Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679.Von der Natur. gelter Drachen/ die allhier ihr Winter-Lagerhielten. Ob nun schon hierüber er zum höch- sten bestürtzt worden/ jedoch aber/ weil kein ent- fliehen statt hatte/ muste er Göttlicher Ver- hängnis erwarten; und diß Orts/ vom 6. No- ve[m]bris/ biß den 10. Aprilis des hinnach ge- folgten Jahrs/ und also über fünff Monat ver- harren. Binnen welcher Zeit ihme von den Drachen kein ferner Leyd/ oder Gefahr be- gegnet/ und zugefügt worden/ als daß sie jeder- weilen mit ihren Schweiffen seinen Hals und Leib umschlungen haben/ doch ohne Schaden. Wie er nun sahe/ daß diese Drachen täglich/ die von Salpeter/ weis angeflogene Felß-Wänd ableckten/ that er aus Mangel alles Menschli- chen Unterhalts/ dergleichen/ wordurch dann eine so lange Zeit über/ er bey Leben/ und etwas Kräfften sich erhalten. Bey annahendem Frühling/ und eintrettenden AEquinoctio, mach- ten die Drachen aus der Höle sich hervor/ biß zum Ausgang; und als sie die Wärme der Lufft empfanden/ schwunge der eine sich in die Höhe und flohe davon. Als nun der andere seinem Gesellen nachfolgen wolte/ und nun sich zu schwingen begunte; ermunterte sich dieser Mann/ ergrieff aus Verzweifflung anderwärti- ger Erlösung/ des Drachen-Schwantz/ und ward hierdurch aus dieser Krufft gehoben und auf das ebne Land gebracht/ da er dann den Drachen anließ/ und Wege suchte/ denselben auch S s iiij
Von der Natur. gelter Drachen/ die allhier ihr Winter-Lagerhielten. Ob nun ſchon hierüber er zum höch- ſten beſtürtzt worden/ jedoch aber/ weil kein ent- fliehen ſtatt hatte/ muſte er Göttlicher Ver- hängnis erwarten; und diß Orts/ vom 6. No- ve[m]bris/ biß den 10. Aprilis des hinnach ge- folgten Jahrs/ und alſo über fünff Monat ver- harren. Binnen welcher Zeit ihme von den Drachen kein ferner Leyd/ oder Gefahr be- gegnet/ und zugefügt worden/ als daß ſie jeder- weilen mit ihren Schweiffen ſeinen Hals und Leib umſchlungen haben/ doch ohne Schaden. Wie er nun ſahe/ daß dieſe Drachen täglich/ die von Salpeter/ weis angeflogene Felß-Wänd ableckten/ that er aus Mangel alles Menſchli- chen Unterhalts/ dergleichen/ wordurch dann eine ſo lange Zeit über/ er bey Leben/ und etwas Kräfften ſich erhalten. Bey annahendem Frühling/ und eintrettenden Æquinoctio, mach- ten die Drachen aus der Höle ſich hervor/ biß zum Ausgang; und als ſie die Wärme der Lufft empfanden/ ſchwunge der eine ſich in die Höhe und flohe davon. Als nun der andere ſeinem Geſellen nachfolgen wolte/ und nun ſich zu ſchwingen begunte; ermunterte ſich dieſer Mann/ ergrieff aus Verzweifflung anderwärti- ger Erlöſung/ des Drachen-Schwantz/ und ward hierdurch aus dieſer Krufft gehoben und auf das ebne Land gebracht/ da er dann den Drachen anließ/ und Wege ſuchte/ denſelben auch S ſ iiij
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Von der Natur.
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hielten. Ob nun ſchon hierüber er zum höch-
ſten beſtürtzt worden/ jedoch aber/ weil kein ent-
fliehen ſtatt hatte/ muſte er Göttlicher Ver-
hängnis erwarten; und diß Orts/ vom 6. No-
vembris/ biß den 10. Aprilis des hinnach ge-
folgten Jahrs/ und alſo über fünff Monat ver-
harren. Binnen welcher Zeit ihme von den
Drachen kein ferner Leyd/ oder Gefahr be-
gegnet/ und zugefügt worden/ als daß ſie jeder-
weilen mit ihren Schweiffen ſeinen Hals und
Leib umſchlungen haben/ doch ohne Schaden.
Wie er nun ſahe/ daß dieſe Drachen täglich/ die
von Salpeter/ weis angeflogene Felß-Wänd
ableckten/ that er aus Mangel alles Menſchli-
chen Unterhalts/ dergleichen/ wordurch dann
eine ſo lange Zeit über/ er bey Leben/ und etwas
Kräfften ſich erhalten. Bey annahendem
Frühling/ und eintrettenden Æquinoctio, mach-
ten die Drachen aus der Höle ſich hervor/ biß
zum Ausgang; und als ſie die Wärme der
Lufft empfanden/ ſchwunge der eine ſich in die
Höhe und flohe davon. Als nun der andere
ſeinem Geſellen nachfolgen wolte/ und nun ſich
zu ſchwingen begunte; ermunterte ſich dieſer
Mann/ ergrieff aus Verzweifflung anderwärti-
ger Erlöſung/ des Drachen-Schwantz/ und
ward hierdurch aus dieſer Krufft gehoben und
auf das ebne Land gebracht/ da er dann den
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