sung gefüllt war. Zu meiner grossen Ueberraschung war aber auch hier keine Zeitdifferenz zwischen der directen Entladungs- marke und der Marke der ersten Partialentladung durch das 100 Fuss lange Flüssigkeitsrohr aufzufinden. Da eine Differenz von 5 Millionstel Secunde noch sicher zu erkennen gewesen wäre, so ist hierdurch constatirt, dass die Fortpflanzungsge- schwindigkeit der Elektricität in Flüssigkeiten über 800 geogr. Meilen per Secunde betragen muss.
Da nun die Leitungsfähigkeit des Kupfers mindestens 200 Millionenmal grösser ist wie die der Zinkvitriollösung, so müsste die Geschwindigkeit der Elektricität im Kupfer mindestens 160,000 Millionen Meilen betragen, wenn die specifische Lei- tungsfähigkeit mit Geschwindigkeit der Elektricität gleichbedeu- tend wäre.
Dass elektrolytische Leiter die Elektricität schneller wie Metalle von gleicher Leitungsfähigkeit leiten sollten, wird kaum angenommen werden können; es war das Gegentheil wahrschein- licher, da angenommen werden muss, dass bei der elektroly- tischen Leitung Molekularbewegungen stattfinden.
Bei den mit längeren Telegraphenleitungen auszuführenden Versuchen sollte nun die Frage entschieden werden, ob der Elektricität wie dem Lichte eine bestimmte messbare Fortpflan- zungsgeschwindigkeit zuzuschreiben ist, oder ob die von ver- schiedenen Beobachtern gemessenen Verzögerungswerthe ganz oder doch zum grossen Theile der Verzögerung der Stromer- scheinung am entfernten Leitungsende durch Flaschenladung des Drahtes zuzuschreiben sind. Zu dem Ende sollten die Versuche kurz nach einander mit möglichst verschiedenen Drahtlängen an- gestellt und jedesmal die Flaschencapacität dieser Drahtlänge gemessen werden.
Die ersten Versuche fanden am 23. Februar dieses Jahres in Köpnick statt, wohin Herr Dr. Frölich, der die nachfol- genden Messungen sowohl hier wie später in Sagan mit ge- wohnter Geschicklichkeit und Sorgfalt ausgeführt hat, schon vor- her mit den Apparaten gegangen war.
Zunächst wurde durch eine Reihe von Versuchen constatirt, dass die Isolation der Leitung bei dem obwaltenden milden Frostwetter ausreichte, um den Entladungsfunken durch die
sung gefüllt war. Zu meiner grossen Ueberraschung war aber auch hier keine Zeitdifferenz zwischen der directen Entladungs- marke und der Marke der ersten Partialentladung durch das 100 Fuss lange Flüssigkeitsrohr aufzufinden. Da eine Differenz von 5 Millionstel Secunde noch sicher zu erkennen gewesen wäre, so ist hierdurch constatirt, dass die Fortpflanzungsge- schwindigkeit der Elektricität in Flüssigkeiten über 800 geogr. Meilen per Secunde betragen muss.
Da nun die Leitungsfähigkeit des Kupfers mindestens 200 Millionenmal grösser ist wie die der Zinkvitriollösung, so müsste die Geschwindigkeit der Elektricität im Kupfer mindestens 160,000 Millionen Meilen betragen, wenn die specifische Lei- tungsfähigkeit mit Geschwindigkeit der Elektricität gleichbedeu- tend wäre.
Dass elektrolytische Leiter die Elektricität schneller wie Metalle von gleicher Leitungsfähigkeit leiten sollten, wird kaum angenommen werden können; es war das Gegentheil wahrschein- licher, da angenommen werden muss, dass bei der elektroly- tischen Leitung Molekularbewegungen stattfinden.
Bei den mit längeren Telegraphenleitungen auszuführenden Versuchen sollte nun die Frage entschieden werden, ob der Elektricität wie dem Lichte eine bestimmte messbare Fortpflan- zungsgeschwindigkeit zuzuschreiben ist, oder ob die von ver- schiedenen Beobachtern gemessenen Verzögerungswerthe ganz oder doch zum grossen Theile der Verzögerung der Stromer- scheinung am entfernten Leitungsende durch Flaschenladung des Drahtes zuzuschreiben sind. Zu dem Ende sollten die Versuche kurz nach einander mit möglichst verschiedenen Drahtlängen an- gestellt und jedesmal die Flaschencapacität dieser Drahtlänge gemessen werden.
Die ersten Versuche fanden am 23. Februar dieses Jahres in Köpnick statt, wohin Herr Dr. Frölich, der die nachfol- genden Messungen sowohl hier wie später in Sagan mit ge- wohnter Geschicklichkeit und Sorgfalt ausgeführt hat, schon vor- her mit den Apparaten gegangen war.
Zunächst wurde durch eine Reihe von Versuchen constatirt, dass die Isolation der Leitung bei dem obwaltenden milden Frostwetter ausreichte, um den Entladungsfunken durch die
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sung gefüllt war. Zu meiner grossen Ueberraschung war aber
auch hier keine Zeitdifferenz zwischen der directen Entladungs-
marke und der Marke der ersten Partialentladung durch das
100 Fuss lange Flüssigkeitsrohr aufzufinden. Da eine Differenz
von 5 Millionstel Secunde noch sicher zu erkennen gewesen
wäre, so ist hierdurch constatirt, dass die Fortpflanzungsge-
schwindigkeit der Elektricität in Flüssigkeiten über 800 geogr.
Meilen per Secunde betragen muss.
Da nun die Leitungsfähigkeit des Kupfers mindestens 200
Millionenmal grösser ist wie die der Zinkvitriollösung, so müsste
die Geschwindigkeit der Elektricität im Kupfer mindestens
160,000 Millionen Meilen betragen, wenn die specifische Lei-
tungsfähigkeit mit Geschwindigkeit der Elektricität gleichbedeu-
tend wäre.
Dass elektrolytische Leiter die Elektricität schneller wie
Metalle von gleicher Leitungsfähigkeit leiten sollten, wird kaum
angenommen werden können; es war das Gegentheil wahrschein-
licher, da angenommen werden muss, dass bei der elektroly-
tischen Leitung Molekularbewegungen stattfinden.
Bei den mit längeren Telegraphenleitungen auszuführenden
Versuchen sollte nun die Frage entschieden werden, ob der
Elektricität wie dem Lichte eine bestimmte messbare Fortpflan-
zungsgeschwindigkeit zuzuschreiben ist, oder ob die von ver-
schiedenen Beobachtern gemessenen Verzögerungswerthe ganz
oder doch zum grossen Theile der Verzögerung der Stromer-
scheinung am entfernten Leitungsende durch Flaschenladung des
Drahtes zuzuschreiben sind. Zu dem Ende sollten die Versuche
kurz nach einander mit möglichst verschiedenen Drahtlängen an-
gestellt und jedesmal die Flaschencapacität dieser Drahtlänge
gemessen werden.
Die ersten Versuche fanden am 23. Februar dieses Jahres
in Köpnick statt, wohin Herr Dr. Frölich, der die nachfol-
genden Messungen sowohl hier wie später in Sagan mit ge-
wohnter Geschicklichkeit und Sorgfalt ausgeführt hat, schon vor-
her mit den Apparaten gegangen war.
Zunächst wurde durch eine Reihe von Versuchen constatirt,
dass die Isolation der Leitung bei dem obwaltenden milden
Frostwetter ausreichte, um den Entladungsfunken durch die
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/388>, abgerufen am 22.11.2024.
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