Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

hervorbringen. Wer die Titulatur-Bücher
des vorigen und jezigen Jahrhunderts ver-
gleicht, erstaunt über den Erfindungs-Geist,
mit dem der Teutsche die Titulaturen verviel-
fältigt und hinaufgeschraubt hat. Seit zehn
Jahren erst ist man wieder um ein beträcht-
liches gestiegen -- die Quellen sind nun er-
schöpft, und da man auf dieser Leiter immer
von Sprosse zu Sprosse hinaufgerükt ist, so
muß es nothwendig an den höchsten Sprossen
fehlen.

Wahrscheinlicher aber ists, daß die Na-
tur auch hier ihren Kraiß-Lauf vollendet
hat, daß wir also wieder zu ihrer Einfalt zu-
rükkehren werden, und daß in dem simpeln
Salutem und Vale des Cicero, Plinius etc.
mehr Würde gefunden werden wird, als in
dem sinnlosen Titulatur-Klingklang und all'

hervorbringen. Wer die Titulatur-Buͤcher
des vorigen und jezigen Jahrhunderts ver-
gleicht, erſtaunt uͤber den Erfindungs-Geiſt,
mit dem der Teutſche die Titulaturen verviel-
faͤltigt und hinaufgeſchraubt hat. Seit zehn
Jahren erſt iſt man wieder um ein betraͤcht-
liches geſtiegen — die Quellen ſind nun er-
ſchoͤpft, und da man auf dieſer Leiter immer
von Sproſſe zu Sproſſe hinaufgeruͤkt iſt, ſo
muß es nothwendig an den hoͤchſten Sproſſen
fehlen.

Wahrſcheinlicher aber iſts, daß die Na-
tur auch hier ihren Kraiß-Lauf vollendet
hat, daß wir alſo wieder zu ihrer Einfalt zu-
ruͤkkehren werden, und daß in dem ſimpeln
Salutem und Vale des Cicero, Plinius ꝛc.
mehr Wuͤrde gefunden werden wird, als in
dem ſinnloſen Titulatur-Klingklang und all'

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0170" n="158"/>
hervorbringen. Wer die Titulatur-Bu&#x0364;cher<lb/>
des vorigen und jezigen Jahrhunderts ver-<lb/>
gleicht, er&#x017F;taunt u&#x0364;ber den Erfindungs-Gei&#x017F;t,<lb/>
mit dem der Teut&#x017F;che die Titulaturen verviel-<lb/>
fa&#x0364;ltigt und hinaufge&#x017F;chraubt hat. Seit zehn<lb/>
Jahren er&#x017F;t i&#x017F;t man wieder um ein betra&#x0364;cht-<lb/>
liches ge&#x017F;tiegen &#x2014; die Quellen &#x017F;ind nun er-<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pft, und da man auf die&#x017F;er Leiter immer<lb/>
von Spro&#x017F;&#x017F;e zu Spro&#x017F;&#x017F;e hinaufgeru&#x0364;kt i&#x017F;t, &#x017F;o<lb/>
muß es nothwendig an den ho&#x0364;ch&#x017F;ten Spro&#x017F;&#x017F;en<lb/>
fehlen.</p><lb/>
        <p>Wahr&#x017F;cheinlicher aber i&#x017F;ts, daß die Na-<lb/>
tur auch hier ihren <hi rendition="#g">Kraiß-Lauf</hi> vollendet<lb/>
hat, daß wir al&#x017F;o wieder zu ihrer Einfalt zu-<lb/>
ru&#x0364;kkehren werden, und daß in dem &#x017F;impeln<lb/><hi rendition="#aq">Salutem</hi> und <hi rendition="#aq">Vale</hi> des Cicero, Plinius &#xA75B;c.<lb/>
mehr Wu&#x0364;rde gefunden werden wird, als in<lb/>
dem &#x017F;innlo&#x017F;en Titulatur-Klingklang und all'<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0170] hervorbringen. Wer die Titulatur-Buͤcher des vorigen und jezigen Jahrhunderts ver- gleicht, erſtaunt uͤber den Erfindungs-Geiſt, mit dem der Teutſche die Titulaturen verviel- faͤltigt und hinaufgeſchraubt hat. Seit zehn Jahren erſt iſt man wieder um ein betraͤcht- liches geſtiegen — die Quellen ſind nun er- ſchoͤpft, und da man auf dieſer Leiter immer von Sproſſe zu Sproſſe hinaufgeruͤkt iſt, ſo muß es nothwendig an den hoͤchſten Sproſſen fehlen. Wahrſcheinlicher aber iſts, daß die Na- tur auch hier ihren Kraiß-Lauf vollendet hat, daß wir alſo wieder zu ihrer Einfalt zu- ruͤkkehren werden, und daß in dem ſimpeln Salutem und Vale des Cicero, Plinius ꝛc. mehr Wuͤrde gefunden werden wird, als in dem ſinnloſen Titulatur-Klingklang und all'

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/170
Zitationshilfe: Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/170>, abgerufen am 26.11.2024.