Tendenz auf Kraftverdichtung anschliesst, indem es die Werte der Dinge auf die kürzeste und komprimierteste Weise ausdrückt, sondern dies auch noch so bestätigt, dass es zu vielen jener gleich gerichteten, aber ganz anderen Gebieten zugehörigen Beispiele ein direktes Ver- hältnis hat. In der Epoche der aufkommenden Feuerwaffen wurde pecunia nervus belli, das Pulver entwand dem Ritter und dem Bürger die Waffe und drückte sie dem Söldner in die Hand, machte ihren Besitz und ihre Benutzung also zum Privileg der Geldbesitzer. Wie eng das Aufkommen und die Fortschritte der Maschinentechnik mit dem Geldwesen verbunden sind, bedarf keines Nachweises. Dagegen werde ich später einen solchen dafür zu führen haben, dass jene Ent- wicklung der primären Gruppenbildung zur Befreiung der Individualität einerseits und die Erweiterung zum Grossstaat andrerseits die innigste innere Beziehung zu dem Aufkommen der Geldwirtschaft hat. So sehen wir die Kulturtendenz der Kondensierung der Kräfte in vielerlei direkten und vermittelten Zusammenhängen mit der Geldform der Werte. Alle jene indirekten Bedeutungen seiner für die anderweitigen Seiten des Kulturprozesses hängen an seiner wesentlichen Leistung, dass der ökonomische Wert der Dinge mit ihm den gedrängtesten Ausdruck und eine Vertretung von absoluter Intensität gewonnen hat. Wenn man hergebrachterweise unter die Hauptdienste des Geldes rechnet, dass es Wertaufbewahrungs- und Werttransportmittel ist, so sind dies nur die groben und sekundären Erscheinungen jener grundlegenden Funktion. Sie aber hat ersichtlich gar keine innere Beziehung zu dem Gebundensein des Geldes an eine Substanz, ja an ihr tritt am empfind- barsten hervor, dass das Wesentliche des Geldes Vorstellungen sind, die, weit über die eigne Bedeutung seines Trägers hinaus, in ihm in- vestiert sind. Je grösser die Rolle des Geldes als Wertkondensator wird -- und das wird sie nicht durch Wertsteigerung seines einzelnen Quantums, sondern durch die Erstreckung dieser seiner Funktion auf immer mehr Objekte, durch die Verdichtung immer verschiedenartigerer Werte in seiner Form -- desto weiter wird es von der notwendigen Bindung an eine Substanz fortrücken; denn in ihrer mechanischen Immer- gleichheit und Starrheit muss diese der Fülle, dem Wechsel, der Mannigfaltigkeit der Werte immer inadäquater werden, die auf ihre Vorstellung projiziert und in ihr kondensiert werden.
Man könnte dies als eine steigende Vergeistigung des Geldes be- zeichnen. Denn das Wesen des Geistes ist, der Vielheit die Form der Einheit zu gewähren. In der sinnlichen Wirklichkeit ist alles nebeneinander, im Geist allein giebt es ein Ineinander. Vermittels des Begriffes gehen dessen Merkmale, vermittels des Urteils gehen Subjekt
Tendenz auf Kraftverdichtung anschlieſst, indem es die Werte der Dinge auf die kürzeste und komprimierteste Weise ausdrückt, sondern dies auch noch so bestätigt, daſs es zu vielen jener gleich gerichteten, aber ganz anderen Gebieten zugehörigen Beispiele ein direktes Ver- hältnis hat. In der Epoche der aufkommenden Feuerwaffen wurde pecunia nervus belli, das Pulver entwand dem Ritter und dem Bürger die Waffe und drückte sie dem Söldner in die Hand, machte ihren Besitz und ihre Benutzung also zum Privileg der Geldbesitzer. Wie eng das Aufkommen und die Fortschritte der Maschinentechnik mit dem Geldwesen verbunden sind, bedarf keines Nachweises. Dagegen werde ich später einen solchen dafür zu führen haben, daſs jene Ent- wicklung der primären Gruppenbildung zur Befreiung der Individualität einerseits und die Erweiterung zum Groſsstaat andrerseits die innigste innere Beziehung zu dem Aufkommen der Geldwirtschaft hat. So sehen wir die Kulturtendenz der Kondensierung der Kräfte in vielerlei direkten und vermittelten Zusammenhängen mit der Geldform der Werte. Alle jene indirekten Bedeutungen seiner für die anderweitigen Seiten des Kulturprozesses hängen an seiner wesentlichen Leistung, daſs der ökonomische Wert der Dinge mit ihm den gedrängtesten Ausdruck und eine Vertretung von absoluter Intensität gewonnen hat. Wenn man hergebrachterweise unter die Hauptdienste des Geldes rechnet, daſs es Wertaufbewahrungs- und Werttransportmittel ist, so sind dies nur die groben und sekundären Erscheinungen jener grundlegenden Funktion. Sie aber hat ersichtlich gar keine innere Beziehung zu dem Gebundensein des Geldes an eine Substanz, ja an ihr tritt am empfind- barsten hervor, daſs das Wesentliche des Geldes Vorstellungen sind, die, weit über die eigne Bedeutung seines Trägers hinaus, in ihm in- vestiert sind. Je gröſser die Rolle des Geldes als Wertkondensator wird — und das wird sie nicht durch Wertsteigerung seines einzelnen Quantums, sondern durch die Erstreckung dieser seiner Funktion auf immer mehr Objekte, durch die Verdichtung immer verschiedenartigerer Werte in seiner Form — desto weiter wird es von der notwendigen Bindung an eine Substanz fortrücken; denn in ihrer mechanischen Immer- gleichheit und Starrheit muſs diese der Fülle, dem Wechsel, der Mannigfaltigkeit der Werte immer inadäquater werden, die auf ihre Vorstellung projiziert und in ihr kondensiert werden.
Man könnte dies als eine steigende Vergeistigung des Geldes be- zeichnen. Denn das Wesen des Geistes ist, der Vielheit die Form der Einheit zu gewähren. In der sinnlichen Wirklichkeit ist alles nebeneinander, im Geist allein giebt es ein Ineinander. Vermittels des Begriffes gehen dessen Merkmale, vermittels des Urteils gehen Subjekt
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Tendenz auf Kraftverdichtung anschlieſst, indem es die Werte der
Dinge auf die kürzeste und komprimierteste Weise ausdrückt, sondern
dies auch noch so bestätigt, daſs es zu vielen jener gleich gerichteten,
aber ganz anderen Gebieten zugehörigen Beispiele ein direktes Ver-
hältnis hat. In der Epoche der aufkommenden Feuerwaffen wurde
pecunia nervus belli, das Pulver entwand dem Ritter und dem Bürger
die Waffe und drückte sie dem Söldner in die Hand, machte ihren
Besitz und ihre Benutzung also zum Privileg der Geldbesitzer. Wie
eng das Aufkommen und die Fortschritte der Maschinentechnik mit
dem Geldwesen verbunden sind, bedarf keines Nachweises. Dagegen
werde ich später einen solchen dafür zu führen haben, daſs jene Ent-
wicklung der primären Gruppenbildung zur Befreiung der Individualität
einerseits und die Erweiterung zum Groſsstaat andrerseits die innigste
innere Beziehung zu dem Aufkommen der Geldwirtschaft hat. So
sehen wir die Kulturtendenz der Kondensierung der Kräfte in vielerlei
direkten und vermittelten Zusammenhängen mit der Geldform der Werte.
Alle jene indirekten Bedeutungen seiner für die anderweitigen Seiten
des Kulturprozesses hängen an seiner wesentlichen Leistung, daſs der
ökonomische Wert der Dinge mit ihm den gedrängtesten Ausdruck
und eine Vertretung von absoluter Intensität gewonnen hat. Wenn
man hergebrachterweise unter die Hauptdienste des Geldes rechnet,
daſs es Wertaufbewahrungs- und Werttransportmittel ist, so sind dies
nur die groben und sekundären Erscheinungen jener grundlegenden
Funktion. Sie aber hat ersichtlich gar keine innere Beziehung zu dem
Gebundensein des Geldes an eine Substanz, ja an ihr tritt am empfind-
barsten hervor, daſs das Wesentliche des Geldes Vorstellungen sind,
die, weit über die eigne Bedeutung seines Trägers hinaus, in ihm in-
vestiert sind. Je gröſser die Rolle des Geldes als Wertkondensator
wird — und das wird sie nicht durch Wertsteigerung seines einzelnen
Quantums, sondern durch die Erstreckung dieser seiner Funktion auf
immer mehr Objekte, durch die Verdichtung immer verschiedenartigerer
Werte in seiner Form — desto weiter wird es von der notwendigen
Bindung an eine Substanz fortrücken; denn in ihrer mechanischen Immer-
gleichheit und Starrheit muſs diese der Fülle, dem Wechsel, der
Mannigfaltigkeit der Werte immer inadäquater werden, die auf ihre
Vorstellung projiziert und in ihr kondensiert werden.
Man könnte dies als eine steigende Vergeistigung des Geldes be-
zeichnen. Denn das Wesen des Geistes ist, der Vielheit die Form
der Einheit zu gewähren. In der sinnlichen Wirklichkeit ist alles
nebeneinander, im Geist allein giebt es ein Ineinander. Vermittels
des Begriffes gehen dessen Merkmale, vermittels des Urteils gehen Subjekt
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/199>, abgerufen am 24.11.2024.
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