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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Familie: Muraenoidei.
obgleich von ausserordentlicher Kleinheit, nachgewiesen wurden. Durch
Hohnbaum-Hornschuch 1) wurden diese Untersuchungen nicht bloss bestätigt,
sondern noch dadurch zu erweitern versucht, dass derselbe viele Aale auch
als männliche Individuen erkannt haben wollte 2), weil dieselben in jenen
manschettenförmigen Organen statt der Eier kugelförmige, kleine Körnchen
einschliessende Körperchen enthielten, die von ihm für hodenartige Organe
angesehen wurden. Von einem solchen Geschlechtsunterschied hat sich je-
doch weder Schlueser 3) noch Stannius 4) überzeugen können, so dass also
bis jetzt männliche Geschlechtswerkzeuge der Aale mit Bestimmtheit noch
nicht nachgewiesen sind 5). Zwar soll nach Owen's Ansicht der Aal mit Pe-
tromyzon
eine gleiche Organisation der männlichen Geschlechtswerkzeuge
besitzen 6), indessen erinnere ich mich nicht, dass Owen den Versuch ge-
macht hat, die Richtigkeit seiner Ansicht durch einen genaueren Nachweis
der Beschaffenheit der Elementartheile des Aalsperma's zu begründen. Wenn
Schlueser 7) aus seinen Untersuchungen die Vermuthung schöpft, dass die
männlichen Aale entweder ausserordentlich selten sein, oder vielleicht eine
von den weiblichen Aalen ganz verschiedene Gestalt besitzen müssen und
wenn derselbe zuletzt an die Beobachtung Brongniart's 8) erinnert, nach wel-
cher sich unter 1000 Individuen der Limnadia Gigas kein einziges Männchen
vorfand, so sind wir bei der Frage angelangt: ob nicht etwa auch bei dem
Aale eine Parthenogenesis statt finden dürfte? Zur Untersuchung dieser Frage
kann natürlich nicht eher geschritten werden, als nicht vorher mit vollkom-
mener Gewissheit das wirkliche Fehlen der männlichen Geschlechtswerk-
zeuge bei den Aalen nachgewiesen ist. Es lässt sich immer noch annehmen,
dass die samenbereitenden Organe der Aale bisher nur übersehen worden
sind, denn genau betrachtet, hat man bisher nur die unreifen Geschlechts-
werkzeuge der Aale untersucht. Wie schwer aber in früheren Entwicklungs-
zuständen Hoden und Eierstöcke zu unterscheiden sind, da alsdann in beiden

1) S. dessen: Dissertatio de Anguillarum sexu ac generatione. Gryphiae, 1842.
2) Ebenda. pag. 16. Fig. IV.
3) S. dessen Dissertatio: de Petromyzontum et Anguillarum sexu. Dorpati, 1848.
4) S. dessen: Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere. 1854. pag. 269.
5) Da Ekström, welcher bei seinen Untersuchungen zu einem umgekehrten Resultat
gekommen sein will, eine dunkelgelbe, ölartige Feuchtigkeit, womit er im Juni die man-
schettenartigen Organe der Aale überzogen fand, nur nach dem Augenscheine und nicht
nach einer genaueren mikroskopischen Untersuchung für Samenfeuchtigkeit erklärte (s. des-
sen Fische in den Scheeren von Mörkö. 1835. pag. 150), so ist auf Ekström's Angabe, dass
er bis jetzt nur männliche Aale unter Händen gehabt habe, wohl kaum ein Gewicht zu
legen.
6) S. dessen: Lectures of the comparative anatomy and physiology of the vertebrate
animals. I. Fisches. 1846. pag. 286.
7) A. a. O. pag. 37.
8) S. dessen: "Memoire sur le Limnadia", in den Memoires du Museum d'histoire na-
turelle. Tom. VI. 1820. pag. 89.

Familie: Muraenoidei.
obgleich von ausserordentlicher Kleinheit, nachgewiesen wurden. Durch
Hohnbaum-Hornschuch 1) wurden diese Untersuchungen nicht bloss bestätigt,
sondern noch dadurch zu erweitern versucht, dass derselbe viele Aale auch
als männliche Individuen erkannt haben wollte 2), weil dieselben in jenen
manschettenförmigen Organen statt der Eier kugelförmige, kleine Körnchen
einschliessende Körperchen enthielten, die von ihm für hodenartige Organe
angesehen wurden. Von einem solchen Geschlechtsunterschied hat sich je-
doch weder Schlueser 3) noch Stannius 4) überzeugen können, so dass also
bis jetzt männliche Geschlechtswerkzeuge der Aale mit Bestimmtheit noch
nicht nachgewiesen sind 5). Zwar soll nach Owen’s Ansicht der Aal mit Pe-
tromyzon
eine gleiche Organisation der männlichen Geschlechtswerkzeuge
besitzen 6), indessen erinnere ich mich nicht, dass Owen den Versuch ge-
macht hat, die Richtigkeit seiner Ansicht durch einen genaueren Nachweis
der Beschaffenheit der Elementartheile des Aalsperma’s zu begründen. Wenn
Schlueser 7) aus seinen Untersuchungen die Vermuthung schöpft, dass die
männlichen Aale entweder ausserordentlich selten sein, oder vielleicht eine
von den weiblichen Aalen ganz verschiedene Gestalt besitzen müssen und
wenn derselbe zuletzt an die Beobachtung Brongniart’s 8) erinnert, nach wel-
cher sich unter 1000 Individuen der Limnadia Gigas kein einziges Männchen
vorfand, so sind wir bei der Frage angelangt: ob nicht etwa auch bei dem
Aale eine Parthenogenesis statt finden dürfte? Zur Untersuchung dieser Frage
kann natürlich nicht eher geschritten werden, als nicht vorher mit vollkom-
mener Gewissheit das wirkliche Fehlen der männlichen Geschlechtswerk-
zeuge bei den Aalen nachgewiesen ist. Es lässt sich immer noch annehmen,
dass die samenbereitenden Organe der Aale bisher nur übersehen worden
sind, denn genau betrachtet, hat man bisher nur die unreifen Geschlechts-
werkzeuge der Aale untersucht. Wie schwer aber in früheren Entwicklungs-
zuständen Hoden und Eierstöcke zu unterscheiden sind, da alsdann in beiden

1) S. dessen: Dissertatio de Anguillarum sexu ac generatione. Gryphiae, 1842.
2) Ebenda. pag. 16. Fig. IV.
3) S. dessen Dissertatio: de Petromyzontum et Anguillarum sexu. Dorpati, 1848.
4) S. dessen: Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere. 1854. pag. 269.
5) Da Ekström, welcher bei seinen Untersuchungen zu einem umgekehrten Resultat
gekommen sein will, eine dunkelgelbe, ölartige Feuchtigkeit, womit er im Juni die man-
schettenartigen Organe der Aale überzogen fand, nur nach dem Augenscheine und nicht
nach einer genaueren mikroskopischen Untersuchung für Samenfeuchtigkeit erklärte (s. des-
sen Fische in den Scheeren von Mörkö. 1835. pag. 150), so ist auf Ekström’s Angabe, dass
er bis jetzt nur männliche Aale unter Händen gehabt habe, wohl kaum ein Gewicht zu
legen.
6) S. dessen: Lectures of the comparative anatomy and physiology of the vertebrate
animals. I. Fisches. 1846. pag. 286.
7) A. a. O. pag. 37.
8) S. dessen: »Mémoire sur le Limnadia«, in den Mémoires du Muséum d’histoire na-
turelle. Tom. VI. 1820. pag. 89.
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[350/0363] Familie: Muraenoidei. obgleich von ausserordentlicher Kleinheit, nachgewiesen wurden. Durch Hohnbaum-Hornschuch 1) wurden diese Untersuchungen nicht bloss bestätigt, sondern noch dadurch zu erweitern versucht, dass derselbe viele Aale auch als männliche Individuen erkannt haben wollte 2), weil dieselben in jenen manschettenförmigen Organen statt der Eier kugelförmige, kleine Körnchen einschliessende Körperchen enthielten, die von ihm für hodenartige Organe angesehen wurden. Von einem solchen Geschlechtsunterschied hat sich je- doch weder Schlueser 3) noch Stannius 4) überzeugen können, so dass also bis jetzt männliche Geschlechtswerkzeuge der Aale mit Bestimmtheit noch nicht nachgewiesen sind 5). Zwar soll nach Owen’s Ansicht der Aal mit Pe- tromyzon eine gleiche Organisation der männlichen Geschlechtswerkzeuge besitzen 6), indessen erinnere ich mich nicht, dass Owen den Versuch ge- macht hat, die Richtigkeit seiner Ansicht durch einen genaueren Nachweis der Beschaffenheit der Elementartheile des Aalsperma’s zu begründen. Wenn Schlueser 7) aus seinen Untersuchungen die Vermuthung schöpft, dass die männlichen Aale entweder ausserordentlich selten sein, oder vielleicht eine von den weiblichen Aalen ganz verschiedene Gestalt besitzen müssen und wenn derselbe zuletzt an die Beobachtung Brongniart’s 8) erinnert, nach wel- cher sich unter 1000 Individuen der Limnadia Gigas kein einziges Männchen vorfand, so sind wir bei der Frage angelangt: ob nicht etwa auch bei dem Aale eine Parthenogenesis statt finden dürfte? Zur Untersuchung dieser Frage kann natürlich nicht eher geschritten werden, als nicht vorher mit vollkom- mener Gewissheit das wirkliche Fehlen der männlichen Geschlechtswerk- zeuge bei den Aalen nachgewiesen ist. Es lässt sich immer noch annehmen, dass die samenbereitenden Organe der Aale bisher nur übersehen worden sind, denn genau betrachtet, hat man bisher nur die unreifen Geschlechts- werkzeuge der Aale untersucht. Wie schwer aber in früheren Entwicklungs- zuständen Hoden und Eierstöcke zu unterscheiden sind, da alsdann in beiden 1) S. dessen: Dissertatio de Anguillarum sexu ac generatione. Gryphiae, 1842. 2) Ebenda. pag. 16. Fig. IV. 3) S. dessen Dissertatio: de Petromyzontum et Anguillarum sexu. Dorpati, 1848. 4) S. dessen: Handbuch der Anatomie der Wirbelthiere. 1854. pag. 269. 5) Da Ekström, welcher bei seinen Untersuchungen zu einem umgekehrten Resultat gekommen sein will, eine dunkelgelbe, ölartige Feuchtigkeit, womit er im Juni die man- schettenartigen Organe der Aale überzogen fand, nur nach dem Augenscheine und nicht nach einer genaueren mikroskopischen Untersuchung für Samenfeuchtigkeit erklärte (s. des- sen Fische in den Scheeren von Mörkö. 1835. pag. 150), so ist auf Ekström’s Angabe, dass er bis jetzt nur männliche Aale unter Händen gehabt habe, wohl kaum ein Gewicht zu legen. 6) S. dessen: Lectures of the comparative anatomy and physiology of the vertebrate animals. I. Fisches. 1846. pag. 286. 7) A. a. O. pag. 37. 8) S. dessen: »Mémoire sur le Limnadia«, in den Mémoires du Muséum d’histoire na- turelle. Tom. VI. 1820. pag. 89.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/363>, abgerufen am 25.11.2024.