Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Betrachtungen
wir: Ich bin in ihnen/ und du bist in mir.
Gleich, als hätte er gesagt: Jene Herrlichkeit
der Gottheit, so du mir gegeben, habe ich mei-
nen Jüngeren in diesem Sacrament mitge-
theilt; damit, gleichwie du vermög der Verei-
nigung unserer Natur in mir, also ich durch
den Genuß dieses Abendmahls in ihnen seye.
O Wunder! O erstaunliche Liebe JESU
gegen uns allhier! Als der Prophet Elisaeus
den Mantel Eliae empfangen, erhielte er auch
zugleich den Geist seines Lehr-Meisters in sich,
aber gedopplet; dahero schiene es, wie Boccar-
dus
anmercket, als gebe es zwey Elias, einen im
Himmel, den anderen auf Erden. Eben das
kan man auch von einem würdig Communici-
renden sagen; dann er wird gleichsam belebt
von dem Göttlichen Geist, der ihne in sich selbst
verstaltet. Drogo von Ostia erkennt in dem
Mantel Eliae ein Vorbild des allerheiligsten
Sacraments, und sagt: Du/ o Heyland! bist
uns zwar entrissen; also zwar/ daß dich dein

Elisaeus nicht mehr sehen kan. Du hast uns
aber deinen Mantel, den zarten Fronleich-
nam hinterlassen.
Und auf solche Art sahe
man den wahren Eliam, Christum gedopplet.
Dieses zum Voraus? Was ausserordentliche
Veranstaltungen der Göttlichen Liebe seynd
jene nicht in dem heiligen Sacrament? Was
Zeichen einer übermäßigen, ohnerhörten Liebe!
Bedencke diß was weniges, o meine Seel!
und sihe, ob GOtt mehrer für dich thun kön-

nen?

Betrachtungen
wir: Ich bin in ihnen/ und du biſt in mir.
Gleich, als hätte er geſagt: Jene Herrlichkeit
der Gottheit, ſo du mir gegeben, habe ich mei-
nen Jüngeren in dieſem Sacrament mitge-
theilt; damit, gleichwie du vermög der Verei-
nigung unſerer Natur in mir, alſo ich durch
den Genuß dieſes Abendmahls in ihnen ſeye.
O Wunder! O erſtaunliche Liebe JESU
gegen uns allhier! Als der Prophet Eliſæus
den Mantel Eliæ empfangen, erhielte er auch
zugleich den Geiſt ſeines Lehr-Meiſters in ſich,
aber gedopplet; dahero ſchiene es, wie Boccar-
dus
anmercket, als gebe es zwey Elias, einen im
Himmel, den anderen auf Erden. Eben das
kan man auch von einem würdig Communici-
renden ſagen; dann er wird gleichſam belebt
von dem Göttlichen Geiſt, der ihne in ſich ſelbſt
verſtaltet. Drogo von Oſtia erkennt in dem
Mantel Eliæ ein Vorbild des allerheiligſten
Sacraments, und ſagt: Du/ o Heyland! biſt
uns zwar entriſſen; alſo zwar/ daß dich dein

Eliſæus nicht mehr ſehen kan. Du haſt uns
aber deinen Mantel, den zarten Fronleich-
nam hinterlaſſen.
Und auf ſolche Art ſahe
man den wahren Eliam, Chriſtum gedopplet.
Dieſes zum Voraus? Was auſſerordentliche
Veranſtaltungen der Göttlichen Liebe ſeynd
jene nicht in dem heiligen Sacrament? Was
Zeichen einer übermäßigen, ohnerhörten Liebe!
Bedencke diß was weniges, o meine Seel!
und ſihe, ob GOtt mehrer für dich thun kön-

nen?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0095" n="58"/><fw place="top" type="header">Betrachtungen</fw><lb/><hi rendition="#fr">wir: Ich bin in ihnen/ und du bi&#x017F;t in mir.</hi><lb/>
Gleich, als hätte er ge&#x017F;agt: Jene Herrlichkeit<lb/>
der Gottheit, &#x017F;o du mir gegeben, habe ich mei-<lb/>
nen Jüngeren in die&#x017F;em Sacrament mitge-<lb/>
theilt; damit, gleichwie du vermög der Verei-<lb/>
nigung un&#x017F;erer Natur in mir, al&#x017F;o ich durch<lb/>
den Genuß die&#x017F;es Abendmahls in ihnen &#x017F;eye.<lb/>
O Wunder! O er&#x017F;taunliche Liebe <hi rendition="#g">JESU</hi><lb/>
gegen uns allhier! Als der Prophet <hi rendition="#aq">Eli&#x017F;æus</hi><lb/>
den Mantel <hi rendition="#aq">Eliæ</hi> empfangen, erhielte er auch<lb/>
zugleich den Gei&#x017F;t &#x017F;eines Lehr-Mei&#x017F;ters in &#x017F;ich,<lb/>
aber gedopplet; dahero &#x017F;chiene es, wie <hi rendition="#aq">Boccar-<lb/>
dus</hi> anmercket, als gebe es zwey <hi rendition="#aq">Elias,</hi> einen im<lb/>
Himmel, den anderen auf Erden. Eben das<lb/>
kan man auch von einem würdig Communici-<lb/>
renden &#x017F;agen; dann er wird gleich&#x017F;am belebt<lb/>
von dem Göttlichen Gei&#x017F;t, der ihne in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
ver&#x017F;taltet. <hi rendition="#aq">Drogo</hi> von <hi rendition="#aq">O&#x017F;tia</hi> erkennt in dem<lb/>
Mantel <hi rendition="#aq">Eliæ</hi> ein Vorbild des allerheilig&#x017F;ten<lb/>
Sacraments, und &#x017F;agt: <hi rendition="#fr">Du/ o Heyland! bi&#x017F;t<lb/>
uns zwar entri&#x017F;&#x017F;en; al&#x017F;o zwar/ daß dich dein</hi><lb/><hi rendition="#aq">Eli&#x017F;æus</hi> <hi rendition="#fr">nicht mehr &#x017F;ehen kan. Du ha&#x017F;t uns<lb/>
aber deinen Mantel, den zarten Fronleich-<lb/>
nam hinterla&#x017F;&#x017F;en.</hi> Und auf &#x017F;olche Art &#x017F;ahe<lb/>
man den wahren Eliam, Chri&#x017F;tum gedopplet.<lb/>
Die&#x017F;es zum Voraus? Was au&#x017F;&#x017F;erordentliche<lb/>
Veran&#x017F;taltungen der Göttlichen Liebe &#x017F;eynd<lb/>
jene nicht in dem heiligen Sacrament? Was<lb/>
Zeichen einer übermäßigen, ohnerhörten Liebe!<lb/>
Bedencke diß was weniges, o meine Seel!<lb/>
und &#x017F;ihe, ob GOtt mehrer für dich thun kön-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen?</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0095] Betrachtungen wir: Ich bin in ihnen/ und du biſt in mir. Gleich, als hätte er geſagt: Jene Herrlichkeit der Gottheit, ſo du mir gegeben, habe ich mei- nen Jüngeren in dieſem Sacrament mitge- theilt; damit, gleichwie du vermög der Verei- nigung unſerer Natur in mir, alſo ich durch den Genuß dieſes Abendmahls in ihnen ſeye. O Wunder! O erſtaunliche Liebe JESU gegen uns allhier! Als der Prophet Eliſæus den Mantel Eliæ empfangen, erhielte er auch zugleich den Geiſt ſeines Lehr-Meiſters in ſich, aber gedopplet; dahero ſchiene es, wie Boccar- dus anmercket, als gebe es zwey Elias, einen im Himmel, den anderen auf Erden. Eben das kan man auch von einem würdig Communici- renden ſagen; dann er wird gleichſam belebt von dem Göttlichen Geiſt, der ihne in ſich ſelbſt verſtaltet. Drogo von Oſtia erkennt in dem Mantel Eliæ ein Vorbild des allerheiligſten Sacraments, und ſagt: Du/ o Heyland! biſt uns zwar entriſſen; alſo zwar/ daß dich dein Eliſæus nicht mehr ſehen kan. Du haſt uns aber deinen Mantel, den zarten Fronleich- nam hinterlaſſen. Und auf ſolche Art ſahe man den wahren Eliam, Chriſtum gedopplet. Dieſes zum Voraus? Was auſſerordentliche Veranſtaltungen der Göttlichen Liebe ſeynd jene nicht in dem heiligen Sacrament? Was Zeichen einer übermäßigen, ohnerhörten Liebe! Bedencke diß was weniges, o meine Seel! und ſihe, ob GOtt mehrer für dich thun kön- nen?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/95
Zitationshilfe: Siniscalchi, Liborio: Sacramentalisches Abendmahl. Übers. v. Peter Obladen. Costanz/Ulm, 1752, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siniscalchi_abendmahl_1752/95>, abgerufen am 24.11.2024.