Und gerade indem sie so das formal gleiche Verhältnis zu den Dingen haben, sind sie einander so fremd, wie bei Spinoza das Denken und die Ausdehnung: weil diese beiden ebendasselbe, die absolute Sub- stanz, ausdrücken, jedes aber auf seine Weise und für sich vollständig, kann nie eines in das andere übergreifen. Sie berühren sich nirgends, weil sie die Begriffe der Dinge nach völlig Verschiedenem fragen.
Dieses Verhältnis zwischen Wert und Wirklichkeit pflegt man als die Subjektivität des Wertes zu bezeichnen. Indem ein und derselbe Gegenstand in einer Seele den höchsten, in einer andern den niedrigsten Grad des Wertes besitzen kann, und umgekehrt die allseitige und äusserste Verschiedenheit der Objekte sich mit der Gleichheit ihres Wertes verträgt, so scheint als Grund der Wertung nur das Subjekt mit seinen normalen oder ausnahmsweisen, dauernden oder wechselnden Stimmungen und Reaktionsweisen übrig zu bleiben. Es bedarf kaum der Erwähnung, dass diese Subjektivität nichts mit jener zu thun hat, der man die Gesamtheit der Welt, da sie "meine Vorstellung" ist, an- heimgegeben hat. Denn die Subjektivität, die vom Werte ausgesagt wird, stellt ihn in den Gegensatz zu den fertigen, gegebenen Objekten, völlig gleichgültig dagegen, auf welche Weise diese selbst zustande gekommen sind. Anders ausgedrückt: das Subjekt, das alle Objekte umfasst, ist ein anderes als dasjenige, das sich ihnen gegenüberstellt, während die Subjektivität des Wertes, die er mit allen Objekten teilt, hier ganz selbstverständlich ist. Auch kann seine Subjektivität nicht den Sinn der Willkür haben: all jene Unabhängigkeit vom Wirklichen bedeutet nicht, dass der Wille ihn mit ungebundener oder launenhafter Freiheit da und dorthin verteilen könnte. Das Bewusstsein findet ihn vielmehr als eine Thatsache vor, an der es unmittelbar so wenig ändern kann, wie an den Wirklichkeiten. Nach Ausschluss dieser Bedeutungen bleibt der Subjektivität des Wertes zunächst nur die negative: dass der Wert nicht in demselben Sinne an den Objekten selbst haftet, wie die Farbe oder die Temperatur; denn diese, obgleich von unsern Sinnesbeschaffenheiten bestimmt, werden doch von einem Gefühle unmittelbarer Abhängigkeit von dem Objekt begleitet -- einem Gefühle, auf das uns dem Werte gegenüber die eingesehene Gleichgültigkeit zwischen der Wirklichkeits- und der Wertreihe leicht verzichten lehrt. Allein wesentlicher und fruchtbarer als diese Bestimmung sind diejenigen Fälle, in denen die psychologischen Thatsachen sie dennoch zu dementieren scheinen.
Bedeutet Subjektivität des Wertes, dass er keine den Dingen an und für sich anhaftende und von unserem Bewusstsein nachgezeichnete Bestimmt- heit, sondern dass der Wert der Objekte nur ein in uns stattfindender Wertungsprozess, nur unsere Beurteilung ihrer ist -- so will dies mit
Und gerade indem sie so das formal gleiche Verhältnis zu den Dingen haben, sind sie einander so fremd, wie bei Spinoza das Denken und die Ausdehnung: weil diese beiden ebendasselbe, die absolute Sub- stanz, ausdrücken, jedes aber auf seine Weise und für sich vollständig, kann nie eines in das andere übergreifen. Sie berühren sich nirgends, weil sie die Begriffe der Dinge nach völlig Verschiedenem fragen.
Dieses Verhältnis zwischen Wert und Wirklichkeit pflegt man als die Subjektivität des Wertes zu bezeichnen. Indem ein und derselbe Gegenstand in einer Seele den höchsten, in einer andern den niedrigsten Grad des Wertes besitzen kann, und umgekehrt die allseitige und äuſserste Verschiedenheit der Objekte sich mit der Gleichheit ihres Wertes verträgt, so scheint als Grund der Wertung nur das Subjekt mit seinen normalen oder ausnahmsweisen, dauernden oder wechselnden Stimmungen und Reaktionsweisen übrig zu bleiben. Es bedarf kaum der Erwähnung, daſs diese Subjektivität nichts mit jener zu thun hat, der man die Gesamtheit der Welt, da sie „meine Vorstellung“ ist, an- heimgegeben hat. Denn die Subjektivität, die vom Werte ausgesagt wird, stellt ihn in den Gegensatz zu den fertigen, gegebenen Objekten, völlig gleichgültig dagegen, auf welche Weise diese selbst zustande gekommen sind. Anders ausgedrückt: das Subjekt, das alle Objekte umfaſst, ist ein anderes als dasjenige, das sich ihnen gegenüberstellt, während die Subjektivität des Wertes, die er mit allen Objekten teilt, hier ganz selbstverständlich ist. Auch kann seine Subjektivität nicht den Sinn der Willkür haben: all jene Unabhängigkeit vom Wirklichen bedeutet nicht, daſs der Wille ihn mit ungebundener oder launenhafter Freiheit da und dorthin verteilen könnte. Das Bewuſstsein findet ihn vielmehr als eine Thatsache vor, an der es unmittelbar so wenig ändern kann, wie an den Wirklichkeiten. Nach Ausschluſs dieser Bedeutungen bleibt der Subjektivität des Wertes zunächst nur die negative: daſs der Wert nicht in demselben Sinne an den Objekten selbst haftet, wie die Farbe oder die Temperatur; denn diese, obgleich von unsern Sinnesbeschaffenheiten bestimmt, werden doch von einem Gefühle unmittelbarer Abhängigkeit von dem Objekt begleitet — einem Gefühle, auf das uns dem Werte gegenüber die eingesehene Gleichgültigkeit zwischen der Wirklichkeits- und der Wertreihe leicht verzichten lehrt. Allein wesentlicher und fruchtbarer als diese Bestimmung sind diejenigen Fälle, in denen die psychologischen Thatsachen sie dennoch zu dementieren scheinen.
Bedeutet Subjektivität des Wertes, daſs er keine den Dingen an und für sich anhaftende und von unserem Bewuſstsein nachgezeichnete Bestimmt- heit, sondern daſs der Wert der Objekte nur ein in uns stattfindender Wertungsprozeſs, nur unsere Beurteilung ihrer ist — so will dies mit
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Und gerade indem sie so das formal gleiche Verhältnis zu den Dingen
haben, sind sie einander so fremd, wie bei Spinoza das Denken und
die Ausdehnung: weil diese beiden ebendasselbe, die absolute Sub-
stanz, ausdrücken, jedes aber auf seine Weise und für sich vollständig,
kann nie eines in das andere übergreifen. Sie berühren sich nirgends,
weil sie die Begriffe der Dinge nach völlig Verschiedenem fragen.
Dieses Verhältnis zwischen Wert und Wirklichkeit pflegt man als
die Subjektivität des Wertes zu bezeichnen. Indem ein und derselbe
Gegenstand in einer Seele den höchsten, in einer andern den niedrigsten
Grad des Wertes besitzen kann, und umgekehrt die allseitige und
äuſserste Verschiedenheit der Objekte sich mit der Gleichheit ihres
Wertes verträgt, so scheint als Grund der Wertung nur das Subjekt
mit seinen normalen oder ausnahmsweisen, dauernden oder wechselnden
Stimmungen und Reaktionsweisen übrig zu bleiben. Es bedarf kaum
der Erwähnung, daſs diese Subjektivität nichts mit jener zu thun hat,
der man die Gesamtheit der Welt, da sie „meine Vorstellung“ ist, an-
heimgegeben hat. Denn die Subjektivität, die vom Werte ausgesagt wird,
stellt ihn in den Gegensatz zu den fertigen, gegebenen Objekten, völlig
gleichgültig dagegen, auf welche Weise diese selbst zustande gekommen
sind. Anders ausgedrückt: das Subjekt, das alle Objekte umfaſst, ist
ein anderes als dasjenige, das sich ihnen gegenüberstellt, während die
Subjektivität des Wertes, die er mit allen Objekten teilt, hier ganz
selbstverständlich ist. Auch kann seine Subjektivität nicht den Sinn
der Willkür haben: all jene Unabhängigkeit vom Wirklichen bedeutet
nicht, daſs der Wille ihn mit ungebundener oder launenhafter Freiheit
da und dorthin verteilen könnte. Das Bewuſstsein findet ihn vielmehr
als eine Thatsache vor, an der es unmittelbar so wenig ändern kann, wie
an den Wirklichkeiten. Nach Ausschluſs dieser Bedeutungen bleibt der
Subjektivität des Wertes zunächst nur die negative: daſs der Wert nicht
in demselben Sinne an den Objekten selbst haftet, wie die Farbe oder
die Temperatur; denn diese, obgleich von unsern Sinnesbeschaffenheiten
bestimmt, werden doch von einem Gefühle unmittelbarer Abhängigkeit
von dem Objekt begleitet — einem Gefühle, auf das uns dem Werte
gegenüber die eingesehene Gleichgültigkeit zwischen der Wirklichkeits-
und der Wertreihe leicht verzichten lehrt. Allein wesentlicher und
fruchtbarer als diese Bestimmung sind diejenigen Fälle, in denen die
psychologischen Thatsachen sie dennoch zu dementieren scheinen.
Bedeutet Subjektivität des Wertes, daſs er keine den Dingen an und
für sich anhaftende und von unserem Bewuſstsein nachgezeichnete Bestimmt-
heit, sondern daſs der Wert der Objekte nur ein in uns stattfindender
Wertungsprozeſs, nur unsere Beurteilung ihrer ist — so will dies mit
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/31>, abgerufen am 03.12.2024.
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