Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796.aus Sibirien. kig fortgesetztem Aufräumen, erhielt ich einen menschli-chen Kopf, außer diesem, einige Ueberbleibsel vom Arm- knochen und einem Schienbein konnten wir durchaus nichts entdecken. So fehlte auch am Kopfe der Unter- kinnbacken. Um alle überflüßige Beschreibung zu ver- meiden verweise ich Sie auf die sehr genau gerathene dem Herrn Professor Blumenbach mitgetheilte Zeich- nung in natürlicher Größe. Die Physionomie mag der Kalmückischen ziemlich ähnlich gewesen seyn, nur fiel mir das sehr flach zurückfallende Stirnbein und die bey- nahe viereckige Gestalt der Augenhöhlen (Orbitae) auf. Die Sutura srontalis war ziemlich verwachsen. Das Occiput fehlte ganz so wie ein Theil des Dissepimenti narium. Die Lage des Geripps war ohngefähr von Osten nach Westen; da wo die Fontanelle gewesen war fand ich die Platten sehr hart und dick, wir schlossen alle auf ein Alter von etwa 50 Jahren. Zwischen dem Men- schen und dem Pferde sah ich die Figur eines etwa 11/2 El- len langen zweyschneidigen, zollbreiten geraden Schwerd- tes, welches aber so vermodert war daß ich das Eisen mit den Fingern zerreiben konnte. Neben diesem Schwerdte fand ich 10 eiserne Pfeilspitzen gleichsam an einander festgesintert, die Enden welche zum Schießen und zum Eindringen ins Fleisch dienten, bestanden aus 3 Blät- tern und alle 3 machten dann ein Dreyeck. Jn der Ge- gend auf der Brust scharrten wir viele Goldblättchen her- vor, so wie sie natürlich öfters in den kolywanischen Er- zen vorkommen. Jn der Gegend der rechten Hand ent- deckte man 2 geschmiedete goldene Ringe, jeder etwa zwey N 3
aus Sibirien. kig fortgeſetztem Aufraͤumen, erhielt ich einen menſchli-chen Kopf, außer dieſem, einige Ueberbleibſel vom Arm- knochen und einem Schienbein konnten wir durchaus nichts entdecken. So fehlte auch am Kopfe der Unter- kinnbacken. Um alle uͤberfluͤßige Beſchreibung zu ver- meiden verweiſe ich Sie auf die ſehr genau gerathene dem Herrn Profeſſor Blumenbach mitgetheilte Zeich- nung in natuͤrlicher Groͤße. Die Phyſionomie mag der Kalmuͤckiſchen ziemlich aͤhnlich geweſen ſeyn, nur fiel mir das ſehr flach zuruͤckfallende Stirnbein und die bey- nahe viereckige Geſtalt der Augenhoͤhlen (Orbitae) auf. Die Sutura ſrontalis war ziemlich verwachſen. Das Occiput fehlte ganz ſo wie ein Theil des Diſſepimenti narium. Die Lage des Geripps war ohngefaͤhr von Oſten nach Weſten; da wo die Fontanelle geweſen war fand ich die Platten ſehr hart und dick, wir ſchloſſen alle auf ein Alter von etwa 50 Jahren. Zwiſchen dem Men- ſchen und dem Pferde ſah ich die Figur eines etwa 1½ El- len langen zweyſchneidigen, zollbreiten geraden Schwerd- tes, welches aber ſo vermodert war daß ich das Eiſen mit den Fingern zerreiben konnte. Neben dieſem Schwerdte fand ich 10 eiſerne Pfeilſpitzen gleichſam an einander feſtgeſintert, die Enden welche zum Schießen und zum Eindringen ins Fleiſch dienten, beſtanden aus 3 Blaͤt- tern und alle 3 machten dann ein Dreyeck. Jn der Ge- gend auf der Bruſt ſcharrten wir viele Goldblaͤttchen her- vor, ſo wie ſie natuͤrlich oͤfters in den kolywaniſchen Er- zen vorkommen. Jn der Gegend der rechten Hand ent- deckte man 2 geſchmiedete goldene Ringe, jeder etwa zwey N 3
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aus Sibirien.
kig fortgeſetztem Aufraͤumen, erhielt ich einen menſchli-
chen Kopf, außer dieſem, einige Ueberbleibſel vom Arm-
knochen und einem Schienbein konnten wir durchaus
nichts entdecken. So fehlte auch am Kopfe der Unter-
kinnbacken. Um alle uͤberfluͤßige Beſchreibung zu ver-
meiden verweiſe ich Sie auf die ſehr genau gerathene
dem Herrn Profeſſor Blumenbach mitgetheilte Zeich-
nung in natuͤrlicher Groͤße. Die Phyſionomie mag der
Kalmuͤckiſchen ziemlich aͤhnlich geweſen ſeyn, nur fiel
mir das ſehr flach zuruͤckfallende Stirnbein und die bey-
nahe viereckige Geſtalt der Augenhoͤhlen (Orbitae) auf.
Die Sutura ſrontalis war ziemlich verwachſen. Das
Occiput fehlte ganz ſo wie ein Theil des Diſſepimenti
narium. Die Lage des Geripps war ohngefaͤhr von Oſten
nach Weſten; da wo die Fontanelle geweſen war fand
ich die Platten ſehr hart und dick, wir ſchloſſen alle auf
ein Alter von etwa 50 Jahren. Zwiſchen dem Men-
ſchen und dem Pferde ſah ich die Figur eines etwa 1½ El-
len langen zweyſchneidigen, zollbreiten geraden Schwerd-
tes, welches aber ſo vermodert war daß ich das Eiſen mit
den Fingern zerreiben konnte. Neben dieſem Schwerdte
fand ich 10 eiſerne Pfeilſpitzen gleichſam an einander
feſtgeſintert, die Enden welche zum Schießen und zum
Eindringen ins Fleiſch dienten, beſtanden aus 3 Blaͤt-
tern und alle 3 machten dann ein Dreyeck. Jn der Ge-
gend auf der Bruſt ſcharrten wir viele Goldblaͤttchen her-
vor, ſo wie ſie natuͤrlich oͤfters in den kolywaniſchen Er-
zen vorkommen. Jn der Gegend der rechten Hand ent-
deckte man 2 geſchmiedete goldene Ringe, jeder etwa
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