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Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900.

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der Erfolg einer weit getriebenen Zerlegung und Spezialisierung von
Stoffen und Kräften, grade wie der gleiche Charakter einer ausgebil-
deten Staatsverwaltung sich nur auf Grund einer raffinierten Arbeits-
teilung unter ihren Trägern erheben kann. Indem die Maschine aber
zur Totalität wird, einen immer grösseren Teil der Arbeit auf sich
nimmt, steht sie ebenso dem Arbeiter als eine autonome Macht gegen-
über, wie er ihr gegenüber nicht als individualisierte Persönlichkeit,
sondern nur als Ausführer einer sachlich vorgeschriebenen Leistung
wirkt. Man vergleiche etwa den Arbeiter in der Schuhfabrik mit dem
Kundenschuhmacher, um zu sehen, wie sehr die Spezialisierung des
Werkzeugs die Wirksamkeit der persönlichen Qualitäten, hoch-
wie minderwertiger, lähmt und Objekt und Subjekt als von ein-
ander ihrem Wesen nach unabhängige Potenzen sich entwickeln lässt.
Während das undifferenzierte Werkzeug wirklich eine blosse Fort-
setzung des Arms ist, steigt überhaupt erst das spezialisierte in die
reine Kategorie des Objekts auf. In sehr bezeichnender und auf der
Hand liegender Weise vollzieht sich dieser Prozess auch an den Kriegs-
werkzeugen; seinen Gipfel bildet dann das spezialisierteste und als
Maschine vollkommenste, das Kriegsschiff: an ihm ist die Objektivie-
rung so weit vorgeschritten, dass in einem modernen Seekrieg über-
haupt kaum noch ein andrer Faktor entscheidet als das blosse Zahlen-
verhältnis der Schiffe gleicher Qualität!

Der Objektivierungsprozess der Kulturinhalte, der, von der Speziali-
sation dieser getragen, zwischen dem Subjekt und seinen Geschöpfen
eine immer wachsende Fremdheit stiftet, steigt nun endlich in die
Intimitäten des täglichen Lebens hinunter. Die Wohnungseinrichtungen,
die Gegenstände, die uns zu Gebrauch und Zierde umgeben, waren
noch in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, von den Bedürf-
nissen der unteren bis zu denen der Schichten der höchsten Bil-
dung hinauf, von relativ grosser Einfachheit und Dauerhaftigkeit. Hier-
durch entstand jenes "Verwachsen" der Persönlichkeiten mit Gegen-
ständen ihrer Umgebung, das der jüngeren Generation heute als eine
Wunderlichkeit der Grosseltern erscheint. Diesen Zustand hat die Diffe-
renzierung der Objekte nach drei verschiedenen Dimensionen hin,
und immer mit dem gleichen Erfolge unterbrochen. Zunächst ist es
schon die blosse Vielheit sehr spezifisch gestalteter Gegenstände, die
ein enges, sozusagen persönliches Verhältnis zu den einzelnen er-
schwert: wenige und einfache Gerätschaften sind der Persönlichkeit
leichter assimilierbar. während eine Fülle von Mannigfaltigkeiten dem
Ich gegenüber gleichsam Partei bildet; das findet seinen Ausdruck
in der Klage der Hausfrauen, dass die Pflege der Wohnungs-

der Erfolg einer weit getriebenen Zerlegung und Spezialisierung von
Stoffen und Kräften, grade wie der gleiche Charakter einer ausgebil-
deten Staatsverwaltung sich nur auf Grund einer raffinierten Arbeits-
teilung unter ihren Trägern erheben kann. Indem die Maschine aber
zur Totalität wird, einen immer gröſseren Teil der Arbeit auf sich
nimmt, steht sie ebenso dem Arbeiter als eine autonome Macht gegen-
über, wie er ihr gegenüber nicht als individualisierte Persönlichkeit,
sondern nur als Ausführer einer sachlich vorgeschriebenen Leistung
wirkt. Man vergleiche etwa den Arbeiter in der Schuhfabrik mit dem
Kundenschuhmacher, um zu sehen, wie sehr die Spezialisierung des
Werkzeugs die Wirksamkeit der persönlichen Qualitäten, hoch-
wie minderwertiger, lähmt und Objekt und Subjekt als von ein-
ander ihrem Wesen nach unabhängige Potenzen sich entwickeln läſst.
Während das undifferenzierte Werkzeug wirklich eine bloſse Fort-
setzung des Arms ist, steigt überhaupt erst das spezialisierte in die
reine Kategorie des Objekts auf. In sehr bezeichnender und auf der
Hand liegender Weise vollzieht sich dieser Prozeſs auch an den Kriegs-
werkzeugen; seinen Gipfel bildet dann das spezialisierteste und als
Maschine vollkommenste, das Kriegsschiff: an ihm ist die Objektivie-
rung so weit vorgeschritten, daſs in einem modernen Seekrieg über-
haupt kaum noch ein andrer Faktor entscheidet als das bloſse Zahlen-
verhältnis der Schiffe gleicher Qualität!

Der Objektivierungsprozeſs der Kulturinhalte, der, von der Speziali-
sation dieser getragen, zwischen dem Subjekt und seinen Geschöpfen
eine immer wachsende Fremdheit stiftet, steigt nun endlich in die
Intimitäten des täglichen Lebens hinunter. Die Wohnungseinrichtungen,
die Gegenstände, die uns zu Gebrauch und Zierde umgeben, waren
noch in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, von den Bedürf-
nissen der unteren bis zu denen der Schichten der höchsten Bil-
dung hinauf, von relativ groſser Einfachheit und Dauerhaftigkeit. Hier-
durch entstand jenes „Verwachsen“ der Persönlichkeiten mit Gegen-
ständen ihrer Umgebung, das der jüngeren Generation heute als eine
Wunderlichkeit der Groſseltern erscheint. Diesen Zustand hat die Diffe-
renzierung der Objekte nach drei verschiedenen Dimensionen hin,
und immer mit dem gleichen Erfolge unterbrochen. Zunächst ist es
schon die bloſse Vielheit sehr spezifisch gestalteter Gegenstände, die
ein enges, sozusagen persönliches Verhältnis zu den einzelnen er-
schwert: wenige und einfache Gerätschaften sind der Persönlichkeit
leichter assimilierbar. während eine Fülle von Mannigfaltigkeiten dem
Ich gegenüber gleichsam Partei bildet; das findet seinen Ausdruck
in der Klage der Hausfrauen, daſs die Pflege der Wohnungs-

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[491/0515] der Erfolg einer weit getriebenen Zerlegung und Spezialisierung von Stoffen und Kräften, grade wie der gleiche Charakter einer ausgebil- deten Staatsverwaltung sich nur auf Grund einer raffinierten Arbeits- teilung unter ihren Trägern erheben kann. Indem die Maschine aber zur Totalität wird, einen immer gröſseren Teil der Arbeit auf sich nimmt, steht sie ebenso dem Arbeiter als eine autonome Macht gegen- über, wie er ihr gegenüber nicht als individualisierte Persönlichkeit, sondern nur als Ausführer einer sachlich vorgeschriebenen Leistung wirkt. Man vergleiche etwa den Arbeiter in der Schuhfabrik mit dem Kundenschuhmacher, um zu sehen, wie sehr die Spezialisierung des Werkzeugs die Wirksamkeit der persönlichen Qualitäten, hoch- wie minderwertiger, lähmt und Objekt und Subjekt als von ein- ander ihrem Wesen nach unabhängige Potenzen sich entwickeln läſst. Während das undifferenzierte Werkzeug wirklich eine bloſse Fort- setzung des Arms ist, steigt überhaupt erst das spezialisierte in die reine Kategorie des Objekts auf. In sehr bezeichnender und auf der Hand liegender Weise vollzieht sich dieser Prozeſs auch an den Kriegs- werkzeugen; seinen Gipfel bildet dann das spezialisierteste und als Maschine vollkommenste, das Kriegsschiff: an ihm ist die Objektivie- rung so weit vorgeschritten, daſs in einem modernen Seekrieg über- haupt kaum noch ein andrer Faktor entscheidet als das bloſse Zahlen- verhältnis der Schiffe gleicher Qualität! Der Objektivierungsprozeſs der Kulturinhalte, der, von der Speziali- sation dieser getragen, zwischen dem Subjekt und seinen Geschöpfen eine immer wachsende Fremdheit stiftet, steigt nun endlich in die Intimitäten des täglichen Lebens hinunter. Die Wohnungseinrichtungen, die Gegenstände, die uns zu Gebrauch und Zierde umgeben, waren noch in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, von den Bedürf- nissen der unteren bis zu denen der Schichten der höchsten Bil- dung hinauf, von relativ groſser Einfachheit und Dauerhaftigkeit. Hier- durch entstand jenes „Verwachsen“ der Persönlichkeiten mit Gegen- ständen ihrer Umgebung, das der jüngeren Generation heute als eine Wunderlichkeit der Groſseltern erscheint. Diesen Zustand hat die Diffe- renzierung der Objekte nach drei verschiedenen Dimensionen hin, und immer mit dem gleichen Erfolge unterbrochen. Zunächst ist es schon die bloſse Vielheit sehr spezifisch gestalteter Gegenstände, die ein enges, sozusagen persönliches Verhältnis zu den einzelnen er- schwert: wenige und einfache Gerätschaften sind der Persönlichkeit leichter assimilierbar. während eine Fülle von Mannigfaltigkeiten dem Ich gegenüber gleichsam Partei bildet; das findet seinen Ausdruck in der Klage der Hausfrauen, daſs die Pflege der Wohnungs-

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Zitationshilfe: Simmel, Georg: Philosophie des Geldes. Leipzig, 1900, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/simmel_geld_1900/515>, abgerufen am 22.11.2024.