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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900.

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keine Macht der Welt wieder geraubt werden, der einmal gedachte
Gedanke bleibt, als immer wieder reproduzierbarer Inhalt, der Persön-
lichkeit so unentreissbar verbunden, wie es im Ökonomischen gar keine
Analogie findet. Indem sich der geistige Prozess aus seinem Inhalt,
der diese über-ökonomische Bedeutung hat, und dem psychologischen
Prozess als solchem zusammensetzt, handelt es sich hier ersichtlich nur um
den letzteren, um die Frage, welche Rolle der seelische Kraftverbrauch
in der Wertbildung noch neben der Muskelarbeit spiele.

Dass die Bedeutung der geistigen Arbeit auf die der physischen
reduziert werde, ist schliesslich nur eine Seite der ganz allgemeinen
Tendenz, eine Einheit des Arbeitsbegriffes herzustellen. Das Gemein-
same aller mannigfaltigen Arten der Arbeit -- einer viel weiteren
und abgestufteren Mannigfaltigkeit, als der blosse Gegensatz zwischen
physischer und psychischer Arbeit zeigt -- gilt es aufzufinden.
Damit wäre theoretisch wie praktisch ausserordentlich viel gewonnen,
soviel wie entsprechend mit der Thatsache des Geldes; man hätte
nun die generelle, qualitative Einheit, auf Grund deren alle Wert-
verhältnisse zwischen den Ergebnissen menschlicher Thätigkeit rein
quantitativ, durch ein blosses Mehr oder Weniger, auszudrücken
wären. Auf allen Gebieten hat dies den wesentlichen Fortschritt der
Erkenntnis bedeutet: dass die qualitative Abwägung der Objekte gegen
einander, die immer eine relativ unsichere und unexakte bleibt, in
die allein unzweideutige quantitative übergeführt wird, indem eine
durchgängige innere Einheit an ihnen festgestellt wird und diese nun,
als überall dieselbe und selbstverständliche, in der Berechnung der
relativen Bedeutungen der Einzelheiten keine Berücksichtigung mehr
verlangt. Auf sozialistischer Seite ist dies offenbar eine blosse Fort-
setzung und Konsequenz der Bestrebung, alle Werte überhaupt auf
ökonomische, als ihren Ausgangspunkt und ihre Substanz zurückzuführen.
Und auf dieser Bestrebung musste sie unvermeidlich münden, wenn sie
ihre Nivellierungstendenz zu Ende dachte. Denn auf dem Gebiete
des Ökonomischen kann man allenfalls eine Gleichheit der Individuen
als möglich denken; auf allen anderen: intellektuellen, gefühlsmässigen,
charakterologischen, ästhetischen, ethischen u. s. w. würde das Nivelle-
ment, selbst nur das der "Arbeitsmittel", von vornherein aussichtslos
sein. Will man es dennoch unternehmen, so bleibt nichts übrig, als
diese Interessen und Qualitäten irgendwie auf jene, die allein eine
annähernde Gleichmässigkeit der Verteilung gestatten, zu reduzieren.
Ich weiss wohl, dass der heutige wissenschaftliche Sozialismus die mecha-
nisch-kommunistische Gleichmacherei von sich weist und nur eine
Gleichheit der Arbeitsbedingungen herstellen will, von der aus die

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keine Macht der Welt wieder geraubt werden, der einmal gedachte
Gedanke bleibt, als immer wieder reproduzierbarer Inhalt, der Persön-
lichkeit so unentreiſsbar verbunden, wie es im Ökonomischen gar keine
Analogie findet. Indem sich der geistige Prozeſs aus seinem Inhalt,
der diese über-ökonomische Bedeutung hat, und dem psychologischen
Prozeſs als solchem zusammensetzt, handelt es sich hier ersichtlich nur um
den letzteren, um die Frage, welche Rolle der seelische Kraftverbrauch
in der Wertbildung noch neben der Muskelarbeit spiele.

Daſs die Bedeutung der geistigen Arbeit auf die der physischen
reduziert werde, ist schlieſslich nur eine Seite der ganz allgemeinen
Tendenz, eine Einheit des Arbeitsbegriffes herzustellen. Das Gemein-
same aller mannigfaltigen Arten der Arbeit — einer viel weiteren
und abgestufteren Mannigfaltigkeit, als der bloſse Gegensatz zwischen
physischer und psychischer Arbeit zeigt — gilt es aufzufinden.
Damit wäre theoretisch wie praktisch auſserordentlich viel gewonnen,
soviel wie entsprechend mit der Thatsache des Geldes; man hätte
nun die generelle, qualitative Einheit, auf Grund deren alle Wert-
verhältnisse zwischen den Ergebnissen menschlicher Thätigkeit rein
quantitativ, durch ein bloſses Mehr oder Weniger, auszudrücken
wären. Auf allen Gebieten hat dies den wesentlichen Fortschritt der
Erkenntnis bedeutet: daſs die qualitative Abwägung der Objekte gegen
einander, die immer eine relativ unsichere und unexakte bleibt, in
die allein unzweideutige quantitative übergeführt wird, indem eine
durchgängige innere Einheit an ihnen festgestellt wird und diese nun,
als überall dieselbe und selbstverständliche, in der Berechnung der
relativen Bedeutungen der Einzelheiten keine Berücksichtigung mehr
verlangt. Auf sozialistischer Seite ist dies offenbar eine bloſse Fort-
setzung und Konsequenz der Bestrebung, alle Werte überhaupt auf
ökonomische, als ihren Ausgangspunkt und ihre Substanz zurückzuführen.
Und auf dieser Bestrebung muſste sie unvermeidlich münden, wenn sie
ihre Nivellierungstendenz zu Ende dachte. Denn auf dem Gebiete
des Ökonomischen kann man allenfalls eine Gleichheit der Individuen
als möglich denken; auf allen anderen: intellektuellen, gefühlsmäſsigen,
charakterologischen, ästhetischen, ethischen u. s. w. würde das Nivelle-
ment, selbst nur das der „Arbeitsmittel“, von vornherein aussichtslos
sein. Will man es dennoch unternehmen, so bleibt nichts übrig, als
diese Interessen und Qualitäten irgendwie auf jene, die allein eine
annähernde Gleichmäſsigkeit der Verteilung gestatten, zu reduzieren.
Ich weiſs wohl, daſs der heutige wissenschaftliche Sozialismus die mecha-
nisch-kommunistische Gleichmacherei von sich weist und nur eine
Gleichheit der Arbeitsbedingungen herstellen will, von der aus die

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[435/0459] keine Macht der Welt wieder geraubt werden, der einmal gedachte Gedanke bleibt, als immer wieder reproduzierbarer Inhalt, der Persön- lichkeit so unentreiſsbar verbunden, wie es im Ökonomischen gar keine Analogie findet. Indem sich der geistige Prozeſs aus seinem Inhalt, der diese über-ökonomische Bedeutung hat, und dem psychologischen Prozeſs als solchem zusammensetzt, handelt es sich hier ersichtlich nur um den letzteren, um die Frage, welche Rolle der seelische Kraftverbrauch in der Wertbildung noch neben der Muskelarbeit spiele. Daſs die Bedeutung der geistigen Arbeit auf die der physischen reduziert werde, ist schlieſslich nur eine Seite der ganz allgemeinen Tendenz, eine Einheit des Arbeitsbegriffes herzustellen. Das Gemein- same aller mannigfaltigen Arten der Arbeit — einer viel weiteren und abgestufteren Mannigfaltigkeit, als der bloſse Gegensatz zwischen physischer und psychischer Arbeit zeigt — gilt es aufzufinden. Damit wäre theoretisch wie praktisch auſserordentlich viel gewonnen, soviel wie entsprechend mit der Thatsache des Geldes; man hätte nun die generelle, qualitative Einheit, auf Grund deren alle Wert- verhältnisse zwischen den Ergebnissen menschlicher Thätigkeit rein quantitativ, durch ein bloſses Mehr oder Weniger, auszudrücken wären. Auf allen Gebieten hat dies den wesentlichen Fortschritt der Erkenntnis bedeutet: daſs die qualitative Abwägung der Objekte gegen einander, die immer eine relativ unsichere und unexakte bleibt, in die allein unzweideutige quantitative übergeführt wird, indem eine durchgängige innere Einheit an ihnen festgestellt wird und diese nun, als überall dieselbe und selbstverständliche, in der Berechnung der relativen Bedeutungen der Einzelheiten keine Berücksichtigung mehr verlangt. Auf sozialistischer Seite ist dies offenbar eine bloſse Fort- setzung und Konsequenz der Bestrebung, alle Werte überhaupt auf ökonomische, als ihren Ausgangspunkt und ihre Substanz zurückzuführen. Und auf dieser Bestrebung muſste sie unvermeidlich münden, wenn sie ihre Nivellierungstendenz zu Ende dachte. Denn auf dem Gebiete des Ökonomischen kann man allenfalls eine Gleichheit der Individuen als möglich denken; auf allen anderen: intellektuellen, gefühlsmäſsigen, charakterologischen, ästhetischen, ethischen u. s. w. würde das Nivelle- ment, selbst nur das der „Arbeitsmittel“, von vornherein aussichtslos sein. Will man es dennoch unternehmen, so bleibt nichts übrig, als diese Interessen und Qualitäten irgendwie auf jene, die allein eine annähernde Gleichmäſsigkeit der Verteilung gestatten, zu reduzieren. Ich weiſs wohl, daſs der heutige wissenschaftliche Sozialismus die mecha- nisch-kommunistische Gleichmacherei von sich weist und nur eine Gleichheit der Arbeitsbedingungen herstellen will, von der aus die 28*

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Zitationshilfe: Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/459>, abgerufen am 22.11.2024.