Lebenswerte gewährt, insbesondere wenn diese sich erst im Zustande des Erobertwerdens befinden; endlich wird durch die völlige innere Fremdheit des Geldes gegen die idealen Werte einer Verwirrung des Wertempfindens, die für feinere Naturen höchst beängstigend sein müsste, vorgebeugt, die beiden Erfolge bleiben in unbedingter Getrennt- heit bestehen, der eine kann wohl einmal eine gewisse innere Be- deutung erlangen, wenn die des anderen versagt, aber sich doch nicht mit dieser mischen. So gelingt es dem Gelde, nachdem es durch die Scheidung von Haben und Sein die rein geistigen Berufe geschaffen hat, durch neue Synthese des Differenzierten, die Produktion rein geistiger Werte sozusagen nicht nur auf der absoluten, sondern auch auf den relativen Stufen -- dort, wo man der Unbedingtheit jener Entscheidung nicht gewachsen ist -- zu tragen.
Eben durch jene fundamentale Scheidung hilft die Geldwirtschaft einen der Betrachtung nicht unwerten Begriff der Freiheit zu verwirk- lichen. Die Unfreiheit des Menschen ist damit, dass er von äusseren Mächten abhängig ist, doch erst ganz oberflächlich bezeichnet. Diese äussere Abhängigkeit findet ihr Gegenbild in jenen inneren Verhält- nissen, die ein Interesse oder ein Thun der Seele mit andern so eng verflechten, dass die selbständige Bewegung und Entwicklung desselben verhindert wird. Die Unfreiheit nach aussen hin setzt sich sehr oft derart in das Innere fort; sie verleiht einer psychischen Provinz oder Energie eine überwuchernde Betonung, so dass diese sich in die Ent- wicklung andrer gleichsam hineinmischt und das freie Sich-Selbst-Ge- hören derselben stört. Diese Konstellation kann natürlich auch auf andere Ursachen als die einer äusseren Bindung hin eintreten. Wenn die Moralphilosophie die sittliche Freiheit als die Unabhängigkeit der Vernunft von den sinnlich-egoistischen Impulsen zu definieren pflegt, so ist dies doch nur ein einseitiger Fall des ganz allgemeinen Ideals der Freiheit, das in der gesonderten Entfaltung, dem unabhängigen Sich-Ausleben einer Seelen-Energie allen andern gegenüber besteht; auch die Sinnlichkeit ist "frei", wenn sie mit den Normen der Ver- nunft nicht mehr verbunden, also nicht mehr durch sie gebunden ist, das Denken ist frei, wenn es nur seinen eignen, ihm innerlichen Mo- tiven folgt und sich von den Verknüpfungen mit Gefühlen und Wollungen gelöst hat, die es auf einen Weg, der nicht sein eigner ist, mitziehen wollen. So kann man Freiheit in diesem Sinne als innere Arbeits- teilung definieren, als eine gegenseitige Lösung und Differenzierung der Triebe, Interessen, Fähigkeiten. Der Mensch ist als ganzer frei, innerhalb dessen jede einzelne Energie ausschliesslich ihren eigenen Zwecken und Normen gemäss sich entwickelt und auslebt. Darin ist
Lebenswerte gewährt, insbesondere wenn diese sich erst im Zustande des Erobertwerdens befinden; endlich wird durch die völlige innere Fremdheit des Geldes gegen die idealen Werte einer Verwirrung des Wertempfindens, die für feinere Naturen höchst beängstigend sein müſste, vorgebeugt, die beiden Erfolge bleiben in unbedingter Getrennt- heit bestehen, der eine kann wohl einmal eine gewisse innere Be- deutung erlangen, wenn die des anderen versagt, aber sich doch nicht mit dieser mischen. So gelingt es dem Gelde, nachdem es durch die Scheidung von Haben und Sein die rein geistigen Berufe geschaffen hat, durch neue Synthese des Differenzierten, die Produktion rein geistiger Werte sozusagen nicht nur auf der absoluten, sondern auch auf den relativen Stufen — dort, wo man der Unbedingtheit jener Entscheidung nicht gewachsen ist — zu tragen.
Eben durch jene fundamentale Scheidung hilft die Geldwirtschaft einen der Betrachtung nicht unwerten Begriff der Freiheit zu verwirk- lichen. Die Unfreiheit des Menschen ist damit, daſs er von äuſseren Mächten abhängig ist, doch erst ganz oberflächlich bezeichnet. Diese äuſsere Abhängigkeit findet ihr Gegenbild in jenen inneren Verhält- nissen, die ein Interesse oder ein Thun der Seele mit andern so eng verflechten, daſs die selbständige Bewegung und Entwicklung desselben verhindert wird. Die Unfreiheit nach auſsen hin setzt sich sehr oft derart in das Innere fort; sie verleiht einer psychischen Provinz oder Energie eine überwuchernde Betonung, so daſs diese sich in die Ent- wicklung andrer gleichsam hineinmischt und das freie Sich-Selbst-Ge- hören derselben stört. Diese Konstellation kann natürlich auch auf andere Ursachen als die einer äuſseren Bindung hin eintreten. Wenn die Moralphilosophie die sittliche Freiheit als die Unabhängigkeit der Vernunft von den sinnlich-egoistischen Impulsen zu definieren pflegt, so ist dies doch nur ein einseitiger Fall des ganz allgemeinen Ideals der Freiheit, das in der gesonderten Entfaltung, dem unabhängigen Sich-Ausleben einer Seelen-Energie allen andern gegenüber besteht; auch die Sinnlichkeit ist „frei“, wenn sie mit den Normen der Ver- nunft nicht mehr verbunden, also nicht mehr durch sie gebunden ist, das Denken ist frei, wenn es nur seinen eignen, ihm innerlichen Mo- tiven folgt und sich von den Verknüpfungen mit Gefühlen und Wollungen gelöst hat, die es auf einen Weg, der nicht sein eigner ist, mitziehen wollen. So kann man Freiheit in diesem Sinne als innere Arbeits- teilung definieren, als eine gegenseitige Lösung und Differenzierung der Triebe, Interessen, Fähigkeiten. Der Mensch ist als ganzer frei, innerhalb dessen jede einzelne Energie ausschlieſslich ihren eigenen Zwecken und Normen gemäſs sich entwickelt und auslebt. Darin ist
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Lebenswerte gewährt, insbesondere wenn diese sich erst im Zustande
des Erobertwerdens befinden; endlich wird durch die völlige innere
Fremdheit des Geldes gegen die idealen Werte einer Verwirrung des
Wertempfindens, die für feinere Naturen höchst beängstigend sein
müſste, vorgebeugt, die beiden Erfolge bleiben in unbedingter Getrennt-
heit bestehen, der eine kann wohl einmal eine gewisse innere Be-
deutung erlangen, wenn die des anderen versagt, aber sich doch nicht
mit dieser mischen. So gelingt es dem Gelde, nachdem es durch die
Scheidung von Haben und Sein die rein geistigen Berufe geschaffen
hat, durch neue Synthese des Differenzierten, die Produktion rein
geistiger Werte sozusagen nicht nur auf der absoluten, sondern auch
auf den relativen Stufen — dort, wo man der Unbedingtheit jener
Entscheidung nicht gewachsen ist — zu tragen.
Eben durch jene fundamentale Scheidung hilft die Geldwirtschaft
einen der Betrachtung nicht unwerten Begriff der Freiheit zu verwirk-
lichen. Die Unfreiheit des Menschen ist damit, daſs er von äuſseren
Mächten abhängig ist, doch erst ganz oberflächlich bezeichnet. Diese
äuſsere Abhängigkeit findet ihr Gegenbild in jenen inneren Verhält-
nissen, die ein Interesse oder ein Thun der Seele mit andern so eng
verflechten, daſs die selbständige Bewegung und Entwicklung desselben
verhindert wird. Die Unfreiheit nach auſsen hin setzt sich sehr oft
derart in das Innere fort; sie verleiht einer psychischen Provinz oder
Energie eine überwuchernde Betonung, so daſs diese sich in die Ent-
wicklung andrer gleichsam hineinmischt und das freie Sich-Selbst-Ge-
hören derselben stört. Diese Konstellation kann natürlich auch auf
andere Ursachen als die einer äuſseren Bindung hin eintreten. Wenn
die Moralphilosophie die sittliche Freiheit als die Unabhängigkeit der
Vernunft von den sinnlich-egoistischen Impulsen zu definieren pflegt,
so ist dies doch nur ein einseitiger Fall des ganz allgemeinen Ideals
der Freiheit, das in der gesonderten Entfaltung, dem unabhängigen
Sich-Ausleben einer Seelen-Energie allen andern gegenüber besteht;
auch die Sinnlichkeit ist „frei“, wenn sie mit den Normen der Ver-
nunft nicht mehr verbunden, also nicht mehr durch sie gebunden ist,
das Denken ist frei, wenn es nur seinen eignen, ihm innerlichen Mo-
tiven folgt und sich von den Verknüpfungen mit Gefühlen und Wollungen
gelöst hat, die es auf einen Weg, der nicht sein eigner ist, mitziehen
wollen. So kann man Freiheit in diesem Sinne als innere Arbeits-
teilung definieren, als eine gegenseitige Lösung und Differenzierung der
Triebe, Interessen, Fähigkeiten. Der Mensch ist als ganzer frei,
innerhalb dessen jede einzelne Energie ausschlieſslich ihren eigenen
Zwecken und Normen gemäſs sich entwickelt und auslebt. Darin ist
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/338>, abgerufen am 21.11.2024.
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