jekte und dem Geldpreis an, d. h. eine, die auf dem an sich seien- den Wert jedes von ihnen beruhte und die deshalb zu einer ob- jektiven "Richtigkeit" gebracht werden konnte und also auch sollte. Der Irrtum dieser substanzialistischen Anschauung ist methodisch derselbe, wie wenn man zwischen einem Individuum und dem Inhalte irgend eines Rechtes einen unmittelbaren Zusammenhang behaupten wollte, derart, dass das Wesen jenes Menschen, wie es an und für sich und ohne weitere Rücksicht auf ausser ihm Liegendes ist, auf diese Kom- petenz einen "gerechten" Anspruch hätte -- wie es etwa in der individualistischen Vorstellung der "Menschenrechte" geschehen ist. In Wirklichkeit ist Recht doch nur ein Verhältnis von Menschen untereinander und vollzieht sich nur an den Interessen, Objekten oder Machtvollkommenheiten, die wir einen Rechtsinhalt, "ein Recht" im engeren Sinne nennen und die an und für sich überhaupt keine angebbare, ihnen selbst anzusehende "gerechte" oder "ungerechte" Be- ziehung zu einem Individuum haben. Erst wenn jenes Verhältnis be- steht und sich zu Normen gefestigt hat, können diese von sich aus, einen einzelnen Menschen und einen einzelnen Inhalt gleichsam zu- sammen ergreifend, die Verfügungsgewalt jenes über diesen als eine gerechte charakterisieren. So kann es allerdings einen gerechten Geld- preis für eine Ware geben; aber nur als Ausdruck eines bestimmten, nach allen Seiten hin ausgeglichenen Tauschverhältnisses zwischen dieser und allen anderen Waren, nicht aber als Folge des inhaltlichen Wesens der Waren für sich und der Geldsumme für sich, die sich so vielmehr ganz beziehungslos, jenseits von gerecht und ungerecht gegen- überstehen.
Dass die Bedeutung des Geldes, die wirtschaftliche Relativität der Objekte in sich darzustellen -- wovon seine praktischen Funktionen abzweigen --, nicht als fertige Wirklichkeit dasteht, sondern wie alle historischen Gebilde seine Erscheinung erst allmählich zu der Reinheit des Begriffes aufläutert, den wir als seinen Beruf und seine Stellung gleichsam im Reiche der Ideen denken -- das findet sein Gegenstück darin, dass man von allen Waren sagen konnte, sie seien in gewissem Sinne Geld. Jeder Gegenstand b, der gegen a und von seinem nun- mehrigen Besitzer gegen c vertauscht wird, spielt insofern, jenseits seiner Dingqualitäten, die Rolle des Geldes: es ist der Ausdruck der Thatsache, dass b, a und c gegeneinander vertauschbar sind und des Masses, in dem sie es sind. Dies geschieht mit unzähligen Gegen- ständen und thatsächlich sehen wir, je weiter wir in der Kultur- entwicklung zurückgehen, eine um so grössere Zahl ganz verschieden- artiger Objekte die Funktion des Geldes in vollkommnerer oder
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jekte und dem Geldpreis an, d. h. eine, die auf dem an sich seien- den Wert jedes von ihnen beruhte und die deshalb zu einer ob- jektiven „Richtigkeit“ gebracht werden konnte und also auch sollte. Der Irrtum dieser substanzialistischen Anschauung ist methodisch derselbe, wie wenn man zwischen einem Individuum und dem Inhalte irgend eines Rechtes einen unmittelbaren Zusammenhang behaupten wollte, derart, daſs das Wesen jenes Menschen, wie es an und für sich und ohne weitere Rücksicht auf auſser ihm Liegendes ist, auf diese Kom- petenz einen „gerechten“ Anspruch hätte — wie es etwa in der individualistischen Vorstellung der „Menschenrechte“ geschehen ist. In Wirklichkeit ist Recht doch nur ein Verhältnis von Menschen untereinander und vollzieht sich nur an den Interessen, Objekten oder Machtvollkommenheiten, die wir einen Rechtsinhalt, „ein Recht“ im engeren Sinne nennen und die an und für sich überhaupt keine angebbare, ihnen selbst anzusehende „gerechte“ oder „ungerechte“ Be- ziehung zu einem Individuum haben. Erst wenn jenes Verhältnis be- steht und sich zu Normen gefestigt hat, können diese von sich aus, einen einzelnen Menschen und einen einzelnen Inhalt gleichsam zu- sammen ergreifend, die Verfügungsgewalt jenes über diesen als eine gerechte charakterisieren. So kann es allerdings einen gerechten Geld- preis für eine Ware geben; aber nur als Ausdruck eines bestimmten, nach allen Seiten hin ausgeglichenen Tauschverhältnisses zwischen dieser und allen anderen Waren, nicht aber als Folge des inhaltlichen Wesens der Waren für sich und der Geldsumme für sich, die sich so vielmehr ganz beziehungslos, jenseits von gerecht und ungerecht gegen- überstehen.
Daſs die Bedeutung des Geldes, die wirtschaftliche Relativität der Objekte in sich darzustellen — wovon seine praktischen Funktionen abzweigen —, nicht als fertige Wirklichkeit dasteht, sondern wie alle historischen Gebilde seine Erscheinung erst allmählich zu der Reinheit des Begriffes aufläutert, den wir als seinen Beruf und seine Stellung gleichsam im Reiche der Ideen denken — das findet sein Gegenstück darin, daſs man von allen Waren sagen konnte, sie seien in gewissem Sinne Geld. Jeder Gegenstand b, der gegen a und von seinem nun- mehrigen Besitzer gegen c vertauscht wird, spielt insofern, jenseits seiner Dingqualitäten, die Rolle des Geldes: es ist der Ausdruck der Thatsache, daſs b, a und c gegeneinander vertauschbar sind und des Maſses, in dem sie es sind. Dies geschieht mit unzähligen Gegen- ständen und thatsächlich sehen wir, je weiter wir in der Kultur- entwicklung zurückgehen, eine um so gröſsere Zahl ganz verschieden- artiger Objekte die Funktion des Geldes in vollkommnerer oder
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jekte und dem Geldpreis an, d. h. eine, die auf dem an sich seien-
den Wert jedes von ihnen beruhte und die deshalb zu einer ob-
jektiven „Richtigkeit“ gebracht werden konnte und also auch sollte.
Der Irrtum dieser substanzialistischen Anschauung ist methodisch derselbe,
wie wenn man zwischen einem Individuum und dem Inhalte irgend
eines Rechtes einen unmittelbaren Zusammenhang behaupten wollte,
derart, daſs das Wesen jenes Menschen, wie es an und für sich und
ohne weitere Rücksicht auf auſser ihm Liegendes ist, auf diese Kom-
petenz einen „gerechten“ Anspruch hätte — wie es etwa in der
individualistischen Vorstellung der „Menschenrechte“ geschehen ist.
In Wirklichkeit ist Recht doch nur ein Verhältnis von Menschen
untereinander und vollzieht sich nur an den Interessen, Objekten
oder Machtvollkommenheiten, die wir einen Rechtsinhalt, „ein Recht“
im engeren Sinne nennen und die an und für sich überhaupt keine
angebbare, ihnen selbst anzusehende „gerechte“ oder „ungerechte“ Be-
ziehung zu einem Individuum haben. Erst wenn jenes Verhältnis be-
steht und sich zu Normen gefestigt hat, können diese von sich aus,
einen einzelnen Menschen und einen einzelnen Inhalt gleichsam zu-
sammen ergreifend, die Verfügungsgewalt jenes über diesen als eine
gerechte charakterisieren. So kann es allerdings einen gerechten Geld-
preis für eine Ware geben; aber nur als Ausdruck eines bestimmten,
nach allen Seiten hin ausgeglichenen Tauschverhältnisses zwischen
dieser und allen anderen Waren, nicht aber als Folge des inhaltlichen
Wesens der Waren für sich und der Geldsumme für sich, die sich so
vielmehr ganz beziehungslos, jenseits von gerecht und ungerecht gegen-
überstehen.
Daſs die Bedeutung des Geldes, die wirtschaftliche Relativität der
Objekte in sich darzustellen — wovon seine praktischen Funktionen
abzweigen —, nicht als fertige Wirklichkeit dasteht, sondern wie alle
historischen Gebilde seine Erscheinung erst allmählich zu der Reinheit
des Begriffes aufläutert, den wir als seinen Beruf und seine Stellung
gleichsam im Reiche der Ideen denken — das findet sein Gegenstück
darin, daſs man von allen Waren sagen konnte, sie seien in gewissem
Sinne Geld. Jeder Gegenstand b, der gegen a und von seinem nun-
mehrigen Besitzer gegen c vertauscht wird, spielt insofern, jenseits
seiner Dingqualitäten, die Rolle des Geldes: es ist der Ausdruck der
Thatsache, daſs b, a und c gegeneinander vertauschbar sind und des
Maſses, in dem sie es sind. Dies geschieht mit unzähligen Gegen-
ständen und thatsächlich sehen wir, je weiter wir in der Kultur-
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artiger Objekte die Funktion des Geldes in vollkommnerer oder
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/107>, abgerufen am 23.11.2024.
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