logie über ein solches Betragen zu machen, und wir fuhren weiter. Ich hörte, dass mein Fuhrmann vor¬ her sagte: E un signore Inglese: das half aber nichts; der Kriegsmann pflanzte sich ein. Als er Posten ge¬ fasst hatte, wollte er mir durch allerhand Wendungen Rede abgewinnen: seine Grobheit hatte mich aber so verblüfft, dass ich keine Sylbe vorbrachte. Vor der Stadt stieg er aus und ging fort ohne ein Wörtchen Höflichkeit. Das ist noch etwas stärker als die Imper¬ tinenz der deutschen Militäre hier und da gegen die sogenannten Philister, die doch auch zuweilen syste¬ matisch ungezogen genug ist. Als ich gegen Abend in der Stadt spazieren ging, redete mich ein Zweyter an: Sie sind ein Engländer? -- Nein. -- Aber ein Rus¬ se? -- Nein. -- Doch ein Pole? -- Auch nicht. -- Was sind sie denn für ein Landsmann? -- Ich bin ein Deutscher. -- Thut nichts; Sie sind ein Fremder und erlauben mir, dass ich Sie etwas begleite. -- Sehr gern; es wird m[ - 1 Zeichen fehlt] angenehm seyn. Ich sah mich um, als ob ich etwas suchte. Er fragte mich, ob ich in ein Kaffeehaus gehen wollte. Wenn man Eis dort hat; war meine Antwort. Das war zu haben: er führte mich und ich ass tüchtig, in der Vorausse¬ tzung ich würde für mich und ihn tüchtig bezahlen müssen. Das pflegte so manchmal der Fall zu seyn. Aber als ich bezahlen wollte, sagte die Wirthin, es sey alles schon berichtigt. Das war ein schöner Ge¬ gensatz zu der Ungezogenheit vor zwey Stunden. Er begleitete mich noch in verschiedene Parthien der Stadt, besonders hinauf zu den Kapuzinern, wo man eine der schönsten Aussichten über den ganzen Meer¬
logie über ein solches Betragen zu machen, und wir fuhren weiter. Ich hörte, daſs mein Fuhrmann vor¬ her sagte: E un signore Inglese: das half aber nichts; der Kriegsmann pflanzte sich ein. Als er Posten ge¬ faſst hatte, wollte er mir durch allerhand Wendungen Rede abgewinnen: seine Grobheit hatte mich aber so verblüfft, daſs ich keine Sylbe vorbrachte. Vor der Stadt stieg er aus und ging fort ohne ein Wörtchen Höflichkeit. Das ist noch etwas stärker als die Imper¬ tinenz der deutschen Militäre hier und da gegen die sogenannten Philister, die doch auch zuweilen syste¬ matisch ungezogen genug ist. Als ich gegen Abend in der Stadt spazieren ging, redete mich ein Zweyter an: Sie sind ein Engländer? — Nein. — Aber ein Rus¬ se? — Nein. — Doch ein Pole? — Auch nicht. — Was sind sie denn für ein Landsmann? — Ich bin ein Deutscher. — Thut nichts; Sie sind ein Fremder und erlauben mir, daſs ich Sie etwas begleite. — Sehr gern; es wird m[ – 1 Zeichen fehlt] angenehm seyn. Ich sah mich um, als ob ich etwas suchte. Er fragte mich, ob ich in ein Kaffeehaus gehen wollte. Wenn man Eis dort hat; war meine Antwort. Das war zu haben: er führte mich und ich aſs tüchtig, in der Vorausse¬ tzung ich würde für mich und ihn tüchtig bezahlen müssen. Das pflegte so manchmal der Fall zu seyn. Aber als ich bezahlen wollte, sagte die Wirthin, es sey alles schon berichtigt. Das war ein schöner Ge¬ gensatz zu der Ungezogenheit vor zwey Stunden. Er begleitete mich noch in verschiedene Parthien der Stadt, besonders hinauf zu den Kapuzinern, wo man eine der schönsten Aussichten über den ganzen Meer¬
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logie über ein solches Betragen zu machen, und wir
fuhren weiter. Ich hörte, daſs mein Fuhrmann vor¬
her sagte: E un signore Inglese: das half aber nichts;
der Kriegsmann pflanzte sich ein. Als er Posten ge¬
faſst hatte, wollte er mir durch allerhand Wendungen
Rede abgewinnen: seine Grobheit hatte mich aber so
verblüfft, daſs ich keine Sylbe vorbrachte. Vor der
Stadt stieg er aus und ging fort ohne ein Wörtchen
Höflichkeit. Das ist noch etwas stärker als die Imper¬
tinenz der deutschen Militäre hier und da gegen die
sogenannten Philister, die doch auch zuweilen syste¬
matisch ungezogen genug ist. Als ich gegen Abend in
der Stadt spazieren ging, redete mich ein Zweyter an:
Sie sind ein Engländer? — Nein. — Aber ein Rus¬
se? — Nein. — Doch ein Pole? — Auch nicht. —
Was sind sie denn für ein Landsmann? — Ich bin
ein Deutscher. — Thut nichts; Sie sind ein Fremder
und erlauben mir, daſs ich Sie etwas begleite. —
Sehr gern; es wird m_ angenehm seyn. Ich sah
mich um, als ob ich etwas suchte. Er fragte mich,
ob ich in ein Kaffeehaus gehen wollte. Wenn man
Eis dort hat; war meine Antwort. Das war zu haben:
er führte mich und ich aſs tüchtig, in der Vorausse¬
tzung ich würde für mich und ihn tüchtig bezahlen
müssen. Das pflegte so manchmal der Fall zu seyn.
Aber als ich bezahlen wollte, sagte die Wirthin, es
sey alles schon berichtigt. Das war ein schöner Ge¬
gensatz zu der Ungezogenheit vor zwey Stunden. Er
begleitete mich noch in verschiedene Parthien der
Stadt, besonders hinauf zu den Kapuzinern, wo man
eine der schönsten Aussichten über den ganzen Meer¬
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/376>, abgerufen am 22.11.2024.
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