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Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796.

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gegen die Wahrheit willkührlich ausdehnt? --
Jst es denn nicht vielmehr lächerlich, zu
fordern, daß der Mann gerade die Gattin,
die er wünscht, durchaus in engen Kraiße
seiner Bekanntschaft finden müsse? Liegt
denn an sich in dem Wunsche, eine Gattin zu
besizen etwas Lächerliches oder Unsittliches?
Warum denn also in dem öffentlichen Be-
kenntnis dieses Wunsches? Das Lächerliche
und Unsittliche liegt also einzig im Unge-
wöhnlichen; darin,
daß nicht Nachden-
ken über Geist und Zwek seiner Handlungen,
sondern Mechanismus der allmächtigen Ge-
wohnheit, den Menschen gängelt.

Unleugbar muß durch die Erweiterung
des Kraißes der Wahl, die Summe glük-
licher
Ehen zunehmen, unleugbar müssen
dadurch Menschen sich zugeführt werden,

gegen die Wahrheit willkuͤhrlich ausdehnt? —
Jſt es denn nicht vielmehr laͤcherlich, zu
fordern, daß der Mann gerade die Gattin,
die er wuͤnſcht, durchaus in engen Kraiße
ſeiner Bekanntſchaft finden muͤſſe? Liegt
denn an ſich in dem Wunſche, eine Gattin zu
beſizen etwas Laͤcherliches oder Unſittliches?
Warum denn alſo in dem oͤffentlichen Be-
kenntnis dieſes Wunſches? Das Laͤcherliche
und Unſittliche liegt alſo einzig im Unge-
woͤhnlichen; darin,
daß nicht Nachden-
ken uͤber Geiſt und Zwek ſeiner Handlungen,
ſondern Mechanismus der allmaͤchtigen Ge-
wohnheit, den Menſchen gaͤngelt.

Unleugbar muß durch die Erweiterung
des Kraißes der Wahl, die Summe gluͤk-
licher
Ehen zunehmen, unleugbar muͤſſen
dadurch Menſchen ſich zugefuͤhrt werden,

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[122/0134] gegen die Wahrheit willkuͤhrlich ausdehnt? — Jſt es denn nicht vielmehr laͤcherlich, zu fordern, daß der Mann gerade die Gattin, die er wuͤnſcht, durchaus in engen Kraiße ſeiner Bekanntſchaft finden muͤſſe? Liegt denn an ſich in dem Wunſche, eine Gattin zu beſizen etwas Laͤcherliches oder Unſittliches? Warum denn alſo in dem oͤffentlichen Be- kenntnis dieſes Wunſches? Das Laͤcherliche und Unſittliche liegt alſo einzig im Unge- woͤhnlichen; darin, daß nicht Nachden- ken uͤber Geiſt und Zwek ſeiner Handlungen, ſondern Mechanismus der allmaͤchtigen Ge- wohnheit, den Menſchen gaͤngelt. Unleugbar muß durch die Erweiterung des Kraißes der Wahl, die Summe gluͤk- licher Ehen zunehmen, unleugbar muͤſſen dadurch Menſchen ſich zugefuͤhrt werden,

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Zitationshilfe: Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/134>, abgerufen am 30.11.2024.