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Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796.

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Sievers Briefe

Jn Kjachta ist beym Gartenbau noch diese Unbe-
quemlichkeit, daß der, durch die heftigen Frühlingswin-
de, beständig in der Luft herumgeführte Sand die jungen.
Pflanzen fast erstickt.

Der Kornbau und Heuschlag sind um desto ergie-
biger Nur selten trift es sich, daß einmal zur Zeit der
Blüthe des Korns ein unzeitiger Nachtfrost einigen merk-
lichen Mißwachs verursacht. Die Bauern sind hier auch
größtentheils wohlhabend, um so mehr, da sie alle zu-
gleich Wildschützen sind und sich durch die Jagd viel ver-
dienen können. Auch ihre Viehzucht ist einträglich, und
die Weide giebt in der ganzen Gegend jenseit des Bai-
kals sehr wohlschmeckendes Fleisch und Milch; nur ge-
ben die Kühe hier kaum den dritten Theil so viel, als in
europäischen Ländern. Die Wolle der hiesigen Schaafe,
ingleichen Kameel- und Ziegenwolle, wird in der bey
Jrkuzk befindlichen Tuchfabrik zu Soldatentuch verar-
beitet.

Ein sehr glückliches Leben führen hier in der Ein-
samkeit, hin und wieder, abgedankte Officiere, einzelne
Kaufleute oder auch begüterte Bauern, welche sogenannte
Saimky bewohnen. Ein solcher wählt sich einen be-
quemen Ort aus, wo sich angenehme Gefilde, schöne
Aussichten, reizende Gebirge, die besten Weyden und
Heuschläge, auch wohl Bequemlichkeit zur Fischerer, oder
ein Flüßchen zum Mühlenbau beysammen befinden. Hier
baut er sich einige Häuser, Magazine, Ställe, u. s. w.
lebt für sich, wird reich, oder wenigstens wohlhabend
und der Ort wird nach seinem Namen genannt und oft

die
Sievers Briefe

Jn Kjachta iſt beym Gartenbau noch dieſe Unbe-
quemlichkeit, daß der, durch die heftigen Fruͤhlingswin-
de, beſtaͤndig in der Luft herumgefuͤhrte Sand die jungen.
Pflanzen faſt erſtickt.

Der Kornbau und Heuſchlag ſind um deſto ergie-
biger Nur ſelten trift es ſich, daß einmal zur Zeit der
Bluͤthe des Korns ein unzeitiger Nachtfroſt einigen merk-
lichen Mißwachs verurſacht. Die Bauern ſind hier auch
groͤßtentheils wohlhabend, um ſo mehr, da ſie alle zu-
gleich Wildſchuͤtzen ſind und ſich durch die Jagd viel ver-
dienen koͤnnen. Auch ihre Viehzucht iſt eintraͤglich, und
die Weide giebt in der ganzen Gegend jenſeit des Bai-
kals ſehr wohlſchmeckendes Fleiſch und Milch; nur ge-
ben die Kuͤhe hier kaum den dritten Theil ſo viel, als in
europaͤiſchen Laͤndern. Die Wolle der hieſigen Schaafe,
ingleichen Kameel- und Ziegenwolle, wird in der bey
Jrkuzk befindlichen Tuchfabrik zu Soldatentuch verar-
beitet.

Ein ſehr gluͤckliches Leben fuͤhren hier in der Ein-
ſamkeit, hin und wieder, abgedankte Officiere, einzelne
Kaufleute oder auch beguͤterte Bauern, welche ſogenannte
Saimky bewohnen. Ein ſolcher waͤhlt ſich einen be-
quemen Ort aus, wo ſich angenehme Gefilde, ſchoͤne
Ausſichten, reizende Gebirge, die beſten Weyden und
Heuſchlaͤge, auch wohl Bequemlichkeit zur Fiſcherer, oder
ein Fluͤßchen zum Muͤhlenbau beyſammen befinden. Hier
baut er ſich einige Haͤuſer, Magazine, Staͤlle, u. ſ. w.
lebt fuͤr ſich, wird reich, oder wenigſtens wohlhabend
und der Ort wird nach ſeinem Namen genannt und oft

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[36/0044] Sievers Briefe Jn Kjachta iſt beym Gartenbau noch dieſe Unbe- quemlichkeit, daß der, durch die heftigen Fruͤhlingswin- de, beſtaͤndig in der Luft herumgefuͤhrte Sand die jungen. Pflanzen faſt erſtickt. Der Kornbau und Heuſchlag ſind um deſto ergie- biger Nur ſelten trift es ſich, daß einmal zur Zeit der Bluͤthe des Korns ein unzeitiger Nachtfroſt einigen merk- lichen Mißwachs verurſacht. Die Bauern ſind hier auch groͤßtentheils wohlhabend, um ſo mehr, da ſie alle zu- gleich Wildſchuͤtzen ſind und ſich durch die Jagd viel ver- dienen koͤnnen. Auch ihre Viehzucht iſt eintraͤglich, und die Weide giebt in der ganzen Gegend jenſeit des Bai- kals ſehr wohlſchmeckendes Fleiſch und Milch; nur ge- ben die Kuͤhe hier kaum den dritten Theil ſo viel, als in europaͤiſchen Laͤndern. Die Wolle der hieſigen Schaafe, ingleichen Kameel- und Ziegenwolle, wird in der bey Jrkuzk befindlichen Tuchfabrik zu Soldatentuch verar- beitet. Ein ſehr gluͤckliches Leben fuͤhren hier in der Ein- ſamkeit, hin und wieder, abgedankte Officiere, einzelne Kaufleute oder auch beguͤterte Bauern, welche ſogenannte Saimky bewohnen. Ein ſolcher waͤhlt ſich einen be- quemen Ort aus, wo ſich angenehme Gefilde, ſchoͤne Ausſichten, reizende Gebirge, die beſten Weyden und Heuſchlaͤge, auch wohl Bequemlichkeit zur Fiſcherer, oder ein Fluͤßchen zum Muͤhlenbau beyſammen befinden. Hier baut er ſich einige Haͤuſer, Magazine, Staͤlle, u. ſ. w. lebt fuͤr ſich, wird reich, oder wenigſtens wohlhabend und der Ort wird nach ſeinem Namen genannt und oft die

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Zitationshilfe: Sievers, Johann August Carl: Briefe aus Sibirien. St. Petersburg, 1796, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siever_briefe_1796/44>, abgerufen am 23.11.2024.