Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.Die Gemäldesammlung oben ist verhältnissmässig Die Gemäldesammlung oben ist verhältniſsmäſsig <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0479" n="451 "/> <p>Die Gemäldesammlung oben ist verhältniſsmäſsig<lb/> noch reicher und kostbarer als der Antikensaal unten:<lb/> ber die Ordnung und Aufstellung ist vielleicht noch<lb/> ehlerhafter. Wenig Stücke, ausgenommen der groſse<lb/> Vordersaal, haben ein gutes Licht. Die Madonna von<lb/> Foligno war bey Madonna Bonaparte, und die Trans¬<lb/> figuration war verschlossen unter den Händen der Re¬<lb/> stauratoren: ich habe sie also nicht gesehen. Dafür<lb/> war ich glücklich den Saal der Zeichnungen offen zu<lb/> treffen. Wie sehr bedauerte ich, daſs Schnorr nicht<lb/> mehr hier war: er wäre hier in seinem eigentlichen<lb/> Element gewesen. Das Wichtigste darunter ist doch<lb/> wohl auf alle Fälle die völlig ausgearbeitete Skizze Ra¬<lb/> phaels von seiner Schule, mich däucht, fast so groſs<lb/> wie das Gemälde selbst. Er hat bekanntlich nachher<lb/> im Vatikan in der Arbeit einige wenige Veränderun¬<lb/> gen gemacht. Ich genoſs und lieſs die Andern gelehrt<lb/> vergleichen; nahm hier wieder den Sokrates und<lb/> Diogenes und Archimedes. Im nehmlichen Saale sah<lb/> ich auch die Vasen und einige Tische. Die bekannte<lb/> Mengsische Vase mit der doppelten griechischen Auf¬<lb/> schrift zeichnet sich auch durch Schönheit vor den<lb/> meisten übrigen aus. Daſs die eine Inschrift Δεπας<lb/> heiſst, ist die höchste Wahrscheinlichkeit: aber die<lb/> Entzifferung der andern beruht wohl nur auf Konjek¬<lb/> tur des Gegenstandes; denn man könnte aus den Zü¬<lb/> gen eben so gut Κοϱαϰας als Πεπαυσο machen. Die<lb/> Vermuthung ist indessen sinnreich, wenn sie auch<lb/> nicht richtig seyn sollte. Vielleicht giebt irgend eine<lb/> Stelle eines alten Schriftstellers einigen Aufschluſs<lb/> darüber.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [451 /0479]
Die Gemäldesammlung oben ist verhältniſsmäſsig
noch reicher und kostbarer als der Antikensaal unten:
ber die Ordnung und Aufstellung ist vielleicht noch
ehlerhafter. Wenig Stücke, ausgenommen der groſse
Vordersaal, haben ein gutes Licht. Die Madonna von
Foligno war bey Madonna Bonaparte, und die Trans¬
figuration war verschlossen unter den Händen der Re¬
stauratoren: ich habe sie also nicht gesehen. Dafür
war ich glücklich den Saal der Zeichnungen offen zu
treffen. Wie sehr bedauerte ich, daſs Schnorr nicht
mehr hier war: er wäre hier in seinem eigentlichen
Element gewesen. Das Wichtigste darunter ist doch
wohl auf alle Fälle die völlig ausgearbeitete Skizze Ra¬
phaels von seiner Schule, mich däucht, fast so groſs
wie das Gemälde selbst. Er hat bekanntlich nachher
im Vatikan in der Arbeit einige wenige Veränderun¬
gen gemacht. Ich genoſs und lieſs die Andern gelehrt
vergleichen; nahm hier wieder den Sokrates und
Diogenes und Archimedes. Im nehmlichen Saale sah
ich auch die Vasen und einige Tische. Die bekannte
Mengsische Vase mit der doppelten griechischen Auf¬
schrift zeichnet sich auch durch Schönheit vor den
meisten übrigen aus. Daſs die eine Inschrift Δεπας
heiſst, ist die höchste Wahrscheinlichkeit: aber die
Entzifferung der andern beruht wohl nur auf Konjek¬
tur des Gegenstandes; denn man könnte aus den Zü¬
gen eben so gut Κοϱαϰας als Πεπαυσο machen. Die
Vermuthung ist indessen sinnreich, wenn sie auch
nicht richtig seyn sollte. Vielleicht giebt irgend eine
Stelle eines alten Schriftstellers einigen Aufschluſs
darüber.
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