Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.Erstes Buch. 46. Daß seelige Unding. Jch bin ein seeligs Ding/ mag ich ein Unding seyn/ Daß allem was da ist/ nicht kundt wird/ noch gemein. 47. Die Zeit ist Ewigkeit. Zeit ist wie Ewigkeit/ und Ewigkeit wie Zeit/ So du nur selber nicht machst einen unterscheid. 48. GOttes Tempel und Altar. GOtt opffert sich jhm selbst: Jch bin in jedem n[u] Sein Tempel/ sein Altar/ sein Bettstul so ich ruh. 49. Die Ruh ists höchste Gutt. Ruh ist das höchste Gutt: und wäre GOtt nicht ruh/ Jch schliesse für Jhm selbst mein' Augen beede zu. 50. Der Thron GOttes. Fragstu mein Christ wo Gott gesetzt hat seinen Thron? Da/ wo Er dich in dir gebühret seinen Sohn. 51. Die gleichheit GOttes. Wer unbeweglich bleibt in Frewd/ in Leid/ in Pein: Der kan nunmehr nit weit von Gottes Gleichheit seyn. 52. Daß geistliche Senffkorn. Ein Senffkorn ist mein Geist/ durch scheint jhn seine Sonne/ So wächst er GOtte gleich mit freüdenreicher Wonne. 53. Die Tugend sitzt in Ruh. Mensch wo du Tugend wirkst mit Arbeit und init Müh/ So hastu sie noch nicht/ du kriegest noch umb sie. 54. Die wesentliche Tugend. Jch selbst muß Tugend seyn/ und keinen Zufall wissen: Wo Tugenden auß mir in Warheit sollen fliessen. 55. Der Brunquell ist in uns. Du darffst zu GOtt nicht schreyn/ der Brunnquell ist in dir: Stopffstu den Außgang nicht/ er flüsset für vnd für. 56. Daß B 3
Erſtes Buch. 46. Daß ſeelige Unding. Jch bin ein ſeeligs Ding/ mag ich ein Unding ſeyn/ Daß allem was da iſt/ nicht kundt wird/ noch gemein. 47. Die Zeit iſt Ewigkeit. Zeit iſt wie Ewigkeit/ und Ewigkeit wie Zeit/ So du nur ſelber nicht machſt einen unterſcheid. 48. GOttes Tempel und Altar. GOtt opffert ſich jhm ſelbſt: Jch bin in jedem n[u] Sein Tempel/ ſein Altar/ ſein Bettſtul ſo ich ruh. 49. Die Ruh iſts hoͤchſte Gutt. Ruh iſt das hoͤchſte Gutt: und waͤre GOtt nicht ruh/ Jch ſchlieſſe fuͤr Jhm ſelbſt mein’ Augen beede zu. 50. Der Thron GOttes. Fragſtu mein Chriſt wo Gott geſetzt hat ſeinen Thron? Da/ wo Er dich in dir gebuͤhret ſeinen Sohn. 51. Die gleichheit GOttes. Wer unbeweglich bleibt in Frewd/ in Leid/ in Pein: Der kan nunmehr nit weit von Gottes Gleichheit ſeyn. 52. Daß geiſtliche Senffkorn. Ein Senffkorn iſt mein Geiſt/ durch ſcheint jhn ſeine Sonne/ So waͤchſt er GOtte gleich mit freuͤdenreicher Woñe. 53. Die Tugend ſitzt in Ruh. Menſch wo du Tugend wirkſt mit Arbeit uñ init Muͤh/ So haſtu ſie noch nicht/ du kriegeſt noch umb ſie. 54. Die weſentliche Tugend. Jch ſelbſt muß Tugend ſeyn/ und keinen Zufall wiſſen: Wo Tugenden auß mir in Warheit ſollen flieſſen. 55. Der Brunquell iſt in uns. Du darffſt zu GOtt nicht ſchreyn/ der Brunnquell iſt in dir: Stopffſtu den Außgang nicht/ er fluͤſſet für vnd fuͤr. 56. Daß B 3
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Erſtes Buch.
46. Daß ſeelige Unding.
Jch bin ein ſeeligs Ding/ mag ich ein Unding ſeyn/
Daß allem was da iſt/ nicht kundt wird/ noch gemein.
47. Die Zeit iſt Ewigkeit.
Zeit iſt wie Ewigkeit/ und Ewigkeit wie Zeit/
So du nur ſelber nicht machſt einen unterſcheid.
48. GOttes Tempel und Altar.
GOtt opffert ſich jhm ſelbſt: Jch bin in jedem nu
Sein Tempel/ ſein Altar/ ſein Bettſtul ſo ich ruh.
49. Die Ruh iſts hoͤchſte Gutt.
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Jch ſchlieſſe fuͤr Jhm ſelbſt mein’ Augen beede zu.
50. Der Thron GOttes.
Fragſtu mein Chriſt wo Gott geſetzt hat ſeinen Thron?
Da/ wo Er dich in dir gebuͤhret ſeinen Sohn.
51. Die gleichheit GOttes.
Wer unbeweglich bleibt in Frewd/ in Leid/ in Pein:
Der kan nunmehr nit weit von Gottes Gleichheit ſeyn.
52. Daß geiſtliche Senffkorn.
Ein Senffkorn iſt mein Geiſt/ durch ſcheint jhn ſeine
Sonne/
So waͤchſt er GOtte gleich mit freuͤdenreicher Woñe.
53. Die Tugend ſitzt in Ruh.
Menſch wo du Tugend wirkſt mit Arbeit uñ init Muͤh/
So haſtu ſie noch nicht/ du kriegeſt noch umb ſie.
54. Die weſentliche Tugend.
Jch ſelbſt muß Tugend ſeyn/ und keinen Zufall wiſſen:
Wo Tugenden auß mir in Warheit ſollen flieſſen.
55. Der Brunquell iſt in uns.
Du darffſt zu GOtt nicht ſchreyn/ der Brunnquell
iſt in dir:
Stopffſtu den Außgang nicht/ er fluͤſſet für vnd fuͤr.
56. Daß
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