haben. Seinen Namen habe ich geflissentlich ver¬ gessen, erinnere mich aber noch so viel, dass er, nicht zur Ehre unserer Nation, ein Deutscher, obgleich Prä¬ sident der italiänischen Kanzley war. Ist das der Vor¬ schmack von Italien? dachte ich; das fängt erbau¬ lich an.
Von hier ging ich mit dem Passe hinüber in die Kanzleystube, wo ausgefertigt wurde; und hier war der Revers des Stücks, ein ganz anderer Ton. Ich wurde so viel Euer Gnohden gescholten, dass meine Bescheidenheit weder ein noch aus wusste, und erhielt sogleich einen grossen Realbogen voll Latein in ziem¬ lich gutem Stil, worin ich allen Ober- und Unteroffi¬ zianten des Kaisers im Namen des Kaisers gar nach¬ drücklich empfohlen wurde. Wenn es nur der Präsi¬ dent etwas höflicher gemacht hätte; es hätte mit der nehmlichen oder weit weniger Mühe für ihn und mich angenehmer werden können. Auf dem neuen Passe stand gratis und man foderte mir zwey Gulden ab, die ich auch, trotz der sonderbaren Hermenevtik des Wörtchens, sehr gern sogleich zahlte und froh war, dass ich dem Uebermass der Grobheit und Höflichkeit zugleich entging.
Schottwien.
Nun nahm ich von meinen alten und neuen Bekann¬ ten in der Kaiserstadt Abschied, packte meine Sieben¬ sachen zusammen und wandelte mit meinem neuen kaiserlichen Dokument Tages darauf fröhlichen Muthes
haben. Seinen Namen habe ich geflissentlich ver¬ gessen, erinnere mich aber noch so viel, daſs er, nicht zur Ehre unserer Nation, ein Deutscher, obgleich Prä¬ sident der italiänischen Kanzley war. Ist das der Vor¬ schmack von Italien? dachte ich; das fängt erbau¬ lich an.
Von hier ging ich mit dem Passe hinüber in die Kanzleystube, wo ausgefertigt wurde; und hier war der Revers des Stücks, ein ganz anderer Ton. Ich wurde so viel Euer Gnohden gescholten, daſs meine Bescheidenheit weder ein noch aus wuſste, und erhielt sogleich einen groſsen Realbogen voll Latein in ziem¬ lich gutem Stil, worin ich allen Ober- und Unteroffi¬ zianten des Kaisers im Namen des Kaisers gar nach¬ drücklich empfohlen wurde. Wenn es nur der Präsi¬ dent etwas höflicher gemacht hätte; es hätte mit der nehmlichen oder weit weniger Mühe für ihn und mich angenehmer werden können. Auf dem neuen Passe stand gratis und man foderte mir zwey Gulden ab, die ich auch, trotz der sonderbaren Hermenevtik des Wörtchens, sehr gern sogleich zahlte und froh war, daſs ich dem Uebermaſs der Grobheit und Höflichkeit zugleich entging.
Schottwien.
Nun nahm ich von meinen alten und neuen Bekann¬ ten in der Kaiserstadt Abschied, packte meine Sieben¬ sachen zusammen und wandelte mit meinem neuen kaiserlichen Dokument Tages darauf fröhlichen Muthes
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haben. Seinen Namen habe ich geflissentlich ver¬
gessen, erinnere mich aber noch so viel, daſs er, nicht
zur Ehre unserer Nation, ein Deutscher, obgleich Prä¬
sident der italiänischen Kanzley war. Ist das der Vor¬
schmack von Italien? dachte ich; das fängt erbau¬
lich an.
Von hier ging ich mit dem Passe hinüber in die
Kanzleystube, wo ausgefertigt wurde; und hier war
der Revers des Stücks, ein ganz anderer Ton. Ich
wurde so viel Euer Gnohden gescholten, daſs meine
Bescheidenheit weder ein noch aus wuſste, und erhielt
sogleich einen groſsen Realbogen voll Latein in ziem¬
lich gutem Stil, worin ich allen Ober- und Unteroffi¬
zianten des Kaisers im Namen des Kaisers gar nach¬
drücklich empfohlen wurde. Wenn es nur der Präsi¬
dent etwas höflicher gemacht hätte; es hätte mit der
nehmlichen oder weit weniger Mühe für ihn und mich
angenehmer werden können. Auf dem neuen Passe
stand gratis und man foderte mir zwey Gulden ab,
die ich auch, trotz der sonderbaren Hermenevtik des
Wörtchens, sehr gern sogleich zahlte und froh war,
daſs ich dem Uebermaſs der Grobheit und Höflichkeit
zugleich entging.
Schottwien.
Nun nahm ich von meinen alten und neuen Bekann¬
ten in der Kaiserstadt Abschied, packte meine Sieben¬
sachen zusammen und wandelte mit meinem neuen
kaiserlichen Dokument Tages darauf fröhlichen Muthes
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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/69>, abgerufen am 21.11.2024.
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