diesen leiht, verlegen. Man könnte seine Objektivität vielleicht als einen niederen Grad der bisher behandelten ansehen. Die Harmonie und gesetzliche Ordnung des Weltalls, die Sittlichkeit des Handelns, die Entwicklung der Persönlichkeitskräfte, die Gerechtigkeit der ge- sellschaftlichen Ordnung -- dies und vieles andere stellen wir als in seiner eigenen Existenz wertvoll vor und darin nicht abhängig von einem Bewusstsein, das den Wert solcher Dinge in sich hervorbrächte oder be- stätigte. So wenig auch der wirtschaftliche Wert die besondere Weihe dieser besitzt, so wiederholt er doch auf seinem niederen Gebiete, das schon seinem Inhalte nach dem unmittelbaren Empfinden näher steht, die Form jener, sein Rangverhältnis zu ihnen freilich dadurch bezeichnend, dass ihm die Verabsolutierung zum metaphysischen Wert versagt bleibt; ihm gelingt nicht die Lösung vom Subjektiven, die jene für trans- scendente Bedürfnisse bereitstellte, so sehr er dem einzelnen Gliede der subjektiven Reihe gegenüber etwas Fürsichseiendes, Be- stimmendes, in selbständigen Formen Bewegtes ist. So zufällig und kleinmenschlich sein Inhalt sei, ja so sehr er als ganzer in der blossen Subjektivität verbleiben mag, so gewinnt er doch innerhalb derselben eine weite Distanz vom Einzelnen, eine Bestimmtheit durch das Ver- hältnis der Objekte untereinander, eine Einstellung in eine Skala und einen Organismus wirtschaftlicher Eigenbewegungen, die ihn mit einer relativen Unabhängigkeit von singulären Subjekten ausstatten, mit einer Bedeutsamkeit, die so weit sie wirtschaftlich ist, in seiner reinen Sachlichkeit investiert ist. Der Träger und die Art dieser Objektivierung, die es zunächst nur an den allgemeinen Charakter objektiver Werte anzuschliessen galt, wird sich nun weiterhin herausstellen, indem wir den Weg ihrer Ausbildung verfolgen, der sich an den Unterschieden in der Befriedigung primärer Triebe kenntlich macht.
Obgleich jeder Trieb normalerweise einen Gegenstand fordert, der seine Befriedigung, sein Schweigen bewirkt, so richtet er sich in Wirklichkeit zunächst in vielen Fällen auf diese Befriedigung allein, so dass der Gegenstand selbst ganz gleichgültig ist, wenn er nur den Trieb stillt. Wenn der Mann sich an jedem beliebigen Weibe ohne individuelle Auswahl genügen lässt, wenn er alles isst, was er nur kauen und verdauen kann; wenn er auf jeder Lagerstätte schläft, wenn sich seine Kulturbedürfnisse noch aus dem einfachsten, von der Natur ohne weiteres dargebotnen Material befriedigen lassen -- so ist das praktische Bewusstsein noch ein völlig subjektives, es wird aus- schliesslich von dem eignen Zustand des Subjektes, dessen Erregungen und Beruhigungen, erfüllt, und das Interesse an den Dingen beschränkt sich darauf, dass sie unmittelbare Ursachen dieser Wirkungen sind.
diesen leiht, verlegen. Man könnte seine Objektivität vielleicht als einen niederen Grad der bisher behandelten ansehen. Die Harmonie und gesetzliche Ordnung des Weltalls, die Sittlichkeit des Handelns, die Entwicklung der Persönlichkeitskräfte, die Gerechtigkeit der ge- sellschaftlichen Ordnung — dies und vieles andere stellen wir als in seiner eigenen Existenz wertvoll vor und darin nicht abhängig von einem Bewuſstsein, das den Wert solcher Dinge in sich hervorbrächte oder be- stätigte. So wenig auch der wirtschaftliche Wert die besondere Weihe dieser besitzt, so wiederholt er doch auf seinem niederen Gebiete, das schon seinem Inhalte nach dem unmittelbaren Empfinden näher steht, die Form jener, sein Rangverhältnis zu ihnen freilich dadurch bezeichnend, daſs ihm die Verabsolutierung zum metaphysischen Wert versagt bleibt; ihm gelingt nicht die Lösung vom Subjektiven, die jene für trans- scendente Bedürfnisse bereitstellte, so sehr er dem einzelnen Gliede der subjektiven Reihe gegenüber etwas Fürsichseiendes, Be- stimmendes, in selbständigen Formen Bewegtes ist. So zufällig und kleinmenschlich sein Inhalt sei, ja so sehr er als ganzer in der bloſsen Subjektivität verbleiben mag, so gewinnt er doch innerhalb derselben eine weite Distanz vom Einzelnen, eine Bestimmtheit durch das Ver- hältnis der Objekte untereinander, eine Einstellung in eine Skala und einen Organismus wirtschaftlicher Eigenbewegungen, die ihn mit einer relativen Unabhängigkeit von singulären Subjekten ausstatten, mit einer Bedeutsamkeit, die so weit sie wirtschaftlich ist, in seiner reinen Sachlichkeit investiert ist. Der Träger und die Art dieser Objektivierung, die es zunächst nur an den allgemeinen Charakter objektiver Werte anzuschlieſsen galt, wird sich nun weiterhin herausstellen, indem wir den Weg ihrer Ausbildung verfolgen, der sich an den Unterschieden in der Befriedigung primärer Triebe kenntlich macht.
Obgleich jeder Trieb normalerweise einen Gegenstand fordert, der seine Befriedigung, sein Schweigen bewirkt, so richtet er sich in Wirklichkeit zunächst in vielen Fällen auf diese Befriedigung allein, so daſs der Gegenstand selbst ganz gleichgültig ist, wenn er nur den Trieb stillt. Wenn der Mann sich an jedem beliebigen Weibe ohne individuelle Auswahl genügen läſst, wenn er alles iſst, was er nur kauen und verdauen kann; wenn er auf jeder Lagerstätte schläft, wenn sich seine Kulturbedürfnisse noch aus dem einfachsten, von der Natur ohne weiteres dargebotnen Material befriedigen lassen — so ist das praktische Bewuſstsein noch ein völlig subjektives, es wird aus- schlieſslich von dem eignen Zustand des Subjektes, dessen Erregungen und Beruhigungen, erfüllt, und das Interesse an den Dingen beschränkt sich darauf, daſs sie unmittelbare Ursachen dieser Wirkungen sind.
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[16/0040]
diesen leiht, verlegen. Man könnte seine Objektivität vielleicht als
einen niederen Grad der bisher behandelten ansehen. Die Harmonie
und gesetzliche Ordnung des Weltalls, die Sittlichkeit des Handelns,
die Entwicklung der Persönlichkeitskräfte, die Gerechtigkeit der ge-
sellschaftlichen Ordnung — dies und vieles andere stellen wir als in
seiner eigenen Existenz wertvoll vor und darin nicht abhängig von einem
Bewuſstsein, das den Wert solcher Dinge in sich hervorbrächte oder be-
stätigte. So wenig auch der wirtschaftliche Wert die besondere Weihe dieser
besitzt, so wiederholt er doch auf seinem niederen Gebiete, das schon
seinem Inhalte nach dem unmittelbaren Empfinden näher steht, die
Form jener, sein Rangverhältnis zu ihnen freilich dadurch bezeichnend,
daſs ihm die Verabsolutierung zum metaphysischen Wert versagt bleibt;
ihm gelingt nicht die Lösung vom Subjektiven, die jene für trans-
scendente Bedürfnisse bereitstellte, so sehr er dem einzelnen
Gliede der subjektiven Reihe gegenüber etwas Fürsichseiendes, Be-
stimmendes, in selbständigen Formen Bewegtes ist. So zufällig und
kleinmenschlich sein Inhalt sei, ja so sehr er als ganzer in der bloſsen
Subjektivität verbleiben mag, so gewinnt er doch innerhalb derselben
eine weite Distanz vom Einzelnen, eine Bestimmtheit durch das Ver-
hältnis der Objekte untereinander, eine Einstellung in eine Skala
und einen Organismus wirtschaftlicher Eigenbewegungen, die ihn mit
einer relativen Unabhängigkeit von singulären Subjekten ausstatten,
mit einer Bedeutsamkeit, die so weit sie wirtschaftlich ist, in seiner reinen
Sachlichkeit investiert ist. Der Träger und die Art dieser Objektivierung,
die es zunächst nur an den allgemeinen Charakter objektiver Werte
anzuschlieſsen galt, wird sich nun weiterhin herausstellen, indem wir
den Weg ihrer Ausbildung verfolgen, der sich an den Unterschieden
in der Befriedigung primärer Triebe kenntlich macht.
Obgleich jeder Trieb normalerweise einen Gegenstand fordert, der
seine Befriedigung, sein Schweigen bewirkt, so richtet er sich in
Wirklichkeit zunächst in vielen Fällen auf diese Befriedigung allein,
so daſs der Gegenstand selbst ganz gleichgültig ist, wenn er nur den
Trieb stillt. Wenn der Mann sich an jedem beliebigen Weibe ohne
individuelle Auswahl genügen läſst, wenn er alles iſst, was er nur
kauen und verdauen kann; wenn er auf jeder Lagerstätte schläft,
wenn sich seine Kulturbedürfnisse noch aus dem einfachsten, von der
Natur ohne weiteres dargebotnen Material befriedigen lassen — so ist
das praktische Bewuſstsein noch ein völlig subjektives, es wird aus-
schlieſslich von dem eignen Zustand des Subjektes, dessen Erregungen
und Beruhigungen, erfüllt, und das Interesse an den Dingen beschränkt
sich darauf, daſs sie unmittelbare Ursachen dieser Wirkungen sind.
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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/40>, abgerufen am 21.11.2024.
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