der trocken gewordenen Theile der Oberfläche durch die Ein- wirkung der Tageswasser und weitere, durch organisches Leben unterstützte Ablagerungen auf dem Meeresboden eintreten. Da aus dem sich allmählich abkühlenden Magma auch an der inneren Fläche der Erdkruste krystallinische Ablagerungen ausgeschieden werden mussten, so wurde das in demselben enthaltene Wasser um so ärmer an festen und gelösten Stoffen, je dicker die Erdkruste geworden war, und je langsamer daher die Abkühlung vorschritt. Es ist aus diesem Grunde wahrscheinlich, dass der Periode der feuerflüssigen Schlammvulcane eine andere Periode heisser Quellen folgte, welche das Meer fortdauernd erwärmten und dadurch or- ganisches Leben auch in den höchsten Breiten ermöglichten. Als endlich auch diese Quellen bis auf einige schwache Reste versiegten und Meer und Atmosphäre in den höheren Breiten sich hinlänglich abgekühlt hatten, musste das in den niederen Breiten noch wärmere Meer durch seine grössere Verdunstung in jenen gewaltige Niederschläge erzeugen, welche ihre Temperatur hinabdrückten und die Gletscherzeit hervorriefen 1). Erst als der erwärmende Einfluss des Erdinneren fast ganz geschwunden war, konnten die heutigen klimatischen Zustände entstehen.
Die Zeit der Ausscheidung der Sedimentmassen durch Aus- bruch von Wasser- und Kohlensäure-haltigem Magma musste von einer vermehrten Verkleinerung des Volumens des flüssigen oder plastischen Erdinnern begleitet sein. Mallet hatte bereits nachgewiesen, dass diese Volum-Verkleinerung, die er nur der Abkühlung durch Wärmeleitung der noch dünnen Erdkruste und nicht gleichzeitig dem Substanzverlust des Erdinneren durch Ausscheidung des grössten Theils des Meeres und der Sediment- massen zuschreibt, die Erdkruste zwingen musste, sich durch Runzeln, Erhebung von Gebirgen und Zerdrücken der Gesteine an ihren schwächsten Stellen dem Volumen des plastischen
1) Dass grössere Niederschläge die Temperatur der den Polarregionen benachbarten Breiten herabdrücken, hat Dove bereits als Grund der grös- seren Ausdehnung der Eisregion der südlichen Hemisphäre hervorgehoben. Da durch die vermehrten Niederschläge in der Atmosphäre auch mehr la- tente Wärme frei wird, so werden sie eine Ausbreitung der kalten Zone auf Kosten der Kälte der höheren Breiten hervorrufen. Es wird mithin die Polartemperatur in der Eiszeit höher gewesen sein als jetzt.
der trocken gewordenen Theile der Oberfläche durch die Ein- wirkung der Tageswasser und weitere, durch organisches Leben unterstützte Ablagerungen auf dem Meeresboden eintreten. Da aus dem sich allmählich abkühlenden Magma auch an der inneren Fläche der Erdkruste krystallinische Ablagerungen ausgeschieden werden mussten, so wurde das in demselben enthaltene Wasser um so ärmer an festen und gelösten Stoffen, je dicker die Erdkruste geworden war, und je langsamer daher die Abkühlung vorschritt. Es ist aus diesem Grunde wahrscheinlich, dass der Periode der feuerflüssigen Schlammvulcane eine andere Periode heisser Quellen folgte, welche das Meer fortdauernd erwärmten und dadurch or- ganisches Leben auch in den höchsten Breiten ermöglichten. Als endlich auch diese Quellen bis auf einige schwache Reste versiegten und Meer und Atmosphäre in den höheren Breiten sich hinlänglich abgekühlt hatten, musste das in den niederen Breiten noch wärmere Meer durch seine grössere Verdunstung in jenen gewaltige Niederschläge erzeugen, welche ihre Temperatur hinabdrückten und die Gletscherzeit hervorriefen 1). Erst als der erwärmende Einfluss des Erdinneren fast ganz geschwunden war, konnten die heutigen klimatischen Zustände entstehen.
Die Zeit der Ausscheidung der Sedimentmassen durch Aus- bruch von Wasser- und Kohlensäure-haltigem Magma musste von einer vermehrten Verkleinerung des Volumens des flüssigen oder plastischen Erdinnern begleitet sein. Mallet hatte bereits nachgewiesen, dass diese Volum-Verkleinerung, die er nur der Abkühlung durch Wärmeleitung der noch dünnen Erdkruste und nicht gleichzeitig dem Substanzverlust des Erdinneren durch Ausscheidung des grössten Theils des Meeres und der Sediment- massen zuschreibt, die Erdkruste zwingen musste, sich durch Runzeln, Erhebung von Gebirgen und Zerdrücken der Gesteine an ihren schwächsten Stellen dem Volumen des plastischen
1) Dass grössere Niederschläge die Temperatur der den Polarregionen benachbarten Breiten herabdrücken, hat Dove bereits als Grund der grös- seren Ausdehnung der Eisregion der südlichen Hemisphäre hervorgehoben. Da durch die vermehrten Niederschläge in der Atmosphäre auch mehr la- tente Wärme frei wird, so werden sie eine Ausbreitung der kalten Zone auf Kosten der Kälte der höheren Breiten hervorrufen. Es wird mithin die Polartemperatur in der Eiszeit höher gewesen sein als jetzt.
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der trocken gewordenen Theile der Oberfläche durch die Ein-
wirkung der Tageswasser und weitere, durch organisches Leben
unterstützte Ablagerungen auf dem Meeresboden eintreten. Da
aus dem sich allmählich abkühlenden Magma auch an der inneren
Fläche der Erdkruste krystallinische Ablagerungen ausgeschieden
werden mussten, so wurde das in demselben enthaltene Wasser
um so ärmer an festen und gelösten Stoffen, je dicker die Erdkruste
geworden war, und je langsamer daher die Abkühlung vorschritt.
Es ist aus diesem Grunde wahrscheinlich, dass der Periode der
feuerflüssigen Schlammvulcane eine andere Periode heisser Quellen
folgte, welche das Meer fortdauernd erwärmten und dadurch or-
ganisches Leben auch in den höchsten Breiten ermöglichten.
Als endlich auch diese Quellen bis auf einige schwache Reste
versiegten und Meer und Atmosphäre in den höheren Breiten
sich hinlänglich abgekühlt hatten, musste das in den niederen
Breiten noch wärmere Meer durch seine grössere Verdunstung in
jenen gewaltige Niederschläge erzeugen, welche ihre Temperatur
hinabdrückten und die Gletscherzeit hervorriefen 1). Erst als der
erwärmende Einfluss des Erdinneren fast ganz geschwunden war,
konnten die heutigen klimatischen Zustände entstehen.
Die Zeit der Ausscheidung der Sedimentmassen durch Aus-
bruch von Wasser- und Kohlensäure-haltigem Magma musste
von einer vermehrten Verkleinerung des Volumens des flüssigen
oder plastischen Erdinnern begleitet sein. Mallet hatte bereits
nachgewiesen, dass diese Volum-Verkleinerung, die er nur der
Abkühlung durch Wärmeleitung der noch dünnen Erdkruste und
nicht gleichzeitig dem Substanzverlust des Erdinneren durch
Ausscheidung des grössten Theils des Meeres und der Sediment-
massen zuschreibt, die Erdkruste zwingen musste, sich durch
Runzeln, Erhebung von Gebirgen und Zerdrücken der Gesteine
an ihren schwächsten Stellen dem Volumen des plastischen
1) Dass grössere Niederschläge die Temperatur der den Polarregionen
benachbarten Breiten herabdrücken, hat Dove bereits als Grund der grös-
seren Ausdehnung der Eisregion der südlichen Hemisphäre hervorgehoben.
Da durch die vermehrten Niederschläge in der Atmosphäre auch mehr la-
tente Wärme frei wird, so werden sie eine Ausbreitung der kalten Zone
auf Kosten der Kälte der höheren Breiten hervorrufen. Es wird mithin
die Polartemperatur in der Eiszeit höher gewesen sein als jetzt.
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Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/481>, abgerufen am 22.11.2024.
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