand der Bürger, und die Unkunde und Marotte der Regierung. Die Statue des jetzigen Kö¬ nigs, Ferdinand des vierten, hat man noch 1792 mit¬ ten unter die Trümmern gesetzt. Wenn hier der gute Herr nicht seinen lethargischen Schnupfen verliert, so kann ihm kein Anticyra helfen. Was die Leute bey der Aufstellung der Statue eben hier mögen gedacht haben, ist mir unbegreiflich, da der König weder eine solche Ehre noch eine solche Verspottung verdient. Die Statue war auf alle Fälle hier das letzte, was man aufstellen sollte. In dem Hafen liegen eben jetzt vier englische Fregatten, und es scheint als ob die Britten über die Insel Wache hielten, so bedenklich mag ih¬ nen die Lage derselben vorkommen. Es sind schöne
aus und segnete das Volk und es ging selig nach Hause. Die Kathedrale hat in ihrem Bau nichts merk¬ würdiges als die Säulen, die aus dem alten Neptunus¬ tempel am Pharus sind. Der groſse, prächtige Altar war verhängt; er gilt in ganz Sicilien für ein Wun¬ der der Arbeit und des Reichthums. Man machte mir Hoffnung, daſs ich ihn würde sehen können, und nahm es ziemlich übel, daſs mir die Sache so gleich¬ gültig schien.
Man sagt, die Hafenseite liege deſswegen noch so ganz in Trümmern, weil die Regierung sie durchaus eben so schön nach dem alten Plan aufgebaut wissen wolle, und die Bürger sie nur mit dem übrigen gleich, zwey Stock hoch, aufzuführen gesonnen seyen. Mich däucht, das Ganze, ob ich es gleich von sehr un¬ terrichteten Leuten gehört habe, sey doch nur ein Ge¬ rücht: und wenn es wahr ist, so zeigt es den guten soliden Verstand der Bürger, und die Unkunde und Marotte der Regierung. Die Statue des jetzigen Kö¬ nigs, Ferdinand des vierten, hat man noch 1792 mit¬ ten unter die Trümmern gesetzt. Wenn hier der gute Herr nicht seinen lethargischen Schnupfen verliert, so kann ihm kein Anticyra helfen. Was die Leute bey der Aufstellung der Statue eben hier mögen gedacht haben, ist mir unbegreiflich, da der König weder eine solche Ehre noch eine solche Verspottung verdient. Die Statue war auf alle Fälle hier das letzte, was man aufstellen sollte. In dem Hafen liegen eben jetzt vier englische Fregatten, und es scheint als ob die Britten über die Insel Wache hielten, so bedenklich mag ih¬ nen die Lage derselben vorkommen. Es sind schöne
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[301/0327]
aus und segnete das Volk und es ging selig nach
Hause. Die Kathedrale hat in ihrem Bau nichts merk¬
würdiges als die Säulen, die aus dem alten Neptunus¬
tempel am Pharus sind. Der groſse, prächtige Altar
war verhängt; er gilt in ganz Sicilien für ein Wun¬
der der Arbeit und des Reichthums. Man machte mir
Hoffnung, daſs ich ihn würde sehen können, und
nahm es ziemlich übel, daſs mir die Sache so gleich¬
gültig schien.
Man sagt, die Hafenseite liege deſswegen noch so
ganz in Trümmern, weil die Regierung sie durchaus
eben so schön nach dem alten Plan aufgebaut wissen
wolle, und die Bürger sie nur mit dem übrigen
gleich, zwey Stock hoch, aufzuführen gesonnen seyen.
Mich däucht, das Ganze, ob ich es gleich von sehr un¬
terrichteten Leuten gehört habe, sey doch nur ein Ge¬
rücht: und wenn es wahr ist, so zeigt es den guten
soliden Verstand der Bürger, und die Unkunde und
Marotte der Regierung. Die Statue des jetzigen Kö¬
nigs, Ferdinand des vierten, hat man noch 1792 mit¬
ten unter die Trümmern gesetzt. Wenn hier der gute
Herr nicht seinen lethargischen Schnupfen verliert, so
kann ihm kein Anticyra helfen. Was die Leute bey
der Aufstellung der Statue eben hier mögen gedacht
haben, ist mir unbegreiflich, da der König weder eine
solche Ehre noch eine solche Verspottung verdient.
Die Statue war auf alle Fälle hier das letzte, was man
aufstellen sollte. In dem Hafen liegen eben jetzt vier
englische Fregatten, und es scheint als ob die Britten
über die Insel Wache hielten, so bedenklich mag ih¬
nen die Lage derselben vorkommen. Es sind schöne
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/327>, abgerufen am 22.11.2024.
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