ebenfalls eine schnelle Verminderung der Leitungsfähigkeit her- beigeführt wird, wie wenn eine Polarisation einträte, welche dem Durchgange des Stromes entgegenwirkte. Die angestellten zahlreichen Messungen der Temperatur und der zugehörigen Leitungsfähigkeit konnten aus diesen Gründen keine überein- stimmenden Zahlenwerthe ergeben. Als ein lehrreiches Beispiel dieser Versuche ist in Fig. 2 eine Curventafel dargestellt, welche ziemlich übereinstimmend die Abhängigkeit der Leitungs- fähigkeit von der Temperatur bei sehr langsamer, mehrere Stun- den dauernder Erwärmung und Abkühlung zur Anschauung bringt. Das im Specksteintiegel befindliche Selen war erst durch Abkühlung amorph gemacht, dann auf 150° erhitzt und mehrere Stunden auf dieser Temperatur erhalten, worauf es langsam ab- gekühlt wurde. Es musste also krystallinisches Selen sein, welches seine latente Wärme bereits abgegeben hatte. Curve A zeigt nun die Steigerung der Leitungsfähigkeit mit der Zu- nahme der in der Abscissenaxe angegebenen Temperatur. Die Messung geschah derart, dass durch einen Morse-Taster eine Daniell'sche Zelle in den aus dem Selen, den Gaskohlenspitzen und dem Galvonometerdraht gebildeten Schliessungskreis so lange eingeschaltet wurde, bis die Ablenkung des Spiegels ein Maximum geworden war. Da das Galvanometer vollkommen aperiodisch war, so fiel dies Maximum des Ausschlages mit der dauernden Ablenkung vollkommen zusammen. Beim Loslassen des Tasters wurde die Daniell'sche Zelle ausgeschaltet. Es bot diese Methode den Vortheil, dass man mit der Messung des Stromes gleich eine Messung der etwa vorhandenen Polarisation verbinden konnte. Wird nämlich durch Anbringung eines Richt- stabes, in passender Entfernung unter dem Magnete des Galva- nometers, die Richtkraft des letzteren so gross gemacht, dass die Aperiodicität gerade vollständig ist, ohne überschritten zu sein, wie dies bei meinem Galvanometer ohne Richtstab der Fall ist, so geht der Spiegel bei Rückstromschaltung ebenso wie bei Unterbrechung des Stromes genau in seine O-Stellung zurück, ohne darüber hinauszuschwanken. Ist aber Polarisation vorhanden, durchläuft also ein Rückstrom die Galvanometerwin- dungen während des Rückganges des Spiegels, so wirkt dieser Strom beschleunigend auf den Magnet und treibt ihn über die
ebenfalls eine schnelle Verminderung der Leitungsfähigkeit her- beigeführt wird, wie wenn eine Polarisation einträte, welche dem Durchgange des Stromes entgegenwirkte. Die angestellten zahlreichen Messungen der Temperatur und der zugehörigen Leitungsfähigkeit konnten aus diesen Gründen keine überein- stimmenden Zahlenwerthe ergeben. Als ein lehrreiches Beispiel dieser Versuche ist in Fig. 2 eine Curventafel dargestellt, welche ziemlich übereinstimmend die Abhängigkeit der Leitungs- fähigkeit von der Temperatur bei sehr langsamer, mehrere Stun- den dauernder Erwärmung und Abkühlung zur Anschauung bringt. Das im Specksteintiegel befindliche Selen war erst durch Abkühlung amorph gemacht, dann auf 150° erhitzt und mehrere Stunden auf dieser Temperatur erhalten, worauf es langsam ab- gekühlt wurde. Es musste also krystallinisches Selen sein, welches seine latente Wärme bereits abgegeben hatte. Curve A zeigt nun die Steigerung der Leitungsfähigkeit mit der Zu- nahme der in der Abscissenaxe angegebenen Temperatur. Die Messung geschah derart, dass durch einen Morse-Taster eine Daniell’sche Zelle in den aus dem Selen, den Gaskohlenspitzen und dem Galvonometerdraht gebildeten Schliessungskreis so lange eingeschaltet wurde, bis die Ablenkung des Spiegels ein Maximum geworden war. Da das Galvanometer vollkommen aperiodisch war, so fiel dies Maximum des Ausschlages mit der dauernden Ablenkung vollkommen zusammen. Beim Loslassen des Tasters wurde die Daniell’sche Zelle ausgeschaltet. Es bot diese Methode den Vortheil, dass man mit der Messung des Stromes gleich eine Messung der etwa vorhandenen Polarisation verbinden konnte. Wird nämlich durch Anbringung eines Richt- stabes, in passender Entfernung unter dem Magnete des Galva- nometers, die Richtkraft des letzteren so gross gemacht, dass die Aperiodicität gerade vollständig ist, ohne überschritten zu sein, wie dies bei meinem Galvanometer ohne Richtstab der Fall ist, so geht der Spiegel bei Rückstromschaltung ebenso wie bei Unterbrechung des Stromes genau in seine O-Stellung zurück, ohne darüber hinauszuschwanken. Ist aber Polarisation vorhanden, durchläuft also ein Rückstrom die Galvanometerwin- dungen während des Rückganges des Spiegels, so wirkt dieser Strom beschleunigend auf den Magnet und treibt ihn über die
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[383/0403]
ebenfalls eine schnelle Verminderung der Leitungsfähigkeit her-
beigeführt wird, wie wenn eine Polarisation einträte, welche
dem Durchgange des Stromes entgegenwirkte. Die angestellten
zahlreichen Messungen der Temperatur und der zugehörigen
Leitungsfähigkeit konnten aus diesen Gründen keine überein-
stimmenden Zahlenwerthe ergeben. Als ein lehrreiches Beispiel
dieser Versuche ist in Fig. 2 eine Curventafel dargestellt,
welche ziemlich übereinstimmend die Abhängigkeit der Leitungs-
fähigkeit von der Temperatur bei sehr langsamer, mehrere Stun-
den dauernder Erwärmung und Abkühlung zur Anschauung
bringt. Das im Specksteintiegel befindliche Selen war erst durch
Abkühlung amorph gemacht, dann auf 150° erhitzt und mehrere
Stunden auf dieser Temperatur erhalten, worauf es langsam ab-
gekühlt wurde. Es musste also krystallinisches Selen sein,
welches seine latente Wärme bereits abgegeben hatte. Curve
A zeigt nun die Steigerung der Leitungsfähigkeit mit der Zu-
nahme der in der Abscissenaxe angegebenen Temperatur. Die
Messung geschah derart, dass durch einen Morse-Taster eine
Daniell’sche Zelle in den aus dem Selen, den Gaskohlenspitzen
und dem Galvonometerdraht gebildeten Schliessungskreis so
lange eingeschaltet wurde, bis die Ablenkung des Spiegels ein
Maximum geworden war. Da das Galvanometer vollkommen
aperiodisch war, so fiel dies Maximum des Ausschlages mit der
dauernden Ablenkung vollkommen zusammen. Beim Loslassen
des Tasters wurde die Daniell’sche Zelle ausgeschaltet. Es bot
diese Methode den Vortheil, dass man mit der Messung des
Stromes gleich eine Messung der etwa vorhandenen Polarisation
verbinden konnte. Wird nämlich durch Anbringung eines Richt-
stabes, in passender Entfernung unter dem Magnete des Galva-
nometers, die Richtkraft des letzteren so gross gemacht, dass
die Aperiodicität gerade vollständig ist, ohne überschritten zu
sein, wie dies bei meinem Galvanometer ohne Richtstab der
Fall ist, so geht der Spiegel bei Rückstromschaltung ebenso
wie bei Unterbrechung des Stromes genau in seine O-Stellung
zurück, ohne darüber hinauszuschwanken. Ist aber Polarisation
vorhanden, durchläuft also ein Rückstrom die Galvanometerwin-
dungen während des Rückganges des Spiegels, so wirkt dieser
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/403>, abgerufen am 22.11.2024.
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