Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

Bild:
<< vorherige Seite

an den Leser.
Sondern dieses ist sein Sinn/ daß die Gewür-
digte und Heilige Seele zu solcher naher Ver-
einigung mit GOtt und seinem Göttlichen We-
sen gelange/ daß sie mit demselben gantz und
gar durchdrungen/ überformet/ Vereinigt und
eines sey; dermassen/ daß wenn man sie sehen
solte/ man an jhr nichts anders sehen und erken-
nen würde als GOtt; wie dann im ewigen Le-
ben geschehen wird: Weil sie von dem Glantze
seiner Herrligkeit gleichsamb gantz Verschlun-
gen seyn wird. Ja daß sie zu solcher Vollkomner
gleichnüß GOttes gelangen könne/ daß sie eben
das Jenige sey (auß Genaden) was GOtt ist
(von Natur;) und also in diesem Verstande
recht und wol ein Liecht in dem Liechte/ ein
Wort in dem Worte/ und ein GOTT in
GOtte (wie in den Reimen geredet wird) kön-
ne genennet werden. Sinthemal/ wie ein alter
Lehrer sagt/ GOtt der Vatter hat nur einen
Sohn/ und derselbe sind wir alle in Christo.
Sind wir nun Söhne in Christo/ so müssen wir
auch seyn was Christus ist/ und dasselbe Wesen
haben/ welches der Sohn GOttes hat. Denn
eben darumb
(spricht Thaulerus in der vierdten
Predigt am H. Christage) daß wir dasselbe Wesen
haben/ werden wir Jhm gleich/ und sehen Jhn wie Er
wahrer GOtt ist.

Und diesem Satze stimmen bey alle Heilige
GOttesschawer; jnsonderheit jetzt gedachter

Tau-
A 5

an den Leſer.
Sondern dieſes iſt ſein Sinn/ daß die Gewuͤr-
digte und Heilige Seele zu ſolcher naher Ver-
einigung mit GOtt und ſeinem Goͤttlichen We-
ſen gelange/ daß ſie mit demſelben gantz und
gar durchdrungen/ uͤberformet/ Vereinigt und
eines ſey; dermaſſen/ daß wenn man ſie ſehen
ſolte/ man an jhr nichts anders ſehen und erken-
nen wuͤrde als GOtt; wie dann im ewigen Le-
ben geſchehen wird: Weil ſie von dem Glantze
ſeiner Herꝛligkeit gleichſamb gantz Verſchlun-
gen ſeyn wird. Ja daß ſie zu ſolcher Vollkomner
gleichnuͤß GOttes gelangen koͤnne/ daß ſie eben
das Jenige ſey (auß Genaden) was GOtt iſt
(von Natur;) und alſo in dieſem Verſtande
recht und wol ein Liecht in dem Liechte/ ein
Wort in dem Worte/ und ein GOTT in
GOtte (wie in den Reimen geredet wird) koͤn-
ne genennet werden. Sinthemal/ wie ein alter
Lehrer ſagt/ GOtt der Vatter hat nur einen
Sohn/ und derſelbe ſind wir alle in Chriſto.
Sind wir nun Soͤhne in Chriſto/ ſo muͤſſen wir
auch ſeyn was Chriſtus iſt/ und daſſelbe Weſen
haben/ welches der Sohn GOttes hat. Denn
eben darumb
(ſpricht Thaulerus in der vierdten
Predigt am H. Chriſtage) daß wir daſſelbe Weſen
haben/ werden wir Jhm gleich/ und ſehen Jhn wie Er
wahrer GOtt iſt.

Und dieſem Satze ſtimmen bey alle Heilige
GOttesſchawer; jnſonderheit jetzt gedachter

Tau-
A 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0013" n="7"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">an den Le&#x017F;er.</hi></fw><lb/>
Sondern die&#x017F;es i&#x017F;t &#x017F;ein Sinn/ daß die Gewu&#x0364;r-<lb/>
digte und Heilige Seele zu &#x017F;olcher naher Ver-<lb/>
einigung mit GOtt und &#x017F;einem Go&#x0364;ttlichen We-<lb/>
&#x017F;en gelange/ daß &#x017F;ie mit dem&#x017F;elben gantz und<lb/>
gar durchdrungen/ u&#x0364;berformet/ Vereinigt und<lb/>
eines &#x017F;ey; derma&#x017F;&#x017F;en/ daß wenn man &#x017F;ie &#x017F;ehen<lb/>
&#x017F;olte/ man an jhr nichts anders &#x017F;ehen und erken-<lb/>
nen wu&#x0364;rde als GOtt; wie dann im ewigen Le-<lb/>
ben ge&#x017F;chehen wird: Weil &#x017F;ie von dem Glantze<lb/>
&#x017F;einer Her&#xA75B;ligkeit gleich&#x017F;amb gantz Ver&#x017F;chlun-<lb/>
gen &#x017F;eyn wird. Ja daß &#x017F;ie zu &#x017F;olcher Vollkomner<lb/>
gleichnu&#x0364;ß GOttes gelangen ko&#x0364;nne/ daß &#x017F;ie eben<lb/>
das Jenige &#x017F;ey (auß Genaden) was GOtt i&#x017F;t<lb/>
(von Natur;) und al&#x017F;o in die&#x017F;em Ver&#x017F;tande<lb/>
recht und wol ein Liecht in dem Liechte/ ein<lb/>
Wort in dem Worte/ und ein GOTT in<lb/>
GOtte (wie in den Reimen geredet wird) ko&#x0364;n-<lb/>
ne genennet werden. Sinthemal/ wie ein alter<lb/>
Lehrer &#x017F;agt/ GOtt der Vatter hat nur einen<lb/>
Sohn/ und der&#x017F;elbe &#x017F;ind wir alle in Chri&#x017F;to.<lb/>
Sind wir nun So&#x0364;hne in Chri&#x017F;to/ &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir<lb/>
auch &#x017F;eyn was Chri&#x017F;tus i&#x017F;t/ und da&#x017F;&#x017F;elbe We&#x017F;en<lb/>
haben/ welches der Sohn GOttes hat. <hi rendition="#fr">Denn<lb/>
eben darumb</hi> (&#x017F;pricht <hi rendition="#aq">Thaulerus</hi> <hi rendition="#fr">in der vierdten<lb/>
Predigt am H. Chri&#x017F;tage) daß wir da&#x017F;&#x017F;elbe We&#x017F;en<lb/>
haben/ werden wir Jhm gleich/ und &#x017F;ehen Jhn wie Er<lb/>
wahrer GOtt i&#x017F;t.</hi></p><lb/>
        <p>Und die&#x017F;em Satze &#x017F;timmen bey alle Heilige<lb/>
GOttes&#x017F;chawer; jn&#x017F;onderheit jetzt gedachter<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A 5</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Tau-</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0013] an den Leſer. Sondern dieſes iſt ſein Sinn/ daß die Gewuͤr- digte und Heilige Seele zu ſolcher naher Ver- einigung mit GOtt und ſeinem Goͤttlichen We- ſen gelange/ daß ſie mit demſelben gantz und gar durchdrungen/ uͤberformet/ Vereinigt und eines ſey; dermaſſen/ daß wenn man ſie ſehen ſolte/ man an jhr nichts anders ſehen und erken- nen wuͤrde als GOtt; wie dann im ewigen Le- ben geſchehen wird: Weil ſie von dem Glantze ſeiner Herꝛligkeit gleichſamb gantz Verſchlun- gen ſeyn wird. Ja daß ſie zu ſolcher Vollkomner gleichnuͤß GOttes gelangen koͤnne/ daß ſie eben das Jenige ſey (auß Genaden) was GOtt iſt (von Natur;) und alſo in dieſem Verſtande recht und wol ein Liecht in dem Liechte/ ein Wort in dem Worte/ und ein GOTT in GOtte (wie in den Reimen geredet wird) koͤn- ne genennet werden. Sinthemal/ wie ein alter Lehrer ſagt/ GOtt der Vatter hat nur einen Sohn/ und derſelbe ſind wir alle in Chriſto. Sind wir nun Soͤhne in Chriſto/ ſo muͤſſen wir auch ſeyn was Chriſtus iſt/ und daſſelbe Weſen haben/ welches der Sohn GOttes hat. Denn eben darumb (ſpricht Thaulerus in der vierdten Predigt am H. Chriſtage) daß wir daſſelbe Weſen haben/ werden wir Jhm gleich/ und ſehen Jhn wie Er wahrer GOtt iſt. Und dieſem Satze ſtimmen bey alle Heilige GOttesſchawer; jnſonderheit jetzt gedachter Tau- A 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Erstauflage dieses Werkes erschien 1657 unter… [mehr]

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

GREPECT GmbH: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T14:19:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Deutsches Textarchiv: Konvertierung in das DTA-Basisformat. (2013-08-21T14:19:32Z)

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/13
Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/13>, abgerufen am 23.11.2024.