Zwecke, gelenkt, gleichviel ob dieser als fortbestehender Bewusstseins- inhalt die praktische Reihe noch länger begleitet oder nicht.
Nun ist aber weiterhin klar, dass, wenn das Bewusstsein des Zweckes lebendig bleibt, es nichts rein ideelles, sondern auch seinerseits ein Prozess ist, der organische Kraft und Bewusstseinsintensität ver- braucht. Die allgemeine Lebenszweckmässigkeit wird also dahin streben, ihn auszuschalten, da er ja zu der teleologischen Lenkung unseres Handelns prinzipiell (von allen Komplikationen und Ablenkungen ab- gesehen) nicht mehr nötig ist. Und dies scheint nun endlich die Er- fahrungsthatsache durchsichtig zu machen: dass das Endglied unserer praktischen Reihen, nur durch die Mittel realisierbar, um so sicherer von diesen hervorgebracht wird, je vollständiger unsere Kräfte auf die Hervorbringung der Mittel gerichtet und konzentriert sind. Eben diese Herstellung der Mittel ist die eigentlich praktische Aufgabe; je gründlicher sie gelöst ist, desto mehr wird der Endzweck der Willens- bemühung entraten können und sich als der mechanische Erfolg des Mittels einstellen. Dadurch, dass der Endzweck immerzu im Bewusst- sein ist, wird eine bestimmte Summe von Kraft verbraucht, die der Arbeit an den Mitteln entzogen wird. Das praktisch Zweckmässigste ist also die volle Konzentrierung unserer Energien auf die nächst zu verwirklichende Stufe der Zweckreihe; d. h., man kann für den Endzweck nichts Besseres thun, als das Mittel zu ihm so zu be- handeln, als wäre es er selbst. Die Verteilung der psychologischen Accente, deren es mangels unbeschränkt verfügbarer Kräfte bedarf, folgt also durchaus nicht der logischen Gliederung: während für diese das Mittel etwas völlig Gleichgültiges ist und alle Betonung auf dem Zweck liegt, verlangt die praktische Zweckmässigkeit die direkte psychologische Umkehrung dieses Verhältnisses. Was die Menschheit dieser scheinbar so irrationellen Thatsache verdankt, ist nicht auszusagen. Wir würden wahrscheinlich über die primitivsten Zwecksetzungen nie hinausgekommen sein, wenn unser Bewusstsein immer an diesen hängen und so für den Bau mannigfaltigerer Mittel nur unvollkommen frei sein würde; oder wir würden eine unerträg- liche und lähmende Zersplitterung erfahren, wenn wir bei der Arbeit an jedem untergeordneten Mittel die ganze Reihe darüber gebauter weiterer Mittel mit dem schliesslichen Endzweck fortwährend im Be- wusstsein haben müssten; wir würden endlich für die Aufgabe des Augenblicks oft überhaupt weder Kraft noch Lust haben, wenn wir uns ihre Minimität gegenüber den letzten Zeilen immer mit logischer Gerechtigkeit vor Augen hielten und nicht alle Kräfte, die dem Bewusst- sein überhaupt entsprechen, gesammelt in den Dienst des vorläufig
Zwecke, gelenkt, gleichviel ob dieser als fortbestehender Bewuſstseins- inhalt die praktische Reihe noch länger begleitet oder nicht.
Nun ist aber weiterhin klar, daſs, wenn das Bewuſstsein des Zweckes lebendig bleibt, es nichts rein ideelles, sondern auch seinerseits ein Prozeſs ist, der organische Kraft und Bewuſstseinsintensität ver- braucht. Die allgemeine Lebenszweckmäſsigkeit wird also dahin streben, ihn auszuschalten, da er ja zu der teleologischen Lenkung unseres Handelns prinzipiell (von allen Komplikationen und Ablenkungen ab- gesehen) nicht mehr nötig ist. Und dies scheint nun endlich die Er- fahrungsthatsache durchsichtig zu machen: daſs das Endglied unserer praktischen Reihen, nur durch die Mittel realisierbar, um so sicherer von diesen hervorgebracht wird, je vollständiger unsere Kräfte auf die Hervorbringung der Mittel gerichtet und konzentriert sind. Eben diese Herstellung der Mittel ist die eigentlich praktische Aufgabe; je gründlicher sie gelöst ist, desto mehr wird der Endzweck der Willens- bemühung entraten können und sich als der mechanische Erfolg des Mittels einstellen. Dadurch, daſs der Endzweck immerzu im Bewuſst- sein ist, wird eine bestimmte Summe von Kraft verbraucht, die der Arbeit an den Mitteln entzogen wird. Das praktisch Zweckmäſsigste ist also die volle Konzentrierung unserer Energien auf die nächst zu verwirklichende Stufe der Zweckreihe; d. h., man kann für den Endzweck nichts Besseres thun, als das Mittel zu ihm so zu be- handeln, als wäre es er selbst. Die Verteilung der psychologischen Accente, deren es mangels unbeschränkt verfügbarer Kräfte bedarf, folgt also durchaus nicht der logischen Gliederung: während für diese das Mittel etwas völlig Gleichgültiges ist und alle Betonung auf dem Zweck liegt, verlangt die praktische Zweckmäſsigkeit die direkte psychologische Umkehrung dieses Verhältnisses. Was die Menschheit dieser scheinbar so irrationellen Thatsache verdankt, ist nicht auszusagen. Wir würden wahrscheinlich über die primitivsten Zwecksetzungen nie hinausgekommen sein, wenn unser Bewuſstsein immer an diesen hängen und so für den Bau mannigfaltigerer Mittel nur unvollkommen frei sein würde; oder wir würden eine unerträg- liche und lähmende Zersplitterung erfahren, wenn wir bei der Arbeit an jedem untergeordneten Mittel die ganze Reihe darüber gebauter weiterer Mittel mit dem schlieſslichen Endzweck fortwährend im Be- wuſstsein haben müſsten; wir würden endlich für die Aufgabe des Augenblicks oft überhaupt weder Kraft noch Lust haben, wenn wir uns ihre Minimität gegenüber den letzten Zeilen immer mit logischer Gerechtigkeit vor Augen hielten und nicht alle Kräfte, die dem Bewuſst- sein überhaupt entsprechen, gesammelt in den Dienst des vorläufig
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Zwecke, gelenkt, gleichviel ob dieser als fortbestehender Bewuſstseins-
inhalt die praktische Reihe noch länger begleitet oder nicht.
Nun ist aber weiterhin klar, daſs, wenn das Bewuſstsein des
Zweckes lebendig bleibt, es nichts rein ideelles, sondern auch seinerseits
ein Prozeſs ist, der organische Kraft und Bewuſstseinsintensität ver-
braucht. Die allgemeine Lebenszweckmäſsigkeit wird also dahin streben,
ihn auszuschalten, da er ja zu der teleologischen Lenkung unseres
Handelns prinzipiell (von allen Komplikationen und Ablenkungen ab-
gesehen) nicht mehr nötig ist. Und dies scheint nun endlich die Er-
fahrungsthatsache durchsichtig zu machen: daſs das Endglied unserer
praktischen Reihen, nur durch die Mittel realisierbar, um so sicherer
von diesen hervorgebracht wird, je vollständiger unsere Kräfte auf die
Hervorbringung der Mittel gerichtet und konzentriert sind. Eben
diese Herstellung der Mittel ist die eigentlich praktische Aufgabe; je
gründlicher sie gelöst ist, desto mehr wird der Endzweck der Willens-
bemühung entraten können und sich als der mechanische Erfolg des
Mittels einstellen. Dadurch, daſs der Endzweck immerzu im Bewuſst-
sein ist, wird eine bestimmte Summe von Kraft verbraucht, die der
Arbeit an den Mitteln entzogen wird. Das praktisch Zweckmäſsigste
ist also die volle Konzentrierung unserer Energien auf die nächst zu
verwirklichende Stufe der Zweckreihe; d. h., man kann für den
Endzweck nichts Besseres thun, als das Mittel zu ihm so zu be-
handeln, als wäre es er selbst. Die Verteilung der psychologischen
Accente, deren es mangels unbeschränkt verfügbarer Kräfte bedarf,
folgt also durchaus nicht der logischen Gliederung: während für
diese das Mittel etwas völlig Gleichgültiges ist und alle Betonung
auf dem Zweck liegt, verlangt die praktische Zweckmäſsigkeit die
direkte psychologische Umkehrung dieses Verhältnisses. Was die
Menschheit dieser scheinbar so irrationellen Thatsache verdankt, ist
nicht auszusagen. Wir würden wahrscheinlich über die primitivsten
Zwecksetzungen nie hinausgekommen sein, wenn unser Bewuſstsein
immer an diesen hängen und so für den Bau mannigfaltigerer Mittel
nur unvollkommen frei sein würde; oder wir würden eine unerträg-
liche und lähmende Zersplitterung erfahren, wenn wir bei der Arbeit
an jedem untergeordneten Mittel die ganze Reihe darüber gebauter
weiterer Mittel mit dem schlieſslichen Endzweck fortwährend im Be-
wuſstsein haben müſsten; wir würden endlich für die Aufgabe des
Augenblicks oft überhaupt weder Kraft noch Lust haben, wenn wir
uns ihre Minimität gegenüber den letzten Zeilen immer mit logischer
Gerechtigkeit vor Augen hielten und nicht alle Kräfte, die dem Bewuſst-
sein überhaupt entsprechen, gesammelt in den Dienst des vorläufig
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/240>, abgerufen am 23.11.2024.
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