Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

Familie: Cyprinoidei.
isolirt einnimmt, theils von da sich an dem Unterrande bis gegen die Mitte
der Afterflosse hinzieht. Es ist mir bisher an den verschiedenen colorirten
Abbildungen der Blicca Björkna, welche ich habe vergleichen können, diese
schwarze Färbung der vorderen Spitze der Afterflosse nicht aufgefallen, nur
auf der Abbildung, welche Baldner für sein Manuscript hat besorgen lassen,
ist jener schwarze Fleck an der Afterflosse zu erkennen, und ich möchte fast
vermuthen, dass der Name "Mackel", womit am Rhein und Main der Halb-
brachsen bezeichnet wird, sich auf diesen schwarzen Flossenfleck desselben
bezieht. Zuweilen verbreitet sich die rothe Färbung der paarigen Flossen so
stark über die ganze Fläche der Flossen aus, dass diese fast ganz roth er-
scheinen.

Sehr charakteristisch zeichnen sich die Schlundknochen des Halbbrach-
sen aus; dieselben besitzen einen um vieles gedrungeneren Knochenbau als
die der übrigen Abramiden; ihr vorderer Fortsatz ist kurz und an der äusse-

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 17.


Schlundknochen
(nach Heckel und Kner).

ren Seite dem vordersten unthätigen Zahne
gegenüber stark angeschwollen. Ich kann
hier die Bemerkung nicht unterdrücken,
dass mir Halbbrachsen vorgekommen sind,
welche auf den Schlundknochen nicht 2
sondern 3 kleine Zähne vor der Hauptzahn-
reihe trugen, so dass also die Zahnformel:
3.5--5.3, welche Heckel der Gattung
Blicca mit 2.5--5.2 Zähnen gegenüber für
die Gattung Bliccopsis festgestellt hat,
sich nicht als zuverlässig erweist.

Der Halbbrachsen, welcher im Juni an seichten, mit Wasserpflanzen be-
wachsenen Stellen in grossen Gesellschaften beisammen sein Laichgeschäft
verrichtet, ist ein in allen Flussgebieten Mitteleuropa's sehr verbreiteter
gemeiner Fisch, er bewohnt sowohl Flüsse wie Seen und findet sich da-
her ausser in der Donau und in deren Nebenflüssen auch in den verschie-
denen Seen Südbayerns mit Ausnahme der eigentlichen Alpenseen nicht sel-
ten vor. Auch im Rhein und Main wird derselbe häufig gefangen. Ueber das
Vorkommen des Halbbrachsen im Bodensee schweigen alle Faunisten. Hart-
mann
(a. a. O. pag, 234) sagt sogar ausdrücklich, dass Blicca Björkna im Bo-
densee fehle, da ich mich aber selbst bei meinem Aufenthalte in Constanz
von dem Vorhandensein dieses Fisches im Bodensee überzeugt habe, so ver-
muthe ich, dass man bisher unter dem Namen "Blicken" auch die Halbbrach-
sen des Bodensees als junge Brachsen mit inbegriffen hat, und ich nehme da-
her keinen Anstand, den von Mangolt (Nr. 33: pag. 21) abgebildeten "Blick",
der ein junger Brachsen sein soll, für Blicca Björkna zu erklären.

Die Fortpflanzungsfähigkeit stellt sich bei den Halbbrachsen ziemlich

Familie: Cyprinoidei.
isolirt einnimmt, theils von da sich an dem Unterrande bis gegen die Mitte
der Afterflosse hinzieht. Es ist mir bisher an den verschiedenen colorirten
Abbildungen der Blicca Björkna, welche ich habe vergleichen können, diese
schwarze Färbung der vorderen Spitze der Afterflosse nicht aufgefallen, nur
auf der Abbildung, welche Baldner für sein Manuscript hat besorgen lassen,
ist jener schwarze Fleck an der Afterflosse zu erkennen, und ich möchte fast
vermuthen, dass der Name »Mackel«, womit am Rhein und Main der Halb-
brachsen bezeichnet wird, sich auf diesen schwarzen Flossenfleck desselben
bezieht. Zuweilen verbreitet sich die rothe Färbung der paarigen Flossen so
stark über die ganze Fläche der Flossen aus, dass diese fast ganz roth er-
scheinen.

Sehr charakteristisch zeichnen sich die Schlundknochen des Halbbrach-
sen aus; dieselben besitzen einen um vieles gedrungeneren Knochenbau als
die der übrigen Abramiden; ihr vorderer Fortsatz ist kurz und an der äusse-

[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 17.


Schlundknochen
(nach Heckel und Kner).

ren Seite dem vordersten unthätigen Zahne
gegenüber stark angeschwollen. Ich kann
hier die Bemerkung nicht unterdrücken,
dass mir Halbbrachsen vorgekommen sind,
welche auf den Schlundknochen nicht 2
sondern 3 kleine Zähne vor der Hauptzahn-
reihe trugen, so dass also die Zahnformel:
3.5—5.3, welche Heckel der Gattung
Blicca mit 2.5—5.2 Zähnen gegenüber für
die Gattung Bliccopsis festgestellt hat,
sich nicht als zuverlässig erweist.

Der Halbbrachsen, welcher im Juni an seichten, mit Wasserpflanzen be-
wachsenen Stellen in grossen Gesellschaften beisammen sein Laichgeschäft
verrichtet, ist ein in allen Flussgebieten Mitteleuropa’s sehr verbreiteter
gemeiner Fisch, er bewohnt sowohl Flüsse wie Seen und findet sich da-
her ausser in der Donau und in deren Nebenflüssen auch in den verschie-
denen Seen Südbayerns mit Ausnahme der eigentlichen Alpenseen nicht sel-
ten vor. Auch im Rhein und Main wird derselbe häufig gefangen. Ueber das
Vorkommen des Halbbrachsen im Bodensee schweigen alle Faunisten. Hart-
mann
(a. a. O. pag, 234) sagt sogar ausdrücklich, dass Blicca Björkna im Bo-
densee fehle, da ich mich aber selbst bei meinem Aufenthalte in Constanz
von dem Vorhandensein dieses Fisches im Bodensee überzeugt habe, so ver-
muthe ich, dass man bisher unter dem Namen »Blicken« auch die Halbbrach-
sen des Bodensees als junge Brachsen mit inbegriffen hat, und ich nehme da-
her keinen Anstand, den von Mangolt (Nr. 33: pag. 21) abgebildeten »Blick«,
der ein junger Brachsen sein soll, für Blicca Björkna zu erklären.

Die Fortpflanzungsfähigkeit stellt sich bei den Halbbrachsen ziemlich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0153" n="140"/><fw place="top" type="header">Familie: Cyprinoidei.</fw><lb/>
isolirt einnimmt, theils von da sich an dem Unterrande bis gegen die Mitte<lb/>
der Afterflosse hinzieht. Es ist mir bisher an den verschiedenen colorirten<lb/>
Abbildungen der <hi rendition="#i">Blicca Björkna</hi>, welche ich habe vergleichen können, diese<lb/>
schwarze Färbung der vorderen Spitze der Afterflosse nicht aufgefallen, nur<lb/>
auf der Abbildung, welche <hi rendition="#k">Baldner</hi> für sein Manuscript hat besorgen lassen,<lb/>
ist jener schwarze Fleck an der Afterflosse zu erkennen, und ich möchte fast<lb/>
vermuthen, dass der Name »Mackel«, womit am Rhein und Main der Halb-<lb/>
brachsen bezeichnet wird, sich auf diesen schwarzen Flossenfleck desselben<lb/>
bezieht. Zuweilen verbreitet sich die rothe Färbung der paarigen Flossen so<lb/>
stark über die ganze Fläche der Flossen aus, dass diese fast ganz roth er-<lb/>
scheinen.</p><lb/>
                <p>Sehr charakteristisch zeichnen sich die Schlundknochen des Halbbrach-<lb/>
sen aus; dieselben besitzen einen um vieles gedrungeneren Knochenbau als<lb/>
die der übrigen <hi rendition="#i">Abramiden;</hi> ihr vorderer Fortsatz ist kurz und an der äusse-<lb/><figure/> <figure><head>Fig. 17.</head><p><lb/>
Schlundknochen<lb/>
(nach <hi rendition="#k">Heckel</hi> und <hi rendition="#k">Kner</hi>).</p></figure><lb/>
ren Seite dem vordersten unthätigen Zahne<lb/>
gegenüber stark angeschwollen. Ich kann<lb/>
hier die Bemerkung nicht unterdrücken,<lb/>
dass mir Halbbrachsen vorgekommen sind,<lb/>
welche auf den Schlundknochen nicht 2<lb/>
sondern 3 kleine Zähne vor der Hauptzahn-<lb/>
reihe trugen, so dass also die Zahnformel:<lb/>
3.5&#x2014;5.3, welche <hi rendition="#k">Heckel</hi> der Gattung<lb/><hi rendition="#i">Blicca</hi> mit 2.5&#x2014;5.2 Zähnen gegenüber für<lb/>
die Gattung <hi rendition="#i">Bliccopsis</hi> festgestellt hat,<lb/>
sich nicht als zuverlässig erweist.</p><lb/>
                <p>Der Halbbrachsen, welcher im Juni an seichten, mit Wasserpflanzen be-<lb/>
wachsenen Stellen in grossen Gesellschaften beisammen sein Laichgeschäft<lb/>
verrichtet, ist ein in allen Flussgebieten Mitteleuropa&#x2019;s sehr verbreiteter<lb/>
gemeiner Fisch, er bewohnt sowohl Flüsse wie Seen und findet sich da-<lb/>
her ausser in der Donau und in deren Nebenflüssen auch in den verschie-<lb/>
denen Seen Südbayerns mit Ausnahme der eigentlichen Alpenseen nicht sel-<lb/>
ten vor. Auch im Rhein und Main wird derselbe häufig gefangen. Ueber das<lb/>
Vorkommen des Halbbrachsen im Bodensee schweigen alle Faunisten. <hi rendition="#k">Hart-<lb/>
mann</hi> (a. a. O. pag, 234) sagt sogar ausdrücklich, dass <hi rendition="#i">Blicca Björkna</hi> im Bo-<lb/>
densee fehle, da ich mich aber selbst bei meinem Aufenthalte in Constanz<lb/>
von dem Vorhandensein dieses Fisches im Bodensee überzeugt habe, so ver-<lb/>
muthe ich, dass man bisher unter dem Namen »Blicken« auch die Halbbrach-<lb/>
sen des Bodensees als junge Brachsen mit inbegriffen hat, und ich nehme da-<lb/>
her keinen Anstand, den von <hi rendition="#k">Mangolt</hi> (Nr. 33: pag. 21) abgebildeten »Blick«,<lb/>
der ein junger Brachsen sein soll, für <hi rendition="#i">Blicca Björkna</hi> zu erklären.</p><lb/>
                <p>Die Fortpflanzungsfähigkeit stellt sich bei den Halbbrachsen ziemlich<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0153] Familie: Cyprinoidei. isolirt einnimmt, theils von da sich an dem Unterrande bis gegen die Mitte der Afterflosse hinzieht. Es ist mir bisher an den verschiedenen colorirten Abbildungen der Blicca Björkna, welche ich habe vergleichen können, diese schwarze Färbung der vorderen Spitze der Afterflosse nicht aufgefallen, nur auf der Abbildung, welche Baldner für sein Manuscript hat besorgen lassen, ist jener schwarze Fleck an der Afterflosse zu erkennen, und ich möchte fast vermuthen, dass der Name »Mackel«, womit am Rhein und Main der Halb- brachsen bezeichnet wird, sich auf diesen schwarzen Flossenfleck desselben bezieht. Zuweilen verbreitet sich die rothe Färbung der paarigen Flossen so stark über die ganze Fläche der Flossen aus, dass diese fast ganz roth er- scheinen. Sehr charakteristisch zeichnen sich die Schlundknochen des Halbbrach- sen aus; dieselben besitzen einen um vieles gedrungeneren Knochenbau als die der übrigen Abramiden; ihr vorderer Fortsatz ist kurz und an der äusse- [Abbildung] [Abbildung Fig. 17. Schlundknochen (nach Heckel und Kner).] ren Seite dem vordersten unthätigen Zahne gegenüber stark angeschwollen. Ich kann hier die Bemerkung nicht unterdrücken, dass mir Halbbrachsen vorgekommen sind, welche auf den Schlundknochen nicht 2 sondern 3 kleine Zähne vor der Hauptzahn- reihe trugen, so dass also die Zahnformel: 3.5—5.3, welche Heckel der Gattung Blicca mit 2.5—5.2 Zähnen gegenüber für die Gattung Bliccopsis festgestellt hat, sich nicht als zuverlässig erweist. Der Halbbrachsen, welcher im Juni an seichten, mit Wasserpflanzen be- wachsenen Stellen in grossen Gesellschaften beisammen sein Laichgeschäft verrichtet, ist ein in allen Flussgebieten Mitteleuropa’s sehr verbreiteter gemeiner Fisch, er bewohnt sowohl Flüsse wie Seen und findet sich da- her ausser in der Donau und in deren Nebenflüssen auch in den verschie- denen Seen Südbayerns mit Ausnahme der eigentlichen Alpenseen nicht sel- ten vor. Auch im Rhein und Main wird derselbe häufig gefangen. Ueber das Vorkommen des Halbbrachsen im Bodensee schweigen alle Faunisten. Hart- mann (a. a. O. pag, 234) sagt sogar ausdrücklich, dass Blicca Björkna im Bo- densee fehle, da ich mich aber selbst bei meinem Aufenthalte in Constanz von dem Vorhandensein dieses Fisches im Bodensee überzeugt habe, so ver- muthe ich, dass man bisher unter dem Namen »Blicken« auch die Halbbrach- sen des Bodensees als junge Brachsen mit inbegriffen hat, und ich nehme da- her keinen Anstand, den von Mangolt (Nr. 33: pag. 21) abgebildeten »Blick«, der ein junger Brachsen sein soll, für Blicca Björkna zu erklären. Die Fortpflanzungsfähigkeit stellt sich bei den Halbbrachsen ziemlich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/153
Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/153>, abgerufen am 21.11.2024.