Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

sicht nimmt, statt sie im Finstern schleichen
und ein verzehrendes Gift ingeheim ver-
breiten zu lassen.

Ganz anders verhält sichs mit der Po-
lyandrie.

Auch alles, was Empörendes gegen die
Sitten, auch alles was die schönste weibliche
Tugend, Sittsamkeit und Schaamhaftigkeit
Zerstöhrendes darin liegt, ganz abgerechnet,
macht die Verschiedenheit des Körper-Bau-
es an sich sie verderblich. Sie würde die
wichtigste Empfindung der Menschheit und
Gesellschaft Eltern- und Kinder-Liebe entwur-
zeln, durch die Ungewißheit der Abstam-
mung alle Fäden der Moralität reißen und
die Menschheit zum Thier herabwürdigen.
Auch ist selbst unter den wildesten und un-
kultivirtesten Völkern kaum Eine, die diese
Sitte aufgenommen hätte.


ſicht nimmt, ſtatt ſie im Finſtern ſchleichen
und ein verzehrendes Gift ingeheim ver-
breiten zu laſſen.

Ganz anders verhaͤlt ſichs mit der Po-
lyandrie.

Auch alles, was Empoͤrendes gegen die
Sitten, auch alles was die ſchoͤnſte weibliche
Tugend, Sittſamkeit und Schaamhaftigkeit
Zerſtoͤhrendes darin liegt, ganz abgerechnet,
macht die Verſchiedenheit des Koͤrper-Bau-
es an ſich ſie verderblich. Sie wuͤrde die
wichtigſte Empfindung der Menſchheit und
Geſellſchaft Eltern- und Kinder-Liebe entwur-
zeln, durch die Ungewißheit der Abſtam-
mung alle Faͤden der Moralitaͤt reißen und
die Menſchheit zum Thier herabwuͤrdigen.
Auch iſt ſelbſt unter den wildeſten und un-
kultivirteſten Voͤlkern kaum Eine, die dieſe
Sitte aufgenommen haͤtte.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0026" n="14"/>
&#x017F;icht nimmt, &#x017F;tatt &#x017F;ie im Fin&#x017F;tern &#x017F;chleichen<lb/>
und ein verzehrendes Gift ingeheim ver-<lb/>
breiten zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Ganz anders verha&#x0364;lt &#x017F;ichs mit der <hi rendition="#g">Po-<lb/>
lyandrie</hi>.</p><lb/>
        <p>Auch alles, was Empo&#x0364;rendes gegen die<lb/>
Sitten, auch alles was die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te weibliche<lb/>
Tugend, Sitt&#x017F;amkeit und Schaamhaftigkeit<lb/>
Zer&#x017F;to&#x0364;hrendes darin liegt, ganz abgerechnet,<lb/>
macht die Ver&#x017F;chiedenheit des Ko&#x0364;rper-Bau-<lb/>
es an &#x017F;ich &#x017F;ie verderblich. Sie wu&#x0364;rde die<lb/>
wichtig&#x017F;te Empfindung der Men&#x017F;chheit und<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft Eltern- und Kinder-Liebe entwur-<lb/>
zeln, durch die Ungewißheit der Ab&#x017F;tam-<lb/>
mung alle Fa&#x0364;den der Moralita&#x0364;t reißen und<lb/>
die Men&#x017F;chheit zum Thier herabwu&#x0364;rdigen.<lb/>
Auch i&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t unter den wilde&#x017F;ten und un-<lb/>
kultivirte&#x017F;ten Vo&#x0364;lkern kaum Eine, die die&#x017F;e<lb/>
Sitte aufgenommen ha&#x0364;tte.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0026] ſicht nimmt, ſtatt ſie im Finſtern ſchleichen und ein verzehrendes Gift ingeheim ver- breiten zu laſſen. Ganz anders verhaͤlt ſichs mit der Po- lyandrie. Auch alles, was Empoͤrendes gegen die Sitten, auch alles was die ſchoͤnſte weibliche Tugend, Sittſamkeit und Schaamhaftigkeit Zerſtoͤhrendes darin liegt, ganz abgerechnet, macht die Verſchiedenheit des Koͤrper-Bau- es an ſich ſie verderblich. Sie wuͤrde die wichtigſte Empfindung der Menſchheit und Geſellſchaft Eltern- und Kinder-Liebe entwur- zeln, durch die Ungewißheit der Abſtam- mung alle Faͤden der Moralitaͤt reißen und die Menſchheit zum Thier herabwuͤrdigen. Auch iſt ſelbſt unter den wildeſten und un- kultivirteſten Voͤlkern kaum Eine, die dieſe Sitte aufgenommen haͤtte.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/26
Zitationshilfe: Soden, Julius von: Alethia. Leipzig, 1796, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/soden_alethia_1796/26>, abgerufen am 21.11.2024.