Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite


nicht ein neues Lexikon der Empfindung aus-
arbeiten wird, soll er Recht behalten. Mir
ist indeß Liebe, der Freundschaft höchste
Stufe zwischen Personen jeden Geschlechts.
Aber Wahnsinn eines Werthers, Schwär-
merei eines Siegwart, ist mir mehr und
weniger als Liebe. Kein Gottes-Ge-
sez verbiethet die Polygamie; den Christen
verbiethen es bürgerliche Geseze und bürger-
liche Geseze werden geschaffen, von Zeiten,
Sitten und Meinungen.

Daß eine allgemeine Freiheit der Poly-
gamie unter allen Verhältnissen und zu al-
len Zeiten der bürgerlichen Gesellschaft
schädlich seyn würde: davon bin ich so über-
zeugt, als daß z. B. eine gänzliche Erlaubt-
heit aller Spiele, dem Wohl jedes Staats
nachtheilig wäre.


nicht ein neues Lexikon der Empfindung aus-
arbeiten wird, ſoll er Recht behalten. Mir
iſt indeß Liebe, der Freundſchaft hoͤchſte
Stufe zwiſchen Perſonen jeden Geſchlechts.
Aber Wahnſinn eines Werthers, Schwaͤr-
merei eines Siegwart, iſt mir mehr und
weniger als Liebe. Kein Gottes-Ge-
ſez verbiethet die Polygamie; den Chriſten
verbiethen es buͤrgerliche Geſeze und buͤrger-
liche Geſeze werden geſchaffen, von Zeiten,
Sitten und Meinungen.

Daß eine allgemeine Freiheit der Poly-
gamie unter allen Verhaͤltniſſen und zu al-
len Zeiten der buͤrgerlichen Geſellſchaft
ſchaͤdlich ſeyn wuͤrde: davon bin ich ſo uͤber-
zeugt, als daß z. B. eine gaͤnzliche Erlaubt-
heit aller Spiele, dem Wohl jedes Staats
nachtheilig waͤre.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0021" n="9"/><lb/>
nicht ein neues Lexikon der Empfindung aus-<lb/>
arbeiten wird, &#x017F;oll er Recht behalten. Mir<lb/>
i&#x017F;t indeß <hi rendition="#g">Liebe</hi>, der Freund&#x017F;chaft ho&#x0364;ch&#x017F;te<lb/>
Stufe zwi&#x017F;chen Per&#x017F;onen jeden Ge&#x017F;chlechts.<lb/>
Aber <hi rendition="#g">Wahn&#x017F;inn</hi> eines Werthers, Schwa&#x0364;r-<lb/>
merei eines Siegwart, i&#x017F;t mir <hi rendition="#g">mehr</hi> und<lb/><hi rendition="#g">weniger</hi> als <hi rendition="#g">Liebe</hi>. Kein Gottes-Ge-<lb/>
&#x017F;ez verbiethet die Polygamie; den Chri&#x017F;ten<lb/>
verbiethen es bu&#x0364;rgerliche Ge&#x017F;eze und bu&#x0364;rger-<lb/>
liche Ge&#x017F;eze werden ge&#x017F;chaffen, von Zeiten,<lb/>
Sitten und Meinungen.</p><lb/>
        <p>Daß eine allgemeine Freiheit der Poly-<lb/>
gamie unter allen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en und zu al-<lb/>
len Zeiten der bu&#x0364;rgerlichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;dlich &#x017F;eyn wu&#x0364;rde: <hi rendition="#g">davon</hi> bin ich &#x017F;o u&#x0364;ber-<lb/>
zeugt, als daß z. B. eine ga&#x0364;nzliche Erlaubt-<lb/>
heit aller <hi rendition="#g">Spiele</hi>, dem Wohl jedes Staats<lb/>
nachtheilig wa&#x0364;re.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0021] nicht ein neues Lexikon der Empfindung aus- arbeiten wird, ſoll er Recht behalten. Mir iſt indeß Liebe, der Freundſchaft hoͤchſte Stufe zwiſchen Perſonen jeden Geſchlechts. Aber Wahnſinn eines Werthers, Schwaͤr- merei eines Siegwart, iſt mir mehr und weniger als Liebe. Kein Gottes-Ge- ſez verbiethet die Polygamie; den Chriſten verbiethen es buͤrgerliche Geſeze und buͤrger- liche Geſeze werden geſchaffen, von Zeiten, Sitten und Meinungen. Daß eine allgemeine Freiheit der Poly- gamie unter allen Verhaͤltniſſen und zu al- len Zeiten der buͤrgerlichen Geſellſchaft ſchaͤdlich ſeyn wuͤrde: davon bin ich ſo uͤber- zeugt, als daß z. B. eine gaͤnzliche Erlaubt- heit aller Spiele, dem Wohl jedes Staats nachtheilig waͤre.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/21
Zitationshilfe: Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/21>, abgerufen am 03.12.2024.