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Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675.

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an den Leser.
Begierde in GOtt/ etc. Und derogleichen findet man
auch beym
Rusbroch. Harphio, Thauler. und
anderen. Jnsonderheit beym
Ludovico Blo-
sio
da er im zwölfften Cap. seiner Geistlichen
Unterrichtungen sehr schön also Redet.
Jn der
geheimen vereinigung verfleust die liebhabende Seele/
und vergehet von jhr selbst/ und verfället/ als wäre sie
zu nichte worden/ in den Abgrund der ewigen Liebe: All-
da sie ihr Todt ist/ und GOtt lebet/ nichts wissende/ nichts
fühlende/ als die Liebe welche sie schmäkket; denn sie ver-
liehret sich in der übergrossen Wüste und Finsternüß der
GOttheit. Aber sich so verliehren/ ist mehr sich finden.
Da wird Warlich/ was da ist das Menschliche außzie-
hende/ und das Göttliche anziehende/ in GOtt verwan-
delt. Gleich wie das Eysen im Feuer die Gestalt deß
Feuers annimbt/ und ins Feuer verwandelt wird. Es
bleibet aber doch das Wesen der also vergötteten Seelen
gleich wie das glüende Eysen nicht auffhöret Eysen zu
seyn. Derohalben die Seele welche zuvor kalt war/ ist
jetzt hrennend/ die vor Finster war ist jetzt leuchtend:
Die vor harte war/ ist jetzt weich: Gantz und gar GOtt-
farbig; weil ihr Wesen mit Gottes Wesen durchgossen
ist: Gantz mit dem Feuer der Göttlichen Liebe ver-
brennet/ und gantz zerschmeltzend in GOtt übergangen/
und ihm ohne mittel Vereinigt/ und ein Geist mit ihm
worden ist; gleich wie Gold und Ertzt in einen Metal-
lischen klumpen zusammen geschmoltzen werden.

Nun mit solchen und dergleichen Worten
und Reden haben sich die H. Gottesschauer
bemühet die jnnigliche Vereinigung Gottes mit
der geheiligten Seelen etlicher massen außzu-
drukken; denn dieselbe gründlich zubeschreiben/
sagen sie/ daß man nicht Wort finden könne.

Wann

an den Leſer.
Begierde in GOtt/ ꝛc. Und derogleichen findet man
auch beym
Rusbroch. Harphio, Thauler. und
anderen. Jnſonderheit beym
Ludovico Blo-
ſio
da er im zwoͤlfften Cap. ſeiner Geiſtlichen
Unterrichtungen ſehr ſchoͤn alſo Redet.
Jn der
geheimen vereinigung verfleuſt die liebhabende Seele/
und vergehet von jhr ſelbſt/ und verfaͤllet/ als waͤre ſie
zu nichte worden/ in den Abgrund der ewigen Liebe: All-
da ſie ihr Todt iſt/ und GOtt lebet/ nichts wiſſende/ nichts
fuͤhlende/ als die Liebe welche ſie ſchmaͤkket; denn ſie ver-
liehret ſich in der uͤbergroſſen Wuͤſte und Finſternuͤß der
GOttheit. Aber ſich ſo verliehren/ iſt mehr ſich finden.
Da wird Warlich/ was da iſt das Menſchliche außzie-
hende/ und das Goͤttliche anziehende/ in GOtt verwan-
delt. Gleich wie das Eyſen im Feuer die Geſtalt deß
Feuers annimbt/ und ins Feuer verwandelt wird. Es
bleibet aber doch das Weſen der alſo vergoͤtteten Seelen
gleich wie das gluͤende Eyſen nicht auffhoͤret Eyſen zu
ſeyn. Derohalben die Seele welche zuvor kalt war/ iſt
jetzt hrennend/ die vor Finſter war iſt jetzt leuchtend:
Die vor harte war/ iſt jetzt weich: Gantz und gar GOtt-
farbig; weil ihr Weſen mit Gottes Weſen durchgoſſen
iſt: Gantz mit dem Feuer der Goͤttlichen Liebe ver-
brennet/ und gantz zerſchmeltzend in GOtt uͤbergangen/
und ihm ohne mittel Vereinigt/ und ein Geiſt mit ihm
worden iſt; gleich wie Gold und Ertzt in einen Metal-
liſchen klumpen zuſammen geſchmoltzen werden.

Nun mit ſolchen und dergleichen Worten
und Reden haben ſich die H. Gottesſchauer
bemuͤhet die jnnigliche Vereinigung Gottes mit
der geheiligten Seelen etlicher maſſen außzu-
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[13/0019] an den Leſer. Begierde in GOtt/ ꝛc. Und derogleichen findet man auch beym Rusbroch. Harphio, Thauler. und anderen. Jnſonderheit beym Ludovico Blo- ſio da er im zwoͤlfften Cap. ſeiner Geiſtlichen Unterrichtungen ſehr ſchoͤn alſo Redet. Jn der geheimen vereinigung verfleuſt die liebhabende Seele/ und vergehet von jhr ſelbſt/ und verfaͤllet/ als waͤre ſie zu nichte worden/ in den Abgrund der ewigen Liebe: All- da ſie ihr Todt iſt/ und GOtt lebet/ nichts wiſſende/ nichts fuͤhlende/ als die Liebe welche ſie ſchmaͤkket; denn ſie ver- liehret ſich in der uͤbergroſſen Wuͤſte und Finſternuͤß der GOttheit. Aber ſich ſo verliehren/ iſt mehr ſich finden. Da wird Warlich/ was da iſt das Menſchliche außzie- hende/ und das Goͤttliche anziehende/ in GOtt verwan- delt. Gleich wie das Eyſen im Feuer die Geſtalt deß Feuers annimbt/ und ins Feuer verwandelt wird. Es bleibet aber doch das Weſen der alſo vergoͤtteten Seelen gleich wie das gluͤende Eyſen nicht auffhoͤret Eyſen zu ſeyn. Derohalben die Seele welche zuvor kalt war/ iſt jetzt hrennend/ die vor Finſter war iſt jetzt leuchtend: Die vor harte war/ iſt jetzt weich: Gantz und gar GOtt- farbig; weil ihr Weſen mit Gottes Weſen durchgoſſen iſt: Gantz mit dem Feuer der Goͤttlichen Liebe ver- brennet/ und gantz zerſchmeltzend in GOtt uͤbergangen/ und ihm ohne mittel Vereinigt/ und ein Geiſt mit ihm worden iſt; gleich wie Gold und Ertzt in einen Metal- liſchen klumpen zuſammen geſchmoltzen werden. Nun mit ſolchen und dergleichen Worten und Reden haben ſich die H. Gottesſchauer bemuͤhet die jnnigliche Vereinigung Gottes mit der geheiligten Seelen etlicher maſſen außzu- drukken; den̄ dieſelbe gruͤndlich zubeſchreiben/ ſagen ſie/ daß man nicht Wort finden koͤnne. Wann

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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Cherubinischer Wandersmann oder Geist-Reiche Sinn- und Schluß-Reime. 2. Aufl. Glatz, 1675, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_wandersmann_1675/19>, abgerufen am 23.11.2024.