Das anzunehmende Widerstandsmass muss daher in einer Definition bestehen oder ein absolutes Mass sein, welches man jederzeit und überall reconstruiren kann. Als ein solches würde sich für wissenschaftliche Zwecke vorzugsweise die Weber'sche dynamische Widerstandseinheit eignen, wenn dieselbe in der nöthigen Genauigkeit, die ungefähr die des Vergleiches zweier verschiedener Widerstände sein muss, darstellbar wäre. Da dies aber voraussichtlich nie der Fall sein wird, so eignet sich die Weber'sche Einheit selbst nicht zum allgemeinen Widerstands- masse, wenn es auch selbstverständlich von der grössten Wich- tigkeit ist, dass das Verhältniss der zu wählenden Einheit zur Weber'schen so genau wie möglich bestimmt wird. Da bei der Aufstellung eines allgemeinen Widerstandsmasses die prak- tischen Vorzüge desselben und nicht die wissenschaftliche Har- monie des gesammten Masssystems in erster Linie berück- sichtigt werden müssen, Widerstandsmessungen aber nur in sehr seltenen, streng wissenschaftlichen Fällen mit dynamischen Werthen combinirt, in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle dagegen zu Vergleichen des Widerstandes von Körpern verschiedener Grösse, Gestalt oder Art benutzt werden, so ist ein Widerstandsmass mit körperlicher Grundlage einem dyna- mischen vorzuziehen.
Aus diesen Gründen empfiehlt sich das von mir vorge- schlagene Widerstandsmass, bei welchem der Meter als Mass des Raumes und das Quecksilber als derjenige Leiter, welcher sich unzweifelhaft am besten zum Mass der Leitungsfähigkeit eignet, gegeben sind und welches in völlig ausreichender, bei grosser Sorgfalt fast unbegrenzter Genauigkeit reproducirbar ist.
Eine auf die Sache selbst eingehende Widerlegung dieser Gründe habe ich bisher nicht gefunden. Dagegen machte Herr Dr. Matthiessen im Jahre 1861 den Gegenvorschlag, anstatt Quecksilber eine bestimmte Goldsilber-Legirung dem anzunehmen- den reproducirbaren Widerstandsmasse zu Grunde zu legen, und in demselben Jahre ernannte die British association eine Com- mission, welche über das zweckmässigste Widerstandsmass an die Gesellschaft berichten sollte.
Wer die grossen Schwierigkeiten praktisch kennen gelernt hat, die damit verknüpft sind eine Legirung homogen und von
Das anzunehmende Widerstandsmass muss daher in einer Definition bestehen oder ein absolutes Mass sein, welches man jederzeit und überall reconstruiren kann. Als ein solches würde sich für wissenschaftliche Zwecke vorzugsweise die Weber’sche dynamische Widerstandseinheit eignen, wenn dieselbe in der nöthigen Genauigkeit, die ungefähr die des Vergleiches zweier verschiedener Widerstände sein muss, darstellbar wäre. Da dies aber voraussichtlich nie der Fall sein wird, so eignet sich die Weber’sche Einheit selbst nicht zum allgemeinen Widerstands- masse, wenn es auch selbstverständlich von der grössten Wich- tigkeit ist, dass das Verhältniss der zu wählenden Einheit zur Weber’schen so genau wie möglich bestimmt wird. Da bei der Aufstellung eines allgemeinen Widerstandsmasses die prak- tischen Vorzüge desselben und nicht die wissenschaftliche Har- monie des gesammten Masssystems in erster Linie berück- sichtigt werden müssen, Widerstandsmessungen aber nur in sehr seltenen, streng wissenschaftlichen Fällen mit dynamischen Werthen combinirt, in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle dagegen zu Vergleichen des Widerstandes von Körpern verschiedener Grösse, Gestalt oder Art benutzt werden, so ist ein Widerstandsmass mit körperlicher Grundlage einem dyna- mischen vorzuziehen.
Aus diesen Gründen empfiehlt sich das von mir vorge- schlagene Widerstandsmass, bei welchem der Meter als Mass des Raumes und das Quecksilber als derjenige Leiter, welcher sich unzweifelhaft am besten zum Mass der Leitungsfähigkeit eignet, gegeben sind und welches in völlig ausreichender, bei grosser Sorgfalt fast unbegrenzter Genauigkeit reproducirbar ist.
Eine auf die Sache selbst eingehende Widerlegung dieser Gründe habe ich bisher nicht gefunden. Dagegen machte Herr Dr. Matthiessen im Jahre 1861 den Gegenvorschlag, anstatt Quecksilber eine bestimmte Goldsilber-Legirung dem anzunehmen- den reproducirbaren Widerstandsmasse zu Grunde zu legen, und in demselben Jahre ernannte die British association eine Com- mission, welche über das zweckmässigste Widerstandsmass an die Gesellschaft berichten sollte.
Wer die grossen Schwierigkeiten praktisch kennen gelernt hat, die damit verknüpft sind eine Legirung homogen und von
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0286"n="268"/><p>Das anzunehmende Widerstandsmass muss daher in einer<lb/>
Definition bestehen oder ein absolutes Mass sein, welches man<lb/>
jederzeit und überall reconstruiren kann. Als ein solches würde<lb/>
sich für wissenschaftliche Zwecke vorzugsweise die <hirendition="#g">Weber</hi>’sche<lb/>
dynamische Widerstandseinheit eignen, wenn dieselbe in der<lb/>
nöthigen Genauigkeit, die ungefähr die des Vergleiches zweier<lb/>
verschiedener Widerstände sein muss, darstellbar wäre. Da dies<lb/>
aber voraussichtlich nie der Fall sein wird, so eignet sich die<lb/><hirendition="#g">Weber</hi>’sche Einheit selbst nicht zum allgemeinen Widerstands-<lb/>
masse, wenn es auch selbstverständlich von der grössten Wich-<lb/>
tigkeit ist, dass das Verhältniss der zu wählenden Einheit zur<lb/><hirendition="#g">Weber</hi>’schen so genau wie möglich bestimmt wird. Da bei<lb/>
der Aufstellung eines allgemeinen Widerstandsmasses die prak-<lb/>
tischen Vorzüge desselben und nicht die wissenschaftliche Har-<lb/>
monie des gesammten Masssystems in erster Linie berück-<lb/>
sichtigt werden müssen, Widerstandsmessungen aber nur in sehr<lb/>
seltenen, streng wissenschaftlichen Fällen mit dynamischen<lb/>
Werthen combinirt, in der weit überwiegenden Mehrzahl der<lb/>
Fälle dagegen zu Vergleichen des Widerstandes von Körpern<lb/>
verschiedener Grösse, Gestalt oder Art benutzt werden, so ist<lb/>
ein Widerstandsmass mit körperlicher Grundlage einem dyna-<lb/>
mischen vorzuziehen.</p><lb/><p>Aus diesen Gründen empfiehlt sich das von mir vorge-<lb/>
schlagene Widerstandsmass, bei welchem der Meter als Mass<lb/>
des Raumes und das Quecksilber als derjenige Leiter, welcher<lb/>
sich unzweifelhaft am besten zum Mass der Leitungsfähigkeit<lb/>
eignet, gegeben sind und welches in völlig ausreichender, bei<lb/>
grosser Sorgfalt fast unbegrenzter Genauigkeit reproducirbar ist.</p><lb/><p>Eine auf die Sache selbst eingehende Widerlegung dieser<lb/>
Gründe habe ich bisher nicht gefunden. Dagegen machte Herr<lb/>
Dr. Matthiessen im Jahre 1861 den Gegenvorschlag, anstatt<lb/>
Quecksilber eine bestimmte Goldsilber-Legirung dem anzunehmen-<lb/>
den reproducirbaren Widerstandsmasse zu Grunde zu legen, und<lb/>
in demselben Jahre ernannte die British association eine Com-<lb/>
mission, welche über das zweckmässigste Widerstandsmass an<lb/>
die Gesellschaft berichten sollte.</p><lb/><p>Wer die grossen Schwierigkeiten praktisch kennen gelernt<lb/>
hat, die damit verknüpft sind eine Legirung homogen und von<lb/></p></div></body></text></TEI>
[268/0286]
Das anzunehmende Widerstandsmass muss daher in einer
Definition bestehen oder ein absolutes Mass sein, welches man
jederzeit und überall reconstruiren kann. Als ein solches würde
sich für wissenschaftliche Zwecke vorzugsweise die Weber’sche
dynamische Widerstandseinheit eignen, wenn dieselbe in der
nöthigen Genauigkeit, die ungefähr die des Vergleiches zweier
verschiedener Widerstände sein muss, darstellbar wäre. Da dies
aber voraussichtlich nie der Fall sein wird, so eignet sich die
Weber’sche Einheit selbst nicht zum allgemeinen Widerstands-
masse, wenn es auch selbstverständlich von der grössten Wich-
tigkeit ist, dass das Verhältniss der zu wählenden Einheit zur
Weber’schen so genau wie möglich bestimmt wird. Da bei
der Aufstellung eines allgemeinen Widerstandsmasses die prak-
tischen Vorzüge desselben und nicht die wissenschaftliche Har-
monie des gesammten Masssystems in erster Linie berück-
sichtigt werden müssen, Widerstandsmessungen aber nur in sehr
seltenen, streng wissenschaftlichen Fällen mit dynamischen
Werthen combinirt, in der weit überwiegenden Mehrzahl der
Fälle dagegen zu Vergleichen des Widerstandes von Körpern
verschiedener Grösse, Gestalt oder Art benutzt werden, so ist
ein Widerstandsmass mit körperlicher Grundlage einem dyna-
mischen vorzuziehen.
Aus diesen Gründen empfiehlt sich das von mir vorge-
schlagene Widerstandsmass, bei welchem der Meter als Mass
des Raumes und das Quecksilber als derjenige Leiter, welcher
sich unzweifelhaft am besten zum Mass der Leitungsfähigkeit
eignet, gegeben sind und welches in völlig ausreichender, bei
grosser Sorgfalt fast unbegrenzter Genauigkeit reproducirbar ist.
Eine auf die Sache selbst eingehende Widerlegung dieser
Gründe habe ich bisher nicht gefunden. Dagegen machte Herr
Dr. Matthiessen im Jahre 1861 den Gegenvorschlag, anstatt
Quecksilber eine bestimmte Goldsilber-Legirung dem anzunehmen-
den reproducirbaren Widerstandsmasse zu Grunde zu legen, und
in demselben Jahre ernannte die British association eine Com-
mission, welche über das zweckmässigste Widerstandsmass an
die Gesellschaft berichten sollte.
Wer die grossen Schwierigkeiten praktisch kennen gelernt
hat, die damit verknüpft sind eine Legirung homogen und von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/286>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.